vonChristian Ihle 03.11.2024

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog

Wie wurde aus dem unsicheren Sohn eines New Yorker Immobilienbesitzers der unsere Gegenwart bestimmende, überlebensgroße Donald Trump? Das will Ali Abbasi in seinem Biopic über die Trump’schen Lehrjahre erzählen.

Hier wurde ein eingebetteter Medieninhalt blockiert. Beim Laden oder Abspielen wird eine Verbindung zu den Servern des Anbieters hergestellt. Dabei können dem Anbieter personenbezogene Daten mitgeteilt werden.

Zu Beginn des Films treibt der junge Donald Trump noch die Miete in den schöbigen Hochhausblocks seines Vaters ein und sehnt sich danach, von anderen gesehen, akzeptiert zu werden. Nachdem er den mit harten Bandagen arbeitenden Anwalt Roy Cohen kennenlernt, beginnt Trumps Stern zu steigen.

Mit jeder Näherung an die Jetztzeit wird Sebastian Stans Donald J. auch mehr zu jenem Trump, den wir heute kennen. Stan bestreitet eine erstaunliche, glaubwürdige Reise mit seinem Charakter. Er vermeidet die allzu leichte Karikatur als Witzfigur, sondern legt in seinem späteren Trump viel mehr die Niederträchtigkeit dieser Person an. Dennoch bleibt Trump auch in Abbasis Lesung eine Hülle ohne Herz, unergründlich in seiner Motivation. Selbst in einem Gespräch von Trump mit seinem eigenen Biographen bleibt “The Apprentice” hilflos und stellt das auch selbst aus: warum tickt dieser Mann so? Kann das “Gewinnen wollen” wirklich alleiniger Antrieb sein? Abbasi und Screenwriter Gabriel Sherman bleiben so ratlos wie wir alle.

So ist die eigentlich zentrale Figur des Films am Ende Trumps Lehrmeister Roy Cohen, der von Jeremy Strong (“Succession”) brillant gespielt wird und im Gegensatz zu Trump bei aller Abscheulichkeit auch immer noch ein Stückchen Menschsein durchblicken lässt. Hat der Film ein Herz, so schlägt es in Strongs Roy Cohen.

Die filmische Umsetzung ist im Besonderen zu loben: die Ästhetik der späten 70er und 80er wird adäquat in einem Look eingefangen, der nicht Verkleidungstheater sagt, sondern allein über sein filmisches Material einen direkten Erinnerungshaken setzt, eine (im besten Sinn) VHS-Qualität transportiert.

Abbasi gelingt die schwierige Historisierung einer die Jetzt-Zeit bestimmenden Figur. Sein “The Apprentice” fühlt sich aufrichtig, echt an. Was bei einem Sujet wie Donald Trump nun wirklich keine kleine Leistung ist.


Fun Fact: einen schönen Netflix-Diss hat Abbasi geliefert, nachdem der US-Streaming-Gigant von einer Finanzierung des Films abgesehen hat:
“Director Ali Abbasi said Netflix turned the film down “Because they have millions of MAGA subscribers in the U.S., which is by far their biggest market. On a business level, I totally understand that. If you’re in the toilet paper business, you don’t want to alienate half the ass-wiping public. You want to sell toilet paper to everyone.””

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2024/11/03/the-apprentice-das-werden-des-donald-j-trump/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert