vonChristian Ihle 30.04.2024

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Sympathy for the Devil (2023, Regie: Yuval Adler)
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Mehr oder weniger ein Zwei-Mann-Kammerspiel in einem Auto mit kleinen Exkursen. Lebt in erster Linie von Nicolas Cage, der hier vielleicht keine so nuancierte Darstellung wie in „Pig“ oder „Dream Scenario“ liefert, aber wenigstens seinen Nicolas-Cage-Spaß hat. Problem ist eher, dass die große, potenziell spannungserzeugende Frage, ob der Cage-Charakter nun durchgeknallt (sicher), der Teufel (vielleicht) oder ein gerechter Rächer (möglich) wäre, mit fortschreitender Spieldauer immer weniger interessiert. (5/10)

Boys In The Boat (2023, Regie: George Clooney)
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Ein Sportdrama auf der Suche nach Drama. Ja, die Entscheidung um die olympische Goldmedaille 1936 im Ruder-Achter mag knapp gewesen sein, aber es verblüfft schon, dass George Clooney darin einen 124 minütigen Film sieht, denn die weiteren blutpumpenden Spannungsspitzen von „Boys In The Boat“ beziehen sich auf so arge Themen wie „hat der zweite Ruderer von rechts Fieber?“, „sind die Männer zu jung?“ und „bekommt der nette Wuschelkopf links vorne rechtzeitig sein Studiengeld zusammen?“.

IndieWire-Kritiker David Ehrlich fasst diesen Eintrag in die Clooney’sche „dad-core filmography“ passend so zusammen: „You have to admire George Clooney’s unwavering dedication to making the kind of movies that feel like they could’ve been — should’ve been — the fourth-highest-grossing new release of a sleepy weekend in the Clinton era.“ (4/10)

Spurlos verschwunden (1988, Regie: George Sluizer)
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Zurecht legendärer europäischer Krimi, der seinem späteren Hollywood-Remake klar überlegen ist.

Die Geschichte ist simpel, die Angst aber universell. Ein Pärchen stoppt an einer Tankstelle, sie geht Getränke kaufen und kehrt nicht mehr zurück.

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Er findet keine Ruhe und versucht über Jahre vergeblich, Spuren seiner großen Liebe zu finden. Bis ihn drei Jahre später der Entführer kontaktiert…

George Sluizer gelingt etwas, woran die meisten Filme scheitern: obwohl er den whodunnit-Part negiert und recht früh den Täter enthüllt, bleibt „Spurlos verschwunden“ seine ganze Spielzeit über spannend – oder besser „anspannend“, denn es ist kein klassischer HItchcock-Suspense, auf den Sluizer setzt, sondern mehr eine äußerst unangenehme Stimmung, indem er einerseits die immer verzweifelteren Versuche des Ehemannes zeigt, seine vermisste Partnerin zu finden, andererseits aber die minutiöse Vorbereitung des Täters gegenschneidet, der auch nicht davor zurückschreckt, für manche Testläufe „spielerisch“ seine eigenen Kinder einzubinden.

Bernard-Pierre Donnadieu ist in dieser Rolle so beängstigend gut, dass er in eine Liste der größten Villains der Filmgeschichte gehört (nicht zuletzt seines Styles wegen, der Nu-Metal-Bart mit Anwaltsgarderobe kombiniert). (8/10)

Der große Coup / Charley Varrick (1973, Regie: Don Siegel)

Starker 70ies-Thriller mit Walter Matthau in der Hauptrolle, der hier eine smarte Version von Charles Bronson gibt.

Als der Überfall auf eine kleine Bank mit einem Polizistenmord aus dem Ruder läuft, brennt schon die Hütte bei den Verbrechern. Als sie dann aber auch noch feststellen, dass sie wohl einen geheimen Safe der Mafia gleich mitgeknackt haben, steigt die Panik. In der Folge entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Bankdieben (Matthau als Chef) und dem von der Mafia beauftragten Fixer (Joe Don Baker), die Gesetzeshüter sind mehr Beiwerk.

„Charley Varrick“ ist tight inszeniert, unbarmherzig und gerade in seinem Ganoven-vs-Verbrecher-Setting moralisch auch erstaunlich vielschichtig. Denn wie Don Siegel es gelingt, dass wir mit Matthau fiebern, der ja der Kopf hinter dem brutalen Überfall zu Beginn war, ist schon erstaunlich… (7/10)

Beyond the Valley of the Dolls (1970, Regie: Russ Meyer)

„Beyond the Valley of the Dolls“ ist der Ausflug des großen FIlmkritikers Roger Ebert in das Drehbuchschreiben. Für einen Russ Meyer Film!

Diese Satire auf das Leben in L.A. mit seiner ständigen Suche nach Fame, Sex , Drugs und Rocknroll ist zu zwei Dritteln aber zahm, verliert sich in ständigen Beziehungsrochaden mit austauschbaren Charakteren und findet erst in seinem Schlußakt zu sich, wenn aus dem Nichts auf einmal Mayhem losgeschlagen wird. Gerade angesichts seines Rufs – bei Release verhasst, in der Zwischenzeit aber ein Camp-Klassiker – zu mild in jeder Hinsicht. Da gibt es wirklich abgedrehteres aus den End60ern, als Hollywood versucht hat, die Counter Culture in Filme zu fassen. (5/10)

P.S.: schöner Auftritt von Strawberry Alarm Clock mit ihrem verschrobenen Psych-Garage-Klassiker „Incense and Peppermints“!

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P.P.S.:

The character of Ronnie (Z-Man) Barzell was loosely based on legendary record producer Phil Spector. Whilst neither Russ Meyer nor Roger Ebert had ever met Spector, they were told by Spector’s acquaintances that they captured his essence very well.

…ohne jetzt SPOILERN zu wollen, aber ich sag mal so: diese Einschätzung hinsichtlich Spector dürfte sich durch die Ereignisse der letzten Jahre eher sogar noch verstärkt haben…

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