Enter the Dragon (1973, Regie: Robert Clouse)
Da ich als Teen sehr oft „Kentucky Fried Movie“ von Z/A/Z gesehen habe, das ausführlich „Enter The Dragon“ parodiert, hatte ich meine Schwierigkeiten, das Original auch wirklich ernst zu nehmen.
Zu meiner freudigen Überraschung mischt „Enter The Dragon“ aber den klassischen Kung-Fu-Film mit einem James-Bond-Ansatz: der Bösewicht könnte auch straight aus einem 70er Bond stammen und die einsame Insel mit großer, versteckter Tunnelanlage für mailziöse Machenschaften ist natürlich eh ein 007-Traum.
Fightsequenzen sind generell nicht so meine Tasse Tee, aber ich mag wie Bruce Lee hier oft schleicht und schaut bevor er wirklich in Kämpfe verwickelt wird:
„My style? You can call it the art of fighting without fighting.“
Stealth Kung Fu! (6/10)
Rotting in the Sun (2023, Regie: Sebastián Silva)
Beginnt als ziemlich nervige Influencer-Satire aus der queeren Szene, setzt aber in der Mitte des Films einen völlig überraschenden Wendepunkt, der eine vorherige Randfigur in die Mitte schubst und den eigentlichen Hauptdarsteller aus dem Spiel nimmt.
Von hier an ab entwickelt sich die etwas zu penetrante und offensichtliche Satire zu einem ziemlich unterhaltsamen Krimi-Komödchen, das großen Spaß macht. (7/10)
Es geschah am hellichten Tag (1958, Regie: Ladislao Vajda)
Ein in vielerlei Hinsicht interessantes Werk: die von Dürrenmatt geschriebene Geschichte um einen Kindsmörder, den ein Polizeikommissar mit zunehmender Verzweiflung jagt, ist für einen Heinz Rühmann, den Liebling aller aufrechten Deutschen, ein erstaunlich darker Film – selbst wenn er nur den seinen Obsessionen anheim fallenden Kommissar spielt. Ihm gegenüber ein schauspielerisches Schwergewicht: Gert Fröbe, der „Es geschah am hellichten Tag“ auch seine legendäre „Goldfinger“-Berufung verdankt. Fröbe steht hier in der Tradition von Peter Lorre („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“) als ein Schauspieler, dem es gelingt, die Getriebenheit, Verletzlichkeit und letztlich eben auch Menschlichkeit selbst bei dieser schlimmsten aller Taten durchscheinen zu lassen. Fabelhaft.
Gibt es etwas an „Es geschah am hellichten Tag“ zu kritisieren? Die Verzweiflung des Kommissars, von Dürrenmatt als Obsession angelegt, spielt Rühmann in der ihm eigenen Art mehr als Pflichtschuldigkeit, was aber auf verquere Weise dann doch wieder passend scheint: einfach weil die Pflichtschuldigkeit in Rühmann durch und durch glaubwürdig ist, wohingegen eine in den Wahnsinn reichende Obsession vielleicht nicht so präsent durch ihn dargestellt werden könnte.
Das allzu gefällige Ende konterkariert die dunkle Stimmung des Films, was einen Blick auf die Entstehungsgeschichte interessant macht. Dürrenmatt selbst war mit der Verfilmung gerade des Endes wegen dem Vernehmen nach nur halb zufrieden und schrieb im folgenden Jahr seine Novelle „Das Versprechen“, die die gleiche Geschichte in Buchform noch einmal erzählt, allerdings nun mit einem höllisch düsteren Ende. Ein halbes Jahrhundert später sollte Sean Penn mit Jack Nicholson (als Heinz Rühmann) diese originäre Vision Dürrenmatts dann doch noch auf die Leinwand bringen. (7/10)
Viridiana (1961, Regie: Luis Buñuel)
Schon ein erstaunlicher Cannes-Gewinner für das Jahr 1961: Bunuels unbarmherzige Absage an die wohlmeinende, aber aus seiner Sicht zu kurz reichende (oder heuchlerische?) Güte eines religiösen Lebens.
Die arme Viridiana steht kurz davor Nonne zu werden, besucht aber noch einmal den alten Onkel. Der kleidet sie ein wie seine verstorbene Frau, betäubt sie und kann kaum an sich halten. Später, als Viridiana einen Teil der Liegenschaft erbt, lädt sie die Armen und Versehrten der Gegend ein, gibt ihnen Brot & Arbeit. Der Dank ist eine eskalierende Orgie im Herrschaftshaus, eine Vergewaltigung, fast ein Mord.
Was bleibt Viridiana da anders über, als endlich ihr Haar offen zu tragen und mit dem verschlagenen Cousin das Karten spielen zu beginnen, fragt Bunuel!
Die Härte, die Bunuel unprovoziert auf Viridiana einprasseln lässt, macht es schwer, seinen Standpunkt zu verstehen, denn in mir provoziert er gegenteilige Gefühle. Allen Respekt für einen für die damalige Zeit sicher wagemutigen* inhaltlichen Ansatz, aber mich erreicht diese zynische Bergmann-Variante eher nicht. (5/10)
* „Buñuel kehrte für die Dreharbeiten, auf Einladung von Diktator Franco aus dem mexikanischen Exil nach Spanien zurück. Mit dem Ergebnis war Franco jedoch in keiner Weise einverstanden, der Film wurde nach seiner Fertigstellung sofort verboten und erst 16 Jahre später freigegeben.“
A Hard Day (2014, Regie: Kim Seong-hun)
Actionthriller um einen korrupten Cop, der von einem noch korrupteren Polizisten erpresst wird. Temporeich und unterhaltsam, aber mir etwas zu leichtgewichtig. (6/10)
The Spirit of the Beehive (1973, Regie: Víctor Erice)
Das sloweste Slow Cinema, erzählt aus der Sicht von zwei kleinen Kindern.
Eigentlich vieles dabei, was gefallen könnte (und offensichtlich auch tut: #85 in der Sight & Sound „Beste Filme aller Zeiten“-Zehnjahresumfrage 2022): die Kraft des Kinos wird über die verstörende Erfahrung einer ersten „Frankenstein“-Sichtung vermittelt und die Kamera fängt die Einöde des spanischen Landlebens hervorragend ein (erinnert mich hier an eine pittoreskere Version der späten Tarkovsky-Filme).
Aber ich bin offensichtlich einfach nicht für diese Art Filme gebaut. (3/10)
Epidemic (1987, Regie: Lars von Trier)
Ein auf der anstrengenden Seite gebauter Lars-von-Trier-Film und der schwächste seiner lose zusammenhängenden Europa-Trilogie (beginnt mit dem andersweltlichen „Element Of Crime“ und endet mit seinem frühen Meisterwerk „Europa“).
Was wie eine Meta-Komödie beginnt – zwei Autoren löschen aus Versehen das gerade geschriebene Drehbuch und versuchen auf die Schnelle und unter viel Verzweiflungslachen einen neuen Film zu zimmern – endet mit einer mehrminütigen, ernsthaft unerträglichen Wein/Grein/Schrei-Szene, die im Grunde nicht auszuhalten ist.
Starke Momente, dazwischen viel Leerlauf. (5/10)
Goodbye to Language (2014, Regie: Jean-Luc Godard)
Godard hat sich ja schon in den 70ern vom normalen Filmemachen verabschiedet und diese Entwicklung ist in seinem letzten Lebensjahrzehnt sicher noch mal verstärkt worden. Im Gegensatz zum für mich enttäuschenden „Le livre d’image“ von 2018 übt „Goodbye To Language“ trotz allem Nicht-Plot und Fragezeichen hinsichtlich dessen, was hier eigentlich erzählt werden soll, doch einen nicht recht erklärlichen Sog auf mich aus.
Ähnlich wie bei Lynchs „Inland Empire“ bin ich zwar auch bei Godard kein Freund der Entdeckung von Digitaler Fotografie, aber liest man die zeitgenössischen Rezensionen nach, muss Godard hier mit dem 3D-Effekt wirklich erstaunliches geschaffen haben, das sich im Fernseh-2-D nicht mehr nachvollziehen lässt. (6/10)