vonChristian Ihle 24.02.2024

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Another End (Regie: Piero Messina)

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Was wie eine gute Sci-Fi-Meditation über Trauer, Verlust und Loslassenmüssen beginnt, entwickelt sich leider in seiner zweiten Hälfte zu einem rechten Schleichgang, verschenkt die wunderbare Renate Reinsve bis auf eine tolle Dinner-Szene völlig, endet auf einem absehbaren Twist *und* einem unnötigen Neben-Happy-End. Zu unentschlossen, was er denn nun eigentlich erzählen möchte und dabei zu wenig originell in seinen Bildern.

The Stranger’s Case (Regie: Brandt Anderson)

Brandt Anderson erzählt sein Migrationsdrama aus vielen Perspektiven: die Ärztin unter Beschuss in Aleppo, der nach der Hinrichtung eines Kindes zweifelnde Assad-Soldat, der Schmuggler in Izmir, der Kapitän eines griechischen Rettungsboots… Dabei verkompliziert er nicht unnötig seinen Film, sondern zeigt mehr in sich geschlossene Kurzgeschichten von Personen, die im weiteren Verlauf als Nebencharaktere in der Episode eines anderen Lebens wiederzufinden sind.

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Warum “The Stranger’s Case” so viel dringlicher wirkt als die meisten Migrationsfilme liegt an der Entscheidung, wirklich am Anfang zu beginnen. Erst weil Anderson die verheerende Lage im Bürgerkriegsgebiet von Aleppo zeigt, nimmt er den Zuschauer mit auf die Reise. Er setzt hier eben nicht voraus, dass jeder sofort sich mit dem Fluchtwillen identifizieren kann, sondern kämpft darum, jedem Zuschauer die Unausweichlichkeit zu demonstrieren.

Man kann Anderson womöglich vorwerfen, dass er “The Stranger’s Case” mit den Mitteln des Hollywood-Kinos so griffig macht, aber wo steht geschrieben, dass ein Drama über Geflüchtete sperrig sein muss, nicht einnehmend sein darf oder gar spannend, emotional mitreißend?

Republic (Regie: Jin Jiang)

China hat Hippies too, man!

Eryang lebt in einem kleinen Trailer und will dort eine neue freie Welt schaffen: die Tür steht immer offen, Bier und Hasch sind vorhanden, aus den Lautsprechern beschallen Dylan, Beatles und Bowie die spontane Kommune. Dabei ist Eryang gar nicht, wie man vielleicht aus westlicher Sicht erwarten würde, gegen das repressive chinesische System eingestellt, sondern versucht als echter Hippie, einfach das Gute in Allem und Jedem zu sehen – und wenn es Xi Jinpings öde Schriften zu „The Governance of China“ sind!

„Republic“ ist ein schöner Einblick in eine ganz kleine, eigene Welt, die nach dem Besseren sucht. Allerdings hat Jin Jiang keine Dokumentation gedreht, sondern eine unkommentierte, sehr chillige, kosmische Collage. Das hat den Vorteil, wie die sprichwörtliche „fly on the wall“ zu wirken, aber den Nachteil dass Kiffer-Gespräche für Außenstehende eher selten wahnsinnig mitreissend sind.

Die wenigen Momente, wenn die sozioökonomischen Umstände besprochen werden – beispielsweise auch die Realität, dass Eryang sich sein freies Leben nur deshalb leisten kann, weil seine Eltern immer mal wieder seine angehäuften Kreditkarten-Schulden begleichen – sind bei weitem die interessantesten, dazwischen verliert sich „Republic“ oft im Niemandsland.

 

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