Love Lies Bleeding (2024, Regie: Rose Glass)
im Kino
Durch seine Verortung im White Trash und der Bodybuilder-Szene ruft “ Love Lies Bleeding” zunächst unweigerlich Assoziationen mit “Titane” hervor. Doch Rose Glass Nachfolgefilm zum ruhig-brennenden Horror von “Saint Maude” wird letztlich nicht so verstörend transgressiv wie Julia Ducournaus Cannes-Gewinner, auch wenn “Love Lies Bleeding” einiges in den Ring wirft: eine rauchendheisse lesbische Romanze, spritzendes Blut, zerplatzende Köpfe, Ed Harris’ absurde Frisur…
Eine wilde Freakshow als Modern Noir mit Kristen Stewart in ihrem Zentrum, eine junge Schwester zu Lynchs Pulp-Höhepunkt “Wild At Heart”.
Zudem hat das US-Magazin Screen mit diesem Punkt natürlich recht:
“A lesbian neo-noir drenched in brooding nightscapes, violent crime and more KStew cool than has ever been packaged in such a potent concentrate. Is there anyone who doesn’t want to watch Kristen Stewart flicking back a greasy shag, driving an old pickup and chain-smoking in tank tops?“
(7/10)
Challengers (2024, Regie: Luca Guadagnino)
im Kino & zum Kauf bei vers. Anbietern
Am Ende ist es wahrscheinlich Zeichen der Güte von Guadagninos Regie, dass „Challengers“ so gut unterhält, obwohl alle drei Protagonisten in dieser Menage à trois auf den Tennisplätzen der Welt herzlich unsympathische Schemer sind (und nicht unbedingt von den besten Schauspielern ihrer Zeit dargestellt werden).
Die über viele Rückblenden und Zeitsprünge unnötig komplex erzählte Geschichte gewinnt immer dann, wenn wir die Winkelzüge ahnen, die hier dem einen oder der anderen eine Thirty-Love-Führung einbringen sollen.
Andererseits kann ich mich tatsächlich jetzt schon nicht mehr daran erinnern, wie die ganze Chose nun ausgegangen ist? Nun ja, der Weg war das Ziel!
Ziemlich präsent ist übrigens der Soundtrack von Trent Reznor, der hier erstaunlich Pop agiert und mit seinen M83-esquen Synthie-Hämmern oftmals lauter spielt als die Dialoge der Hauptfiguren. (6/10)
The Last Stop in Yuma County (2023, Regie: Francis Galluppi)
Eine klassische Coen-Eskalationsspirale, hier fast ausschließlich in einem Diner an der letzten Tankstelle vor Wüste stattfindend.
Manchmal spielt „The Last Stop in Yuma County“ vielleicht etwas zu offensichtlich damit, dass die Absurdität der Eskalation bei aller Brutalität natürlich einen unausweichlichen Humor in sich trägt, aber dafür gefällt mir die Entschlossenheit mit der dieser „Mexican Standoff“ von einem Film bis zum Ende durchbuchstabiert wird.
Ein schöner kleiner Film über Gier und ihre Folgen. (7/10)
Mars Express (2023, Regie: Jérémie Périn)
zur Leihe bei Apple
Toller französischer Anime, der eine Zukunftswelt mit denkenden, lebenden Robotern entwirft und glaubwürdig umsetzt. Das Worldbuilding ist überzeugend, die Film Noir-ige Geschichte spannend und die grundlegenden philosophischen Fragen zu Bewusstsein & Co aktuell.
Ledlglich die letztendliche Auflösung der ganzen Geschichte springt unter seinen vorher gelegten Messlatten hindurch und wirkt beinah profan im Vergleich zu den vorher angestossenen großen Weltfragen.
Dennoch: ein überzeugender Ritt in die Welt von morgen, für den man sicher kein Anime-Freak sein muss. (7/10)
The First Omen (2024, Regie: Arkasha Stevenson)
bei Disney+
Vor allem in seinem Prolog spielt „Das erste Omen“ schön mit einer 70er Jahre Ästhetik des Horrorfilms und – auch wenn das nah am Pastiche war – hätte für mich gern der restliche Film visuell ähnlich gestaltet sein dürfen.
Danach wird es etwas konventioneller und jetztzeitiger, aber „Das erste Omen“ bleibt bis zum Ende ein solider, überdurchschnittlicher Teufelsgeburtsfilm – auch wenn sich der große Twist für den erfahrenen Seher natürlich schon zeitig abzeichnet. (6/10)
Die Missetäter / The Delinquents (2023, Regie: Rodrigo Moreno)
bei mubi
Da klang die Idee verlockender als die Ausführung; einen kleinen Heist-Film drehen, dem es hauptsächlich um das Innenleben seiner Akteure geht, und der mit fortlaufender Spielzeit zwei Leben spiegelt: das des ins Gefängnis Gegangenen mit dem des im Freien Gebliebenen.
Während beispielsweise Thomas Arslan gerade mit „Verbrannte Erde“ schön gezeigt hat, wie man einen Einbruchsfilm zu einer Meditation über das gelebte Leben machen kann, ohne dabei aber seine genreimmanente Dringlichkeit zu verlieren, mäandert „The Delinquents“ vor sich hin und verliert sich spätestens in seiner letzten Stunde im gänzlich Ungreifbaren. (5/10)
To Catch a Killer (2023, Regie: Damián Szifron)
bei amazon prime
Überraschend düsterer, existentialistischer Serienkiller-Film, der entgegen der ersten Erwartung mehr sein will als nur ein Police Procedural.
Problem ist hier natürlich, dass unweigerlich die Fincher-Großtaten „Sieben“ und „Zodiac“ als Vergleich in den Sinn kommen, an die „To Catch a Killer“ bei allem Bemühen selbstredend nicht heranreicht. Aber andererseits ist mir dieses vergebliche Streben lieber, wenn ein Film zumindest mehr probiert als nur die Streaming-Version eines auf second-screen-Schauer heruntergedimmten Genre-Beitrags sein zu wollen. (6/10)