vonChristian Ihle 29.01.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Holy Spider (Regie: Ali Abbasi)
im Kino

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„Holy Spider“ könnte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen. Denn unter der Verkleidung eines Serienkiller-Procedurals steckt eigentlich eine Anklage an die frauenverachtende iranische Gesellschaftssituation. 

Ali Abbasis Film nutzt (reale) Prostituiertenmorde, um seinen Punkt der Misogynie zugespitzt darzustellen. Er hat zudem Zar Amir Ebrahimi in der Hauptrolle eine wunderbar unangepasste Frauenfigur auf den Leib geschrieben, die schon bei der ersten Hotelzimmer-Reservierung (schwierig, weil alleinreisende Frauen ohne Erlaubnis des Mannes bereits hier im Iran vor Problemen stehen) das Herz der Zuschauer gewinnt. Noch beeindruckender ist die Performance des gesuchten Serienkillers, den Mehdi Bajestani in einer erstaunlichen Vielschichtigkeit und Zerrissenheit darstellt.

Lediglich der eigentliche Plot-Motor, also die Morde und ihre Aufklärung, stottert doch, so dass „Holy Spider“ wenig immersiv auf mich wirkte und mehr Schauspielkino und Thesenfilm ist. (6/10)

The Legend Of The Stardust Brothers (1985, Makoto Tezuka)
auf mubi

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Herrlich durchknalltes New-Wave-Musical über das Musikbusiness.

Jede Szene sprüht über vor Einfallsreichtum und devil-may-care-Attitude, so dass ich mich nach anfänglicher Irritation geschlagen geben musste und am Ende mich diesem wilden, wirren Popwirbel gern ergeben habe. 

So hätte Wolfgang Bülds „Formel Eins Film“ aussehen sollen!
(7/10)

Schweinestall (1969, Pier Paolo Pasolini)
auf mubi

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Bin doch stark bei der zeitgenössischen FAZ-Kritik von 1969: 

„Festzustellen ist, daß für derart orphische Urworte zunehmend das Publikum fehlt, wobei dieser Begriff auch weiteste Teile der Kritik und der Cinéasten begreift. Kunst ist Kommunikation. Für Pasolini aber ist sie zum Selbstgespräch geworden“. 

Ich war jedenfalls nicht in der Stimmung für abstrakt-dystopische Vulkanlandschaften mit Kopfabschlagen & Kannibalismus (Storyline A) sowie Polittraktat/-Farce in der bundesrepublikanischen Jetztzeit der 60er (Storyline B) , die nicht greifbarer als die Vulkanlandschaft war. (3/10)

10 Minutes Gone (Regie: Brian A. Miller)
auf amazon prime

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Auch für Straight-To-Video-Bruce noch mal ein Tiefpunkt, was nicht unbedingt an ihm selbst liegt (90% der Szenen steht Willis eh nur am Fenster und telefoniert, sieht dabei aber ziemlich fesch aus. Guter Zwirn!), sondern an der desaströs schlechten Regie von Brian A. Miller. 

Die Shootout-Szenen sind dilettantisch ohne jeden Style inszeniert und dafür mit maximaler Verwirrung, dass man kaum weiß, wer auf wen schießt. Die Nebendarsteller an der Seite von Willis und einem einigermaßen engagierten Michael Chiklis sind unter aller Sau (Meadow Williams! Die Hölle!).

Beinah unverschämt, wie Brian A. Miller „10 Minutes Gone“ auf Biegen und Brechen auf 89 Minuten streckt, indem er mehrfach gleiche Szenen einspielt und als wirklich größte Frechheit in der Mitte einen „TV News Bericht“ über fucking fünf Minuten zeigt, dessen Bilder sich auch noch ständig wiederholen und inhaltlich sich aus vorgelesenem Wikipedia-Eintrag über Cincinatti und sinnlosen Hintergrundinformationen zum „Fall“ zusammensetzt.
Sowas Faules habe ich tatsächlich noch nie gesehen. (3/10)

Sieben Chancen (1925, Regie: Buster Keaton)
in der Arte Mediathek

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Buster ist (fast) bankrott, erhält aber eine Millionenerbschaft, wenn er bis 17 Uhr eine Frau ehelicht. Von dieser simplen, zugegeben sehr konstruierten Ausgangsposition startend erzählt Keaton in der ersten halben Stunde zunächst kleine Scherze und Missverständnisse bis die zweite Hälfte des Films völlig explodiert und er in diesem Film von 1925 die vielleicht beste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte inszeniert. Honestly, muss man gesehen haben. Pure kinetische Kraft, zu Fuß, im Wasser und am Bagger hängend. (7/10)

P.S.: irritierend allerdings der unverhohlene Rassismus und Antisemitismus in zwei, drei Szenen, die man wohl dem Entstehungsjahr zuschreiben muss. Es gibt für diese Szenen (Buster guckt sich hübsches Mädchen aus bis er merkt, dass sie eine Zeitung in hebräischer Schrift liest. Buster läuft hinter nettem Rock her, bis er merkt dass die Dame schwarz ist) auch keinerlei kontextabhängige Rechtfertigung, hier ist die „Pointe“ einfach tatsächlich dass die jeweilige Frau jüdisch oder schwarz ist.

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