vonChristian Ihle 21.11.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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El Conde (2023, Regie: Pablo Larraín)
auf Netflix

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Im Dezember 2006 ist der chilenische Diktator Augusto Pinochet verstorben. Oder doch nicht? In Pablo Larraíns alternativer Geschichtserzählung täuschte der Tyrann seinen Tod lediglich vor, war er doch ein bereits seit Jahrhunderten auf dem Erdenrund wandelnder Vampir, der einst aus dem Schoße einer gewissen Margaret Roberts kroch, die später unter dem Namen Maggie Thatcher berüchtigt werden sollte.

Als spielerisch-monströse Aufarbeitung der chilenischen Historie und als Klage über die Pinochet-Gräueltaten ist „El Conde“ faszinierend, als Film in sich aber nicht wirklich schlüssig. Nach der smart-verrückten Grundidee scheint Larrain den Rest der Geschichte eher spontan zu erfinden, als dass sie wirklich in sich sinnvoll erscheint. Aufgrund der tollen Kamera und der opernhaft inszenierten Vampirflüge durch die chilenische Nacht zu klasischer Musik noch eine 6/10.

Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes (2023, Regie: Francis Lawrence)
im Kino

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„The Ballad of Songbirds and Snakes“ ist ein Prequel zur Tribute-von-Panem-Reihe. Da die Vögelchen und Schlangen eine Generation vorgelagert spielen leider aber ohne Jennifer Lawrence.

Inhaltlich zerfällt diese überlange „Ballade“ in zwei Parts: zunächst wird sehr lange und sehr öde von den damaligen Hunger Games berichtet bis sich endlich alle Teilnehmer bis auf eins wie im Abzählreim verabschiedet haben. In der Folge bricht „The Ballad of Songbirds and Snakes“ völlig mit seiner vorherigen Erzählung, wird kurz zu einem Resistance-Film, um am Ende recht plötzlich noch die Grundlage für die spätere Panem-Geschichte zu legen.

Leider ergibt nichts in diesem Film Sinn, handelt niemand – selbst nach Young Adult Fantasy Maßstäben – nachvollziehbar und scheinen alle Schauspieler aus unterschiedlichen Filmen zu kommen. Jason Schwartzman spielt eine campy Comedy, die wie immer schwer erträgliche Viola Davis trägt dick auf, Peter Dinklage ist unter-, Hunter Schafer aber überfordert, Hauptdarsteller Tom Blyth kräuselt immer angestrengt die Augenbrauen um inneren Konflikt zu demonstrieren, während die junge, ständig Folksongs singende Rachel Zegler der einzige Lichtblick ist und in jeder ihrer Szenen den Film stiehlt.

Ganz ehrlich: lieber ein Carter-Family-esques Soloalbum von Zegler anhören als „Hunger Games“ schauen. (3/10)

Cocaine Bear (2023, Regie: Elizabeth Banks)
zur Leihe überall

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Eine-Pointe-Film, der (vielleicht wenig überraschend) in seiner Idee geiler klingt als er in seiner Ausführung ist.

Ja, ein Bär frisst also Tonnen von Kokain und ist dementsprechend drauf, wild, zerfleischend. Eine große Riege an Charakteren fällt unserem braunen Freund nach und nach zum Opfer und so schleppt sich „Cocaine Bear“ repetitiv durch seine Laufzeit.

Trotz der originellen (auf einer wahren Begebenheit beruhenden) Grundidee dreht Elizabeth Banks aber ein austauschbares Creature-Horror-B-Movie, das ein wenig Gore in die Geschichte wirft, aber sonst zu glatt wirkt.

Mehr Verrücktheit hätte dem Film gut getan. (5/10)

Elemental (2023, Regie: Peter Sohn)
auf Disney+

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Erhofft hatte ich mir einen smarten Pixar-Film wie „Alles steht Kopf“, aber leider ist „Elemental“ inhaltlich eine doch recht dünne Geschichte um eine nie wirklich zündende Liebesgeschichte sowie einer Platz-im-Leben-Suche eines jungen Mädchens einer Migrantenfamilie, die zerrissen zwischen den Erwartungen des Elternhauses und ihren eigenen Vorstellungen steht.

Gerade letzteres hätte „Elemental“ Tiefe geben können, doch wie bei der Liebesgeschichte ist die späte Abkehr vom Elternhaus ebenfalls nie nachvollziehbar hergeleitet worden. So mangelt „Elemental“ bei aller visuellen (allerdings etwas zu glattpolierten) Raffinesse gerade an seinen zwei wichtigsten Storypunkten, nun ja, Elementares: die Nachvollziehbarkeit und damit die emotionale Grundierung.
Anschaubar, aber nicht mehr. (5/10)

Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd (2022, Regie: Peter Baynton, Charlie Mackesy)
auf Apple+

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Einer der schönstgezeichneten Animationsfilme, den ich seit langer Zeit gesehen habe. Jedes Bild wie ein Gemälde.

Die Geschichte um einen verlorenen Jungen, der verschiedene Freunde findet, ist natürlich sentimental, aber am Ende auch ein Pladoyer für das Band der Freundschaft und gegen die Kernfamilie.

Nachvollziehbarer Gewinner des Oscars für Best Animated Short Film 2023. (7/10)

65 (2023, Regie: Scott Beck, Bryan Woods)
auf Netflix

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Auf dem Papier hat der Pitch wahrscheinlich geil geklungen:

„Jurassic World!“
„…meets The Last Of Us!“
„…aber als Science-Fiction!“
„…in der Vergangenheit!“

Resultat ist jedoch ein öder Dino-Survival-Film mit Sci-Fi-Waffen um Adam Driver (oft stirnrunzelnd) und ein Kind (nicht sprechend).
Na danke. (4/10)

Wormwood (2017, Regie: Errol Morris)
auf Netflix

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Seltsamer Hybrid aus True-Crime-Doku und inszenierten Szenen vom alten Dokumentarfilm-Meister Errol Morris (ohne den Werner Herzog ja nie seinen Schuh gegessen hätte!).

Eigentlich zu begrüßen, dass hier jemand aus der Netflix-True-Crime-Formula auszubrechen versucht, aber auf mich hat das einen mehr verwirrenden Eindruck gemacht und bis in die dritte Folge hinein habe ich auch gar nicht das total Skandalöse der Story so recht begriffen. (5/10)

The Return of the Living Dead (1985, Regie: Dan O’Bannon)
auf amazon prime

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Wie der deutsche Titel „Verdammt, die Zombies kommen“ bereits subtil andeutet, handelt es sich bei „Return Of The Living Dead“ mehr um eine Horrorkomödie als einen harten Gore-Schocker.

Die Produktion ist gut, die Tricks sind stark, das Geschrei hysterisch – aber ich bin einfach nicht für diese Art Genrehybrid gebaut, denn weder finde ich es lustig noch spannend und so ziehen die eineinhalb Stunden ohne großen Eindruck an mir vorbei.

Immer wieder fasziniert bin ich übrgens davon, wie in den Mitt80ern Punks im Spielfilm dargestellt werden – bin mir nie sicher, ob der L.A.-Tribe der Punks eben tatsächlich so war (was sicherlich nicht ganz falsch ist, ist L.A. schon für eine besondere Assigkeit in der Punkhistorie bekannt) oder ob in den Spielfilmen einfach eine extrem verzerrte Variante davon Einzug hielt. Jedenfalls für mich als Punkhistorian immer ein kurioser/interessanter Punkt, wie die Szene in den zeitgenössischen Filmen dargestellt wurde. (5/10)

Das Parfüm der Dame in Schwarz (1974, Regie: Francesco Barilli)
auf amazon prime

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Ein Rand-Giallo in mehrerlei Hinsicht: einerseits werden durchaus etliche Tropes des Genres gesetzt (alle crazy, Auflösung verrückt, Score typisch), andererseits spielt „Il profumo della signora in nero“ doch weit weniger straight als man zunächst vermuten möchte (lange genug geschieht gar nichts außer Halluzinationen, der Giallo-typische Serienmörder lässt auch auf sich warten, der Sleaze-Faktor ist zunächst niedrig – bis im dritten Akt hier der Regler aber wirklich aufgedreht wird). Zudem ist die Dame in Schwarz auch sonst hart am Rand: ein tiefer Abstieg in Psychosen und Kindheitstraumata, in innere Konfusion und Auflösung der Wirklichkeit.

Allerdings macht das Nachdenken über den Film und seine Codes mehr Vergnügen als die eineinhalb Stunden selbst, denn neben Atmosphäre, WTF-Ende und toller Kamera bietet „Il profumo della signora in nero“ doch vor allem auch viel Leerlauf. Mimsy Farmer in der zentralen Rolle ist allerdings stark, ihr Abstieg in die eigenen seelischen Verwundungen zentral für das Wirken des Films. (5/10)

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