vonSigrid Deitelhoff 21.06.2011

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

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Wie kommentierte eine Fernsehmoderatorin vor ein paar Tagen das 3:0 der deutschen Frauennationalmannschaft gegen Norwegen: “Die Männer schreiben ein Sommermärchen, die Frauen holen die Pokale”

In Anbetracht solcher klugen Aussagen, versuchten wir vor unserer anstehenden Kanadareise, die gleichzeitig zur Frauenfußball-WM stattfinden wird, doch noch wenigstens im Vorfeld etwas zum Thema Frauenfußball mitzubekommen. Das ist gar nicht so einfach. Wenn ich bedenke, was für ein Hype zur letzten Fußball-WM in den Medien und vom DFB veranstaltet wurde.

Und nun kurz vor der Fußballweltmeisterschaft der Frauen: Still ruht der See bzw. das Schwimmbecken. Für den DFB scheinen nur Fußballspiele mit männlicher Besetzung beachtenswert zu sein. Verstehe ich eigentlich nicht, so gut sind die männlichen Protagonisten im internationalen Vergleich nun auch wieder nicht.

Sportnachrichten im eigentlichen Sinne finden nicht mehr statt. Der größte Teil, etwa zweidrittel der derzeitigen Fußballberichterstattung handelt von Sportverletzungen, schlechtem Benehmen und beleidigten Spielern oder davon, wer was wie und wann zum Konflikt zwischen Ballack und Löw gesagt hat. Dass scheint alles wichtiger zu sein, als über die Fußball-WM der Frauen zu berichten. Die einzigen Hinweise auf die bevorstehende Weltmeisterschaft  sind komische, teilweise peinliche bis dümmliche Werbebeiträge für den Frauenfußball, die oftmals nur knapp am Sexismus vorbeischrammen. Für so viel Mist sollten Frauen keine Fernsehgebühren mehr zahlen müssen.

Okay, genug darüber geärgert. Am letzten Wochenende ging es also mit unserer Prinzenbad-Kultur-Blind-Date-Gruppe ins Kreuzberg-Museum zur Ausstellung “Schuhgröße 37: Frauenfußball” .

Frauenfußball in der Türkei, in Berlin, Palästina und in Ägypten. Claudia Wiens, Fotojournalistin, hat junge Frauen und Mädchen mit der Kamera begleitet und mittels Fotos und Videos portraitiert. Das ist ihr gut gelungen. Immer wieder zeigt die Kamera selbstbewußte Mädchen und junge Frauen, die erzählen, wie sie zum Fußballspielen kamen und wieviel Spaß es ihnen macht. Helle, freudliche und farbenfrohe Bilder bestätigen diesen Eindruck.

 

Leicht hatten es die wenigsten Mädchen, ihre Leidenschaft durchzusetzten. Mütter und Väter, inzwischen stolz auf ihre Töchter, begegneten dieser Sportart anfangs mit größter Skepsis bis hin zu Verboten. Alle Interviews zeigen, dass das gemeinsame Fußballspielen für die Mädchen eine Hilfe bei der Identitätssuche darstellt.
Jenseits von Religions- und Nationalitätsfragen entwickeln die kickenden Mädchen eigene Integrations- und Toleranzentwürfe. Darüberhinaus lernen sie, den eigenen entwickelten Standpunkt selbstbewußt in der Familie zu vertreten. Jenseits aller theoretisch geführten Geschlechterdebatten trägt der Frauenfußball in seiner Praxis zu einem selbstbestimmten Lebensentwurf dieser jungen Frauen bei.
“Türkiyemspor sind das neue Deutschland, alles durcheinander, alles bunt gemischt. Und alle sind wir Deutsche”, sagt eine der Spielerinnen.

 

Die Ausstellung wird zeitgleich zur Frauenfußball-WM in Berlin-Kreuzberg, Istanbul-Kadiköy, Kairo, Oberägypten, Khartoum, Algier, Ludwigsburg und Ramallah gezeigt.

Übrigens: Es gibt auch ein Public Viewing im Garten des Kreuzberg Museums am 26.6.11 um 18 Uhr: Deutschland – Kanada und am 30.6.11 um 20:45 Uhr: Deutschland – Nigeria. Eine schöne Idee – begleitend zur Ausstellung.

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Alle Fotos: ©Sigrid Deitelhoff

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https://blogs.taz.de/prinzenbad/2011/06/21/blind_date_mit_den_fussballfrauen/

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kommentare

  • … ja,natürlich verblöden die nicht gleich – logisch – ausserdem kann das ja auch pyschologisch von Vorteil sein (anti – burn out … balance … Entspanntheit – Therapie – lockeres Beisammen-sein, oder wie schreibt man das, bei Bier und Blasmusik <- das nein, oder? 🙂 und natürlich halte ich die Aufmerksamkeit für die Frauen auch für sehr wichtig aus ganz verschiedenen Gründen – touristisch/wirtschaftlich und gesellschaftlich … keine Frage, das ist alles gut und eben ausserdem jeder nach seinem Geschmack …. Toleranz incl. ganz klar …. wahrscheinlich hat da meine Kritik auch mehr mit der Situation im X-berg/F-Hain zu tun – denn es stimmt schon irgendwie – so als Ureinwohner könnte man manchmal denken, es gibt hier nichts anderes mehr zu tun als Fressen, Saufen, Party, Fussball – es gibt schon auch noch Originale – auch keine Frage – eigentlich war ich nie jemand der der Weltuntergangsstimmung zustimmte – und die Mauer will ich auch nicht zurück – aber mehr Jazz und /oder Theater/Performance oder was man bei uns Kleinkunst nannte – aber auf jeden Fall einen Widerstand gegen rein kommerziielle Einheits-Tendenzen – egal ob weiblich oder männlicher Natur. Soll ich es jetzt befürworten und unterstützen, dass dei Frauen auch 1,5 Millionen pro Jahr als Gage bekommen – ja, definitiv, es ist absolut ungerecht, gegenüber der Männerbranche, dass sie es nicht bekommen (oder kriegen die das auch inzwischen mitsamt Werbe- Playboy- Verträgen usw.) – aber ok – ich verstehe schon und akzeptiere es nicht nur -. die Frauen-WM ist gesellschaftlich sehr wichtig … [trotzdem finde ich andere poltische und gesellschaftliche Aktivitäten von Frauen viel attraktiver, aber ich bin eben auch ganz einfach kein so richtiger Fussballfan mehr – ich wars mal und ich liebe immer noch Sport und denke dass das wichtig ist … und ja – einfache Begeisterung gehört auch zum Leben… )

  • Die Menschen verblöden doch nicht gleich, bloß weil sie mal 5 bis 10 Fußballspiele anschauen. Ich freu mich über das Interesse, das den Fußballerinnen entgegengebracht wird, und ich find eher befremdlich, dass ich sogar vor 4 Tagen noch jungen (!) Menschen begegnete, die noch nicht mal wußten, dass die WM überhaupt stattfindet. Und dass speziell die Frauen-WM AUCH gesellschaftlich relevant ist, zeigt sich doch an den Sprüchen, die in dem Zusammenhang gerne oszillierend-frauenfeindlich-sexistisch generiert werden, oder: und das ist noch viel wichtiger: eben NICHT! Und das freut auch die Schwimmerin.

  • … ich weiss auch nich – früher war ich mal sehr (Fernseh-) fussball interessiert (ah ja Tennis und Boris auch 🙂 – Doch was bin ich froh, dass ich diese Zeitverschwendung oder besser gesagt Drogen los bin. Wenn ich manchmal so durch Kreuzberg und auch anderswo in Berlin unterwegs bin verstehe ich die Welt nicht mehr. Als ob es in Berlin nichts Wichtigeres mehr gäbe, an jeder Ecke … so manch eine Bar war vormals vermeintlich ein Ort um interessante Leute zu sehen/treffen. Heute hat sich das inzwischen türkische “management” auf die public viewer umgestellt, die Screens und Leinwände werden immer grösser und die Kommunikation in gleichem Masse dürftiger (vermute ich mal). Irgendwie sehr öde in meinen Augen, völlig egal ob Frauen oder Männer-WM. Das sind gar nicht die Touristen die dieses flache Niveau in die bekannten Bezrike bringen – es sind die (Berliner), die schon hier sind, die da scheinbar langsam verblöden …. wenn sie wenigstens selbst spielen würden – aber stundenlang nicht viel sagend, manchmal seltsam aufschreiend aber immer Bier trinkend, und dabei einem kleinen Ball auf einer zweidimensionalen Fläche folgend … aehmm … irgendwie (in meinem Augen) erstaunlich und traurig gleichzeitig … Berlin ist eben wirklich eine kreative Stadt 🙂

  • Ganz meine Meinung! Fußball soll abhauen und wir Frauen sollten endlich aufhören, jeden dämlichen Männerscheiß nachmachen zu wollen! Das nervt so-was-von!

  • ok, alles schön und gut, Frauenfußball findet also statt. Aber wieso muss sich jemand dafür interessieren, das kann man doch wohl nicht vorschreiben, oder? Nur weil es einen absolut unverständlichen Hype um Männerfußball gibt, muss es den nicht auch noch um Frauenfussball geben. Wenn die eine Fußball-WM machen wollen, dann sollen sie doch. Ich bin froh, dass es deswegen keine Programmänderungen im TV gibt. Ich finde alles ist gut so, wie es ist.

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