vonChristian Ihle 09.05.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Es klingt nach Wahnsinn und funktioniert doch: Free Jazz!

Spaß beiseite, meine eigentlich: das zweieinhalbstündige Doku-Essay „Soundtrack to a Coup d’État“ von Johan Grimonprez, das die Geschichte der Befreiung Afrikas aus kolonialen Fesseln, die Intrigen des Westens, den Kalten Krieg, die Instrumentalisierung der UNO sowie Aufstieg und Fall von Patrice Lumumba mit der Historie des Jazz verschränkt.

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Grimonprez erzählt seine komplexe Geschichtsdoppelstunde mittels Montage von Originalbildern, Godard’schen Texttafeln, Originaltönen und – immer wieder zwischengeschnitten – Aufnahmen von Jazzheroen. Mit seinem Blick auf Dizzy, Armstrong & Co bringt er zugleich die Komplexität of the modern world auf den Punkt: einerseits ist Jazz natürlich selbst eine Entfesselung, andererseits wurden genau jene Protagonisten aber durch die im Hintergrund von der CIA angeleiteten kulturellen Aktionen auch unwissentlich Botschafter eines ihnen doch feindlich gesinnten Systems.

Will man „Soundtrack to a Coup d’État“ ganz durchdringen, benötigt es schon einiges an Hintergrundwissen um Kongo, Lumumba und den Kampf Afrikas um Selbstständigkeit, da Grimonprez eben nicht explizit seine Analyse formuliert, sondern die Originaltexte für sich sprechen lässt. Doch Grimonprez ‚Soundtrack‘ ist eben keine Geschichtsdoku der ARD, sondern will über Montage von Bildern ein gefühltes Verständnis der Zusammenhänge erzeugen – und das gelingt ihm so vollkommen, dass man am Ende mit gestreckter Faust die kongolesische Region Katanga befreien möchte.

Ob immer jede Verbindung zu seiner parallelen Musik-Historie zwingend ist, steht auf einem anderen Blatt, aber das wäre wohl ein Buchhalter-Blick auf einen filmischen Free Jazz – Ansatz. (8/10)

Noch bis 29.6. in der ARTE Mediathek

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