Ms. 45 (1981, Abel Ferrara)
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#notallmen, aber doch: der Film.
Eine Art reiferer Schwesterfilm zu Abel Ferraras „Driller Killer“ von 1979. Auch „Ms. 45“ ist auf den ersten Blick klassisches Exploitation/Horror-Kino, aber wie schon bei „Driller Killer“ gelingt Ferrara eine verstördende Dringlichkeit, die die meisten Filme dieses Genres vermissen lassen.
Kaum jemand hat das sleazy New York der ausgehenden 70er so überzeugend, rauh und doch so affirmativ eingefangen wie Ferrara in seinen frühen Jahren. „Ms. 45“ ist bei aller Roughness dennoch der smoothere Film als „Driller Killer“ und dadurch vielleicht eine Ecke weniger verstörend, aber nichtsdestotrotz ein intensives Erlebnis.
Zoë Lund in der Hauptrolle ist phänomenal als Racheengel, der nach zwei (!) Vergewaltigungen Jagd auf die Täter macht, aber hier noch lange nicht stoppt, sondern gleich das Ganze Patriarchat und alle Mitglieder niederschießen möchte, vom Mansplainer zum übergriffigen Chef.
Diese Rachefurie endet auf einer Halloween-Party in Nonnenkleidern, die in Slow Motion zu einem Post-Punk-Funk-Song jeden niederschießt, der nicht Schwester heißt. Am Ende ist es aber gerade die Sister, die den Dolch in den Rücken bohrt.
Keine Ahnung, ob man Ferrara mit viel Tiefenanalyse zu Geschlechterthemen gerecht wird (fürchte: nein), aber ganz nach Roland Barthes darf man ja auch mehr in einem Werk lesen, als der Autor hineingeschrieben hat.
Jedenfalls: fantastischer Film, vielleicht sogar der Höhepunkt des ganzen R&R-Genres. (8/10)
Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste (2023, Margarethe von Trotta)
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Es ist so viel falsch an „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“, dass ich ganz fuchtig werde!
Wie man die Beziehung zwischen zwei der bemerkenswertesten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts inhaltlich auf ZDF-Pilcher-Niveau herunterdimmen kann!
Wie Max Frisch als völlig eindimensionales Eifersuchtsmonster dargestellt wird!
Wie Ingeborg Bachmann nur das Opfer spielen darf, gern noch verziert mit kleinmädchenhaftem „schau doch, mein schönes Oberteil, lieber Max“-Getue, während Frisch eifersüchtig vor sich hinbraust, weil neue Blumen auf dem Tisch oder die Teller falsch rum in der Küche stehen oder was weiß ich!
Wie sich Bachmann dank Exotismus-Erotik via Gruppensex mit ein paar jungen Arabern von der Frisch-Belastung löst!
Wie Vicky Krieps hölzern vor sich hin bachmannt in ihrer vielleicht schlechtesten Karriere-Performance!
Wie Zehrfeld als Frisch einfach ratlos ist, weil diese Figur nichts sein darf außer eifersüchtiger Mann!
Von Trotta gelingen zwar schöne, aber auch allzu glatte Bilder, doch findet sie nirgends einen Zugang zu ihren Charakteren, der „Bachmann“ und „Frisch“ zu mehr machen würde als zu Teilnehmern einer übertoxischen Beziehung. Noch schlimmer: da von Trotta nicht einmal die Liebes-Phase überzeugend einfängt, bleibt bis zum Schluß rätselhaft, warum Bachmann – trotz allem! – mit Frisch zusammensein wollte oder was Frisch an Bachmann fand.
„Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ wäre schon als Samstag-Nachmittag-Film im Öffentlich-Rechtlichen schwer erträglich, als Exploration zweier so vielschichtiger Menschen und ihrer Beziehung zueinander ist er eine Frechheit. (2/10)
Cashback (2006, Regie: Sean Ellis)
Hatte irgendwie einen ganz anderen, künstlerischeren Film erwartet – „Cashback“ ist aber eine Mischung aus RomCom und britischer Teenie-Komödie, die sicher nicht jeden Ton trifft (teilweise durchaus etwas creepy) und eigentlich keine sympathische Figur auffährt, aber dafür im Gegensatz zu ihren amerikanischen Brüdern doch häufiger eine überraschende Note setzt.
Sicher nicht so gut wie „500 Days Of Summer“, aber dafür auch nicht so platt wie der Hollywood-Durchschnitt.
Anschaubar, aber keine Offenbarung. (6/10)
The Many Adventures of Winnie the Pooh (1977, Wolfgang Reitherman & John Lounsbery)
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Drei klassische Winnie-Puh-Abenteuer in einer Art Omnibus-Film verpackt, aber mit schön surrealen Überleitungen, die mit dem Element eines vorgelesenen Buches spielen.
Die mittlere Episode über einen sehr windigen Tag zündet am meisten und erinnert an die anarchischen Disney-Shorts der 40er/50er um Donald oder A & B Hörnchen.
Nett, manchmal witzig und selten nervig (looking at you, Tigger!) (6/10)
The Ministry of Ungentlemanly Warfare (2024, Regie: Guy Ritchie)
Da Guy Ritchie als britische Tarantino-Kopie begonnen hat, ist es nur logisch, dass er nun auch seinen „Inglorious Basterds“ dreht.
Eine wilde Jagd auf Nazis, der aber der Witz von QTs Weltkriegsfilm fehlt und so stärker an die Vorbilder von „Inglorious Basterds“ erinnert als an Tarantinos Meisterwerk selbst. All die „jolly good, old boy!“-Dialoge wirken aufgesetzt, keine der Figuren ist herausgearbeitet, Til Schweiger hat einen größeren Part als ich erwartet hätte und 90 Minuten hätten auch gereicht, aber „The Ministry of Ungentlemanly Warfare“ ist leidlich unterhaltsam und tendenziell mehr „Guy Ritchie“-Brand als zuletzt „The Covenant“ oder „King Arthur“, ohne aber an seine frühen Höhenflüge anknüpfen zu können. (5/10)
Billy Liar (1963, Regie: John Schlesinger)
Eine Tagträumer-Komödie um die Flucht aus dem Alltag und dem Ländlichen. London ist die große Verheißung in der Ferne, aber der Schritt dorthin heißt auch, Fiktionen Wirklichkeit werden zu lassen.
Tom Courtenay spielt seinen Billy Liar mit genügend Charme, dass dessen fragwürdigen Eigenheiten immer noch akzeptabel wirken, egal ob er nun im Kopf seinen Chef niederschießt oder seine drei Freundinnen an der Nase herumführt. Emotional bleibt mir „Billy Liar“ allerdings zu sehr an der Oberfläche, lediglich die späten Szenen mit Julie Christie spüren echte Gefühle auf – allerdings stellt sich hier wieder die Frage, warum eine so faszinierende Frau nun ausgerechnet sich nach dem Kindskopf Billy sehnt.
„Billy Liar“ ist übrigens einer der Lieblingsfilme von Pete Doherty, wie er in seiner Biographie schreibt:
„I build my whole world around it. It was this surreal, grotesque portrait of small-town life in northern England and this yearning to escape. I definitely identified with the feeling of being trapped and plunging, lunging into fantasy. The way Billy was the general of this fantasy world he created in his head, Ambrosia – not that I was a dictator in my fantasy but it sounds suspiciously like Arcadia, doesn’t it? I’m sure if you went through the script of „Billy Liar“ there’d be a few Libertines lyrics in there.“
(6/10)
Das passt hier vielleicht nicht rein, aber ich erfahre gerade, dass James Chance verstorben ist.
Ich stehe unter Schock.