Sex (Regie: Dag Johan Haugerud)
Überraschend lustige Komödie um die Verunsicherung des modernen Manns der Mittelschicht.
Zwei Schornsteinfeger – Familienväter mittleren Alters – unterhalten sich: der eine erzählt von einem wiederkehrenden Traum, in dem ihn David Bowie wie eine Frau anschaut, der andere von einem spontanen Sex-Zwischenfall mit einem Mann. Beide sind verwirrt und verdiskutieren ausführlich und äußerst trocken ihre Gedanken dazu.
Das macht trotz zwei Stunden Spielzeit enorm viel Vergnügen, als hätte Woody Allen mit Aki Kaurismäki ein Drehbuch über heterosexuellen Gay-Sex geschrieben.
Sons (Regie: Gustav Möller)
Gustav Möllers Knastdrama überrascht mit seiner Perspektive: diesmal ist eben nicht, wie schon so oft gesehen, der Eingekerkerte im Zentrum, sondern eine Wächterin (Side Babett Knudsen aus „Borgen“), die zumindest zu Beginn auch noch mehr wie die liebe Mutter der Kompanie wirkt und ihren Häftlingen herzlich einen guten Morgen wünscht.
Doch als ein neuer Straffälliger angeliefert wird, verändert sich ihr Verhalten ins andere Extrem. Offensichtlich haben die beiden eine Vorgeschichte, was Möller geschickt lange nicht ausbuchstabiert. Gegen Ende wird “Sons” konventioneller, bleibt aber ein spannendes Drama um Schuld und Rache.
Ich (Regie: Bettina Flitner)
Herrlicher Kurzfilm über den Genie-Kult des Neuen Deutschen Films.
Bettina Flitner nimmt die wie eine Monstranz vor sich hergetragene, vorgebliche Kommerz-Abscheu ebenso gekonnt aufs Korn wie die Selbstbezogenheit der Szene. Wenders und Fassbinder standen hier sicherlich Pate.
Eine junge Hella von Sinnen spielt in vier Rollen mit breitestem rheinischen Dialekt Mutti, Tante, Kinobesitzerin und ehemalige Lehrerin.