vonChristian Ihle 04.07.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Ohne Zweifel bleibt Bela Lugosi der größte Hollywood-Vampir aller Zeiten. So kann es kaum eine bessere Einlaufhymne geben für ein Konzert der Hollywood Vampires in der gefühlt ausverkauften Zitadelle als den huldigenden Bauhaus-Klassiker „Bela Lugosi’s Dead“, hier kombiniert mit dem Intro der „Toccata und Fuge d-Moll“ von J. S. Bach. Eigentlich ist es für Vampirtänze bei Konzertbeginn gegen 20.00 Uhr noch zu hell, aber mit ordentlich Radau und mit von zuckendem Scheinwerferlicht durchfärbten Kunstnebelsäulen nimmt die Band Aufstellung vor der vierteiligen, dauerbespielten Videowand.

Mittendrin der Master of Ceremonies, angetan mit Gehrock und Zylinder oder mal ohne, das schwarze Haar zottelig, die Augen dunkel umschminkt: Alice Cooper himself! Mit dabei sind Glen Sobel an den Drums, Chris Wyse am Bass (beide sonst Alice Cooper Band) und Keyboarder Buck Johnson (sonst Aerosmith). Die vordere Reihe aber stellen die drei Gitarristen, die gemeinsam mit Cooper den Ruf einer Supergroup begründet hatten: Tommy Henriksen aus der Alice Cooper Band, Joe Perry von Aerosmith und der vom Publikum sehnlich erwartete Johnny Depp. Gegründet 2015 in ideeller Nachfolge der namensgleichen legendären Sauftruppe, der sich zeitweise u. a. Keith Moon, John Lennon oder Ringo Starr verbunden gefühlt haben sollen, widmet sich die Band seit jeher dem Covern klassischer Rockmusik.

Munter los geht es aber mit zwei eigenen Stücken der Band, „I Want My Now“ und „Raise the Dead“, gefolgt von dem Frühsiebziger Alice Cooper Song „I’m Eighteen“. Es braucht nur eine kurze Weile, spätestens aber beim Medley zweier Doors-Songs springt der Funke von der sichtlich gut aufgelegten Band auf das Publikum über. Die Wiedererkennungseffekte erhöhen sich deutlich. Sound und Lautstärke sind okay. Schwerer Rock, viel Gitarren-Gegniedel, Soli und Alice Cooper als begnadet-routinierter Entertainer prägen die Show, alle Augen sind aber immer auch auf Johnny Depp gerichtet. Rockstar-Posen von Männern im Zustand fortschreitender Gesichts-Leguanisierung, die mit reichlich Kajal und Geschmeide, Kopfschmuck und Opulenz einem Jack Sparrow ähnlicher sind als einem Vampir, lassen das Publikum – hier und da einfallsreich und anlassgerecht herausgeputzt – nach Kräften feiern. Johnny Thunders, zu Lebzeiten sicher ein Bruder im Geiste und in der Frisur, steuert posthum ein anrührend vorgetragenes „You Can’t Put Your Arms Round a Memory“ bei. Der andere Johnny (Depp) versucht sich beachtlich auch mal als Sänger, u.a. an David Bowies „Heroes“. Sonst noch „Walk This Way“ von Aerosmith, ein Tribut für den unlängst verstorbenen Jeff Beck, Brecher von AC/DC, The Who, Killing Joke und Anderen: Fertig ist die schwarz-bunte Rockrevue.

Fertig? Fast fertig, denn als Zugabe folgt noch ein Potpourri aus dem allergänsehäutigsten Cooper- Song „School’s Out“ und aus dem sonst eher nervigen, hier aber lässig-launig dahingerockten „Another Brick In the Wall“.

Show‘s out, und so langsam wird es Nacht. Die besondere Stimmung des Gemäuers der Zitadelle rund um den Platz liefert dem zufriedenen Publikum zum Abschied noch einmal eine schaurig schöne Fledermaus-Atmosphäre.

Text: Gero Riekenbrauck
Fotos: Martin von den Driesch

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