vonChristian Ihle 18.02.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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The Ice Tower (2025, Regie: Lucile Hadžihalilović)

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Ein kaltes, modernes Märchen über ein Mädchen, das auszieht, um ihre Schneekönigin zu finden.

Lucile Hadzihalilovic grundiert ihre dunkle Fairytale aber klar in einer realen Welt. Dank des Kniffs, dass die Heldin nach ihrem Ausreissen von Zuhaus an einem Drehort eines Films über jene Schneekönigin Unterschlupf findet, kann sie zauberhafte, anderweltliche Sets zeigen, aber dennoch eine Geschichte über die Lostness und das Sehnen im Jetzt erzählen.

Atmosphärisch findet Hadzihalilovic immer wieder Bilder, die an David Lynch erinnern, wenn unsere Hauptperson durch lange Gänge geht („Lost Highway“), aus einem Kleiderschrank heimlich beobachtet („Blue Velvet“), eine in Großaufnahme gefilmte, behandschuhte Hand ein Schmuckstück aufhebt („Twin Peaks“) oder die böse Hexe des Winters zu unserer Heldin spricht („Wild At Heart“).

Nur findet „The Ice Tower“ bei all diesen schönen Bildern keine rechte Geschichte, die erzählt werden möchte, so dass man letztlich etwas schulterzuckend vor einem rätselhaften Film sitzt.

Hysteria (2025, Regie: Mehmet Akif Büyükatalay)

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Ein Höhepunkt der Berlinale! „Hysteria“ erzählt eine verschachtelte Geschichte um eine Filmproduktion zu den Neonazi-Brandanschlägen in Solingen – als aber bei dem nachgespielten Attentat ein echter Koran verbrannt wird, regt sich Unmut in der Darsteller-Riege, der Film steht kurz vor dem Abbruch und dann verschwinden auch noch die Filmkassetten jenes Tages. Wer war’s? Die dusselige Regieassistentin? Einer der sich echauffierenden Schauspieler? Oder doch der Regisseur selbst aus Angst vor der eigenen Courage?

Aus einem ernsten Start entwickelt sich ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel, das zugleich noch einen schönen Meta-Kommentar über Kunst und Empfindlichkeiten, Narzissmus und Lippenbekenntnisse, White Privilege und soziale Klassen formuliert. Das Ende eskaliert in einer Aussprache „Gott des Gemetzel“-Style, wenn wirklich alle Seiten sich gegenseitig nicht nur die Tat selbst vorwerfen, sondern mit ihren Vorurteilen am Tisch den Anderen ohne Ansehen der Person bewerten.

Auch wenn hier der eine oder andere Knoten zu viel gedreht wird, ist „Hysteria“ ein beeindruckender Film, der auf mehreren Ebenen wirkt.

This year’s „Das Klassenzimmer“!

Islands (2025, Regie: Jan Ole Gerster)

Jan-Ole Gersters erster internationaler Film nach seinen beiden hervorragenden Berlin-Trips „Oh Boy“ und „Lara“ spielt auf Fuerteventura mit Stacy Martin und Sam Riley. Letzterer ist ein gutaussehender, aber auch abgewrackter Tennislehrer in einer Hotelanlage, der nach dem Platzen seines Profitraums nun Kids und Opas in der Kunst der schönen Vorhand unterrichtet und dazwischen die Mütter bzw. Töchter abschleppt.
Als er einem gleichaltrigen englischen Pärchen begegnet, spürt er die Vibes einer kaputten Beziehung und entwickelt mehr Interesse für die Frau als er gewohnt ist.

Gersters eher langsam erzählter Film handelt lange nur vom Kennenlernen und den zwischenmenschlichen Dynamiken sowohl innerhalb des Paares als auch mit Blick auf den neu dazugekommenen Außenseiter.

In seiner zweiten Hälfte schiebt sich durchs Verschwinden einer der Personen vorsichtig ein Krimi-Plot über die Geschichte, doch letztlich wirft Gerster seine Protagonisten wieder zurück auf die Frage nach der Möglichkeit eines glücklichen Lebens – ein Antonioni im All-Inclusive-Resort – und ignoriert jene nach dem „wer war’s“. So wirkt „Islands“ weniger dringlich als er sein könnte, stellt aber bohrende Fragen nach dem wohin.

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https://blogs.taz.de/popblog/2025/02/18/berlinale-4-the-ice-tower-islands-hysteria/

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