vonChristian Ihle 21.01.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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To The Moon (2024, Regie: Greg Berlanti)
auf apple+

Während Apple zwar wenige, aber durchaus bemerkenswerte Serien produziert, sind die Spielfilme doch zumeist wirklich arges Middle Of The Road Futter.

So auch „To The Moon“, das gefällig zwischen RomCom und Marketingdrama sitzt, wenn Scarlett Johannsson als weibliche Don Draper gegen den Willen des widerborstigen NASA-Ingenieurs Channing Tatum die Mondfahrt medial reizend verpacken soll. Natürlich wird der Mondlandungsmythos thematisiert, aber Spannung kommt kaum auf und auch die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern bizzelt nun nicht wie verrückt.

Nett, aber völlig belanglos – gerade im Vergleich zur sehr guten NASA-Apple-Serie „For All Mankind“. (5/10)

Carry-On (2024, Regie: Jaume Collet-Serra)
auf Netflix

Nach den eher katastrophalen Ausflügen ins ganz große Hollywood-Big-Budget-Land („Jungle Cruise“, „Black Adam“) kehrt Jaume Collet-Serra mit der Netflix-Produktion „Carry-On“ wieder in sein klassisches Thriller-Genre zurück – und landet erneut einen handwerklich gut gemachten, spannenden und vergleichsweise minimalistischen Thriller in der Abflughalle eines Flughafens.

Gegen Ende knabbert „Carry-On“ zwar hart am „suspension of disbelief“, aber bis dahin läuft dieses „Stirb Langsam 2“ für die Netflix-Generation wie ein kleines Uhrwerk ab. (6/10)

Alles steht Kopf 2 (2024, Regie: Kelsey Mann)
auf Disney+

Der auch schon wieder fast zehn (!) Jahre alte Vorgänger ist für mich einer der ganz großen Pixar/Disney-Filme der letzten Zeit. Ein smarter, lustiger, mitreissender Film, der so viel Spaß macht wie er intelligentes über ein junges Menschlein und sein Innenleben zu sagen hat.

Die Fortsetzung ist sicher kein schlechter Film und vor allem erfreulich un-nervig, aber kann die Magie des Originals nicht so ganz wiedererwecken. Zwar ist die Idee an sich gut, „Inside Out“ einige Jahre später im Leben der gleichen Protagonistin spielen zu lassen und im Kopf ihre Emotionen nun die Pubertät durchleben zu lassen, aber auf diesem Weg ist die eindeutige Definition der „Emotions-Charaktere“ ein wenig verloren gegangen, nicht alles fühlt sich so schlüssig an wie im ersten Teil.

Aufgrund meiner hohen Erwartungen eine milde Enttäuschung, aber objektiv gesehen sicherlich dennoch einer der besten Kinder-Zeichentrick-Filme der letzten Zeit. (6/10)

Mufasa: The Lion King (2024, Regie: Barry Jenkins)
im Kino

Meine erste Begnung mit Disneys neuer Geldmelkmaschine „Live Action Remake“ alter Zeichentrickfilme, wobei „Mufasa“ die Originstory hinter „König der Löwen“ erzählt.

Trotz durchaus beeindruckender Tricktechnik sitzt aber auch „Mufasa“ immer noch fett im Uncanny Valley, insbesondere dann, wenn die Tiere anthropomorphisiert werden.

„Mufasa“ ist bei weitem mehr Abenteuer- als Kinderfilm und damit einerseits zu aufregend für die Kleinen, andererseits aber auch emotional zu platt für die Erwachsenen. (5/10)

Spinning Man (2018, Regie: Simon Kaijser)
auf amazon prime

Durchaus interessanter Thriller, der aber seine Themen nicht ordentlich genug ausrollt.

In „Spinning Man“ geht’s um die Frage der Zuverlässigkeit von Erinnerungen im Kleid einer Polizeiermittlung über ein verschwundenes Mädchen. Guy Pearce als Verdächtiger mit unzuverlässigen Erinnerungen, das schreit natürlich: „Memento“. Doch so stark wie Nolans Mindfuck-Thriller ist „Spinning Man“ nicht geraten, vor allem weil sich die Geschichte seltsam stumm auflöst, eher in einem Nichts ausplätschert als dass er die vorher durchaus geschickt aufgebauten Themen noch einmal zuzuspitzen würde.

Unterhaltsam, aber unbefriedigend. (5/10)

Deine besten Jahre (1999, Regie: Dominik Graf)

Ein so schräger Fernsehfilm von Dominik Graf, dass man ihn fast schon wieder bewundern muss. Was als Ehedrama beginnt, entwickelt sich zum irrealen Psycho-Krimi, um letztlich bei einer Aufsichtsrat-Auseinandersetzung zu enden. Kein Wunder, dass Martina Gedeck in der letzten Szene einen Sprung in einen Eis-Pool braucht, um den Kopf klar zu bekommen!

Von Graf gewohnt eigen inszeniert (Zooms, Spiegel, Genuschel), leidet „Deine besten Jahre“ etwas an seinem Drehbuch, das zu viel will und dann zu sprunghaft wird. (6/10)

Kleine schmutzige Briefe (2023, Regie: Thea Sharrock)
auf amazon prime

Schimpfen und Beleidigen klingt auf englisch einfach so viel schöner, vor allem wenn vorgetragen von einer hongkuchenpferdgrinsenden Olivia Colman!

Davon lebt „Wicked Little Letters“ in seiner ersten Hälfte, wenn rätselhafte Briefchen mit wüstesten Beschimpfungen in einem englischen Dörfchen in den 1920ern umgehen und jede/n rauf und runter beleidigen als gäb es keinen Morgen mehr (wahre Geschichte, übrigens!).

Leider weiß Thea Sharrock mit dieser schönen Ausgangssituation nicht allzu viel anzufangen und so verendet „Wicked Little Letters“ als Emilia-und-die-Detektive-Krimichen mit Pro-Frauenrechte-Subtext. Gut und schön, aber nicht mehr wirklich unterhaltsam.

Wie toll Olivia Colman als Schauspielerin ist, zeigt sie aber selbst in so einer kleinen Krimi-Komödie: während alle hier grimassierend den nächsten Gag unterstreichen (leider auch die sonst oft gute Jessie Buckley, die hier als irisches Rebellen-Girl viel zu dick unterstrichen spielt), trägt Colman nur dieses verschämte Lächeln, das zugleich Stolz, Überraschung über das Selbst und Angst um jede Übertretung im gleichen Moment signalisiert und damit mehr über das Frauenrecht-Thema des Films in einem Gesichtsausdruck sagt als alle Dialogzeilen – und dennoch jeden Scherz für sich leben lässt. Toll! (6/10)

Das Irrlicht (1963, Regie: Louis Malle)
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Louis Malles Weltverdruss-Film von 1963 basiert auf der gleichen Roman-Vorlage wie Joachim Triers Depressions-Meisterwerk „Oslo, 31. August“ und erzählt ebenfalls von den letzten zwei Tagen im Leben eines jungen Mannes. Er begibt sich auf eine Odysee durch Stationen seines Lebens, sucht nach alten Begegnungen und neuen Hoffnungen und kann am Ende doch nur konstatieren, dass nichts wirklich ein Weiterleben lohnt.

Malles Version erreicht nicht die drückende Schwere von Triers Skandi-Variante und leidet in seiner ersten Hälfte daran, dass wir keinen rechten Zugang zur lebensmüden Hauptfigur finden. Gegen Ende spitzt sich aber auch das innerliche Kämpfen seines Alain hinreichend zu, um zu berühren und zu verstören. (6/10)

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