Ich will alles! Hildegard Knef (2025, Regie: Luzia Schmid)
„Von nun an ging’s bergab“ heißt ein schöner, sehr autobiographischer Song von Hildegard Knef. Und natürlich ging es oft genug auch bergauf, damit es wieder bergab gehen konnte. Die Knef’sche Achterbahnfahrt ist also wie geschaffen für eine mitreissende Dokumentation: Kriegsjugend, Nazifreund, erster Star des BRD-Kinos, drei Jahre Flop in Amerika, umjubelte Rückkehr, erster Skandal des Nachkriegskinos, begeisterte Broadway-Auftritte, schlechte Filme, große Big-Band-Gesangskarriere, Krankheiten, selbst in Amerika mit Kritikerlob aufgenommene Autorin, Scheidung, Heirat, noch mehr Krankheit, noch mehr Lieder.
Deshalb kann eine Knef-Doku natürlich gar nicht langweilig werden, aber „Ich will alles!“ ist dennoch nicht die Lebensbetrachtung, die Deutschlands größte Chansonnier verdient hätte. Zwar wurde zum Glück sparsam mit dem Einsatz von talking heads umgegangen, aber dennoch zerstören diese Einschnitte die wunderbare BRD-Nachkriegspatina, die der Film sonst dank seiner reichen Originalaufnahmen hat. Die sturköpfige Intelligenz von Hildegard Knef in diesen alten Interviews zu hören ist wunderbar, den Glanz & Glamour ihrer Person fängt „Ich will alles!“ aber zu wenig ein.
Lesbian Space Princess (2025, Regie: Leela Varghese, Emma Hough Hobbs)
Sicherlich einer der frechsten Filme im Berlinale-Programm der letzten Jahre. Ein Zeichentrickfilm über die introvertierte Weltraumprinzessin Saira, die ihren Heimatplaneten Clitopolis verlassen muss, um ihre von den Straight White Maliens gekidnappte Exfreundin zu befreien. Phallushafter Endgegner mit tödlicher weißer Ladung natürlich inklusive.
Das könnte entweder zu albern oder zu „bemüht divers“ sein, ist aber einfach sehr lustig, flott inszeniert und am Ende sogar etwas rührend.
Geheimtipp!
The Swan Song of Fedor Ozerov (2025, Regie: Yuri Semashko)
Seine Gitarre ist verstimmt. Fedor (25) auch. Zum Jahresende hagelt es News über den drohenden Dritten Weltkrieg, er lauscht verkatert. Während Schwester Nina auf Aktivismus gepolt ist, versetzt den apathischen Musiker nur eines in Aktion: der Wunsch, eine Band zu gründen und Songs zu schreiben.
Rock’n’Roll, Alkohol, trockener Humor – der belarussische Film „The Swan Song of Fedor Ozerov“ vom im polnischen Exil lebenden Regisseur Yuri Semashko spielt wie eine grindige Punkversion eines Kaurismäki-Films und ist ein wunderbar trockener, aber auch nihilistischer Kommentar zur Kraft der Kunst im Moment der Katastrophe.