vonChristian Ihle 05.08.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Gladiator II (2024, Ridley Scott)
auf Paramount+

„Gladiator 2“ ist im Grunde „Gladiator“ auf campy Stereoiden. Die Geschichte spiegelt ziemlich arg die Originalstory, selbst der verrückte Imperator, der für Joaquin Phoenix damals der große Durchbruch war, wird wieder eingeführt – nur diesmal im Doppelpack als zwei noch verrücktere und (leicht queer wirkende?) Königsbrüder. Die Schauwerte sind größer, aber auch absurder. Hätte ich zwingend tollwütige CGI-Affen und Haie im Colosseum* gebraucht? Vielleicht überraschende Antwort: nein, sonst hätte ich auch gleich „Gladinado“ einschalten können.

Der sich leider zu früh aus dem Film verabschiedende Pedro Pascal spielt als einziger seine Rolle mit einer gewissen Gravitas, alle anderen albern und chargieren sich durch ihre grob gemeiselten Charaktere, was auch für den undurchsichtigen Strippenzieher gilt, den Denzel Washington mit ordentlich Overacting performed.

So wirkt „Gladiator 2“ wie ein Best Of Sandalenfilm im aufgemotzt-stumpfen, modernen Remix. (5/10)

Smile 2 (2024, Parker Finn)
auf Paramount+

Während ich bei Teil 1 noch rätselte, warum gerade ein zwar dank effektiver Jump Scares und einem guten Gimmick ganz unterhaltsamer, aber letztlich inhaltlich durchschnittlicher Horrorfilm für so große Publikumswellen gesorgt hatte, ist die Fortsetzung nun ein großer Sprung nach vorne.

„Smile 2“ ist tatsächlich auf jeder Ebene der bessere Film: die Bilder sind diesmal wirklich Kino, die Performances (Naomi Scott!) stärker und die Geschichte in sich runder. Auch wenn das Ende nicht ganz landet und doch eine Ebene zu viel einschiebt, ist Parker Finns Fortsetzung seines Überraschungshits von 2022 eine erfreuliche Überraschung. (7/10)

Conan O’Brien: The Kennedy Center Mark Twain Prize for American Humor
auf Netflix

Das kann das amerikanische Fernsehen bzw. die dortige Comedy-Szene einfach gut: eine Ehrung eines Helden mit gleichzeitiger Verhohnepipelung zu garnieren.

Bei jedem der Redner kann man die aufrichtige Verehrung für Conan O’Brien heraushören und doch sind die Geschichten über ihn und die Scherze auf seine Kosten einfach wahnsinnig lustig. Sarah Silverman very edgy mit Vagina- UND Hitler-Scherzen, selbst Adam Sandler mit ungefähr 100mal mehr LOLs als in all seinen Filmen zusammen, Kumail Nanjiani mit einem Pseudo-TED-Talk über Conans Karriere – um nur drei Höhepunkte herauszugreifen. (8/10)

Broker (2022, Hirokazu Kore-eda)
zur Leihe

Typisches Kore-eda-Kino: warmherzig gerade da den Humanismus suchend, wo er nicht zwingend vermutet wird.

Hier: in einer Gelegenheitsbande von Baby-Verkäufern. Klingt erstmal nach schlimmster Untat denkbar, doch die Kinder stammen aus der Babyklappe und die Käufer sind verzweifelte Adoptionssucher. Klar, Eigennutz ist auch dabei, doch wenn man die Komplizen bei der liebevollen Babypflege sieht, wirken sie eher wie die Kindergartenbetreuer, die man sich immer gewünscht hätte.

Auch in „Broker“ bildet wieder eine zusammengewürfelte Bande am Rand der Gesellschaft eine Kleinfamilie, die sich gegenseitig stützt. Wenig verwunderlich, dass „Broker“ damit an „Shoplifters“, seinen Cannes-Gewinner von 2018, erinnert. (6/10)

Pussy (2016, Renata Gąsiorowska)
auf mubi

Animierter polnischer Kurzfilm über die vergebliche Suche einer jungen Frau nach etwas Ruhe zur Masturbation, der Minute um Minute surrealer wird und so durchaus an den proto-feministischen Dadaismus von Věra Chytilová erinnert. (6/10)

Venom: The Last Dance (2024, Kelly Marcel)
auf Netflix

War der erste „Venom“-Film noch eine schöne Überraschung dank der eigenen Überforderung, ein menschenfressendes Monster zur positiven Hauptfigur umzudeuten, sind die beiden Fortsetzungen leider wirklich ganz schlimmes Kino, das mal wieder dem alten Superhelden-Sequel-Schicksal des „höher schneller weiter“ zum Opfer fällt. Mehr Venoms macht nicht mehr Spannung, for god’s sake! Besseres Drehbuch, mehr Erdung, das würde helfen!

Jedenfalls amplifiziert „Venom: The Last Dance“ all die schlechten Anlagen des Originalfilms und vergisst dabei das wenige gute. Hoffentlich verspricht der Filmtitel „The Last Dance“ nicht zuviel und es hat sich hiermit wirklich ausgetanzt. (3/10)

Dealer (1999, Thomas Arslan)
auf mubi

Auch 1999 kombinierte Thomas Arslan schon Berliner Schule- Ästhetik (hieß das damals eigentlich schon so?) mit Genre-Inhalten.

Hier: der junge Berliner Dealer, der aufsteigen will, aber von der (sehr unglamourösen!) Unterwelt ständig wieder zurückgezogen wird. Doch in „Dealer“ muss sich unsere Hauptfigur eben auch mit echten Lebensproblemen herumplagen wie der enttäuschten Freundin oder schlicht: Zeit finden, um sich mit seinem kleinen Kind zu beschäftigen.

Das ist jetzt nicht zwingend spannend, aber doch eine gute Milieustudie, die jede Glamorisierung vermeidet. (6/10)

Maximum Security / Corrective Measures (2022, Sean Patrick O’Reilly)
auf amazon prime

Als einige Menschen übernatürliche Fähigkeiten entwickeln, werden sie in ein extra dafür gebautes Gefängnis verfrachtet, um diese Kräfte zu neutralisieren. „Corrective Measures“ aka „Maximum Security“ ist also im Grunde ein „X-Men“ im Knast.

Michael Rooker als Gefängnisvorsteher spielt als wäre Overacting seine ganz persönliche übernatürliche Fähigkeit, aber dafür findet der Film für Bruce Willis in seiner Spätphase mal eine ungewöhnliche Rolle: Willis sitzt zwar mehr oder weniger den ganzen Film nur auf seiner Pritsche in der Gefängniszelle, aber ist dort als übersmartes Mastermind platziert, was er mit all der Bruce inhärenten Coolness auch locker runterspielt. Alles in allem sicher einer der besseren Willis-Filme der Spätphase, aber natürlich auch mit ordentlichen Längen. (4/10)

(Bruce Willis Film #106)

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