vonChristian Ihle 11.02.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Maria (2024, Regie: Pablo Larraín)
im Kino

Nach „Jackie“ (Kennedy) und (Diana) „Spencer“ nimmt sich Pablo Larrain mit „Maria“ (Callas) einer weiteren weiblichen Ikone des 20. Jahrhunderts an.

Das Bio-Pic der Opernsängerin erzählt Larrain über die letzten 10 Tage im Leben der Callas (Angelina Jolie). Dabei ist ihm ein erfreulich verspielter, geradezu verspulter Film gelungen, der die mit der medikamentösen Überdosierung einhergehenden Wahnbilder von Maria Callas wunderbar einfängt, wenn sie beispielsweise von einem fiktiven Filmteam um einem Journalisten, der mit „Mandrax“ den gleichen Namen wie Callas‘ favourite drug trägt, durch Paris begleitet wird und dort von ihrem Leben auf den Bühnen und im Herzen von Aristoteles Onassis erzählt. Beinah schade, dass Beineix schon in den 80er Jahren den Filmtitel „Diva“ besetzt hat, denn Jolie/Callas geben hier eine überdivengroße Performance, DIVA wird hier wirklich ausbuchstabiert, großgeschrieben und nochmal mit dem Glitzerstiftchen unterstrichen.

Nachdem sich Larrain bereits bei „Jackie“ mit der *anderen* Frau des griechischen Reeders beschäftigt hat, darf man gespannt sein, welches Kapitel in seinem nun offensichtlich gestarteten „Onassis Cinematic Universe“ er als nächstes aufschlagen wird! (6/10)

Bad Director (2024, Regie: Oskar Roehler)
zur Leihe

Roehler does Roehler in Roehler-Style. Das Enfant Terrible des deutschen Kinos und einer der letzten verbliebenen Auteurs geht auf die 12 in der Verfilmung seines eigenen Buchs über sein eigenes Leben mit einem Oliver Masucci in der Hauptrolle als Gregor Samsa, der aber so offensichtlich Oskar Roehler ist, dass der arme Masucci entstellter wirkt als in seiner goldenen Fassbinder-Rolle in Roehlers RWF-Bio.

Ein seltsamer Film, der so heftig unangenehm sitzt, wie es schon die erste Szene verspricht: da nimmt Masucci als Roehler, sorry „Gregor Samsa“, eine Prostituierte von hinten, die dabei einen Dürum Döner isst. Die Roehler’schen Tiraden gegen die Dummheit seiner Schauspieler, die Beschränktheit der deutschen Filmszene, die Affenarschigkeit der Bürokratie macht Spaß, ist aber so platt gespielt, dass es fast nicht auszuhalten ist (und wohl beabsichtigt sein muss).

Ich bleibe rätselnd zurück und bekomme irritierenderweise beim Schreiben dieser Zusammenfassung fast Lust, den Film noch einmal zu schauen, obwohl er doch eigentlich misslungen ist. Sowas bekommt wohl auch nur Roehler hin. (5/10)

Wolf Man (2025, Regie: Leigh Whannell)
im Kino

Der „Saw“-Autor Leigh Whannel nimmt sich fünf Jahre nach der gelungenen „Invisible Man“-Neuauflage einer weiteren Legende des Universal-Monster-Universums an.

Seine Werwolf-Geschichte um den „Wolf Man“ ist erstaunlich nachdenklich und emotional geraten. Whannel erzählt in erster Linie die Geschichte einer Familie, erst in zweiter Hinsicht einen Horrorfilm. Bis auf eine verhältnismäßig kurze Eskalation zwischen zwei Lykanthropen – der Wolf ist dem Wolf ein Wolf – bleibt sein Fokus vor allem auf der Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern. (6/10)

Scream VI (2023, Regie: Matt Bettinelli-Olpin, Tyler Gillett)
auf Netflix

Beginnt mit einer guten Einführungssequenz und wird dann beinah minütlich schlechter bis zu einem wirklich hanebüchenen Finale in grässlichstem Overacting (looking at you, Hayden Panettiere!) (4/10)

Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves (2023, Regie: John Francis Daley, Jonathan Goldstein)
auf Netflix

Tatsächlich unterhaltsamer als gedacht, eine Art Comedy-Version von Game Of Thrones – Tropes.

Bis zum großen Endfight ist meine Aufmerksamkeit zwar ziemlich ermüdet, aber offensichtlich hatten alle ihren Spaß an diesem Film und im Zweifel ist es wahrscheinlich die bessere Idee, die Chose mit Augenzwinkern statt Pathos zu erzählen.

MVP: Eulenbär. (6/10)

Once in a Lifetime: The Extraordinary Story of the New York Cosmos (2006, Regie: Paul Crowder, John Dower)
auf Netflix

Recht unterhaltsame Dokumentation über Cosmos New York (oder wie man in den USA wohl liebevoll bis ehrfürchtig gesagt hat: The Cosmos), das in den 70ern den guten alten Fußball in der neuen Welt bekannt machen wollte. Und es verursacht schon Gänsehaut, wenn man Pele & Franz Beckenbauer mit Carlos Alberto über den Rasen fegen sieht. Noch besser natürlich die Kabinen-Aufnahmen, wenn sich alle halbnackt in besten 70er Frisuren duschen und Mick Jagger oder Andy Warhol in der Ecke stehen.

Regisseur John Dower zeichnet sich auch für die große Brit-Pop-Doku „Live Forever“ sowie die tolle Tour de France – Historie über den Zweikampf von Greg Lemond vs. Bernard Hinault („Slaying the badger“) verantwortlich und erzählt hier nicht nur eine schöne Geschichte aus unschuldigen Fußball-Zeiten (oder, arguably, über den Moment, als der Fußball seine Unschuld verlor), sondern hat auch dank des damaligen Cosmos-Stürmers Giorgio Chinaglia einen schönen Bösewicht, den absolut ALLE in diesem Film hassen. Wüsst ichs nicht besser, man könnt denken, James Gandolfini hat seinen Tony Soprano mit Chinaglia als real life Vorbild angelegt!

Zwar war der US-Fußball damals ganz offensichtlich ein Zirkus, der aber mehr Fun als die MLS derzeit verspricht.

Informativ, manchmal fast schon zu schnell erzählt und mit geilen 70er Jahre Bildern. (7/10)

Napoleon (2023, Regie: Ridley Scott)
auf AppleTV+

In seinen Schlachtengemälden ein überzeugender Film, aber wer um alles in der Welt will dazwischen ständig mit dem Ehe-Kleinkrieg von Herrn und Frau Bonaparte belästigt werden? Verschärfend kommt noch hinzu, dass zwischen Joaquin Phoenix und Vanessa Kirby so wenig Funken sprühen, als wär das Feuer noch nicht erfunden worden, und dieses Hin-und-Her in keiner Weise nachvollziehbar oder gar nachfühlbar wird. Wirklich schade für die zum Teil auch innovativ bebilderten Großkampftage, von denen im Besonderen noch mal die Schlacht auf einem zugefrorenen See herausragt. (5/10)

Killers of the Flower Moon (2023, Regie: Martin Scorsese)
auf AppleTV+

Mit Scorsese muss wirklich mal jemand reden und ihm die Filmschere in die Hand drücken: „Silence“ 161 Minuten, „The Irishman“ 209 Minuten und „Killers Of The Flower Moon“ 206 Minuten… Höchstens „The Irishman“ hat mit viel gutem Willen seine Spielzeit gerechtfertigt, die beiden anderen versacken aber in der Ödnis einer horizontalen Erzählung. Gerade „Killers…“ ist hier enttäuschend, denn zwei gute Stunden lang ist Scorseses Film über die Ermordung der Osage durch ölgeldgierige weiße Männer eine zwar gut gemeinte Geschichtsstunde, aber ohne jeden Zug.

Respekt allerdings vor Leo DiCaprio, der es über die Spielzeit von mehr als drei Stunden schafft, diesen einen Gesichtsausdruck zu bewahren, der signalisiert, dass hier wirklich jemand ganz dringend groß aufs Klo muss.

Erst mit Auftauchen von Jesse Plemons FBI-Agent findet der Film eine Richtung, erzählt dann aber kurioserweise viel zu stromlinienförmig sein Ende. In dieser Struktur hätte „Killers…“ vielleicht als Mini-Serie oder gar historische True-Crime-Doku-Staffel besser gewirkt, aber als Kinofilm überstrapaziert der Meister hier meine Geduld doch enorm. (5/10)

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