vonSigrid Deitelhoff 07.06.2013

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

Mehr über diesen Blog

Zwei Jugendliche liegen auf der Wiese im Sommerbad Neukölln – besser bekannt unter dem Namen Columbiabad – und rauchen eine Wasserpfeife. Ein älterer Mann im blauen Hemd spricht sie an und macht darauf aufmerksam, dass das zum einen verboten und zum andern auch gar nicht so ungefährlich sei, z.B. könne die Wasserpfeife in Brand geraten.

 

Ein paar Meter weiter am Sprungturm drängelt sich ein Jugendlicher vor und versucht die lange Warteschlange zu umgehen. Es kommt zu Rempeleien. Die Situation droht ausser Kontrolle zu geraten. Zwei Männer in einem blauen T-Shirt mit der Aufschrift „Cool am Pool“ schalten sich in den Konflikt ein.

 

Diese Szenen sind Rollenspielsituationen, wie sie sich aber auch tagtäglich während der Sommerzeit in gut besuchten Freibädern abspielen könnten.

 

Rollenspiel-Situation des Präventionsprojektes / Foto: ©Sigrid Deitelhoff
Kommunikations-Strategie für den Konfliktfall / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Im Rahmen eines Wertedialogs wollte sich Innensenator Frank Henkel gestern im Sommerbad Neukölln über das Präventions-Projekt „Bleib cool am Pool“ informieren. Die TeilnehmerInnen des Rollenspiels zeigten, was sie in ihrer Ausbildung zum Konfliktlotsen gelernt haben,  z.B. wie sie realistische Konflikte entschärfen können.

 

Frank Henkel (Innensenator), Annette Siering (Vorständin der BBB), Mitarbeiter der PSD-Bank  (v.l.n.r.) / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Hintergrund für die Initiierung der Gesprächsreihe „Gewalt hat keinen Wert. Du schon.“, die im Sommerbad Neukölln stattfand, sind eine Reihe von Gewalttaten, wie z.B. der Überfall auf den Rabbiner Alter oder das Verbrechen an Jonny K.  Senator Henkel will in diesem Zusammenhang vermehrt Projekt besuchen, die sich gegen Gewalt stark machen. Junge Vorbilder sollen für die Gesellschaft sichtbarer gemacht werden.

 

Hartmuth Kurzhals (GSJ), Michael Lisowski (Präventionsbeauftrager der Polizei), Frank Henkel (Innensenator) – v.l.n.r. / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Das Projekt „Bleib cool am Pool“ geht in diesem Jahr in die dritte Runde. Es entstand im Jahr 2011 durch eine Kooperation zwischen den Berliner Bäderbetrieben, der Polizei und der Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit (GSJ).

 

Präventionsprojekt „Bleib cool am Pool“ / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Die Projektarbeit ist ehrenamtlich. Ausgebildet werden Jugendliche aus der Nachbarschaft, Frauen und Männer, Kiezväter und -mütter mit und ohne Migrationshintergrund, jüngere und ältere Menschen. Erstmals ist die Carl-Legien-Oberschule aus Neukölln in diesem Jahr mit über 20 Jugendlichen dabei.
Die Konfliktlotsen bilden Teams, die in den Sommerschulferien schwerpunktmäßig im Columbiabad (hin und wieder auch im Prinzenbad) Präsenz zeigen. Die Präventions- und StreitschlichterInnen „werden aber keine Ersatz-Schwimmmeister oder eine Verstärkung des Sicherheits-Personals darstellen. An der Sicherheit für alle Badegäste wird nicht gespart“, sagte Annette Siering, Vorständin der Berliner Bäder-Betriebe. „Die Konfliktlotsen stellen ein zusätzliches Angebot dar – sie sollen vor allem Ansprechpartner sein.“, ergänzte Hartmuth Kurzhals, Projektkoordinator der GSJ.

 

Zu den Ausbildungsinhalten des Anti-Konflikt-Projekts gehört ein Erster Hilfe-Kurs, ein Schwimm- und ein Kommunikationstraining. Letzeres soll die Helfer befähigen, potentielle Konflikte frühzeitig zu erkennen und durch ein schnelles Eingreifen zu entschärfen. Drei Monate dauert die Ausbildung, während dieser Zeit wird zweimal die Woche trainiert.

 

Vorführung eines 1. Hilfe-Kurses / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Schwimmtraining für die Konfliktlotsen / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Die Konfliktlotsen sind auf ihre Fähigkeiten, die sie erworben haben, „stolz wie Bolle. Und das auch zu Recht“, sagt Michael Lisowski von der Polizeidirektion 5, verantwortlich für die Präventionsarbeit von Seiten der Polizei. Voller Enthusiasmus erzählt er, wieviel Spass ihm diese Arbeit macht. Die Jugendlichen würden nicht nur Verantwortung für ihr Umfeld übernehmen und dazu beitragen, dass sich alle im Bad wohlfühlen. Sie schließen auch Freundschaften, lernen Dinge, die sie für ihr weiteres Leben gut gebrauchen können, und damit meint er wohl nicht nur den Erste Hilfekurs oder den Schwimmunterricht.

 

„Das Selbstbewußtsein steigt bei den TeilnehmerInnen. Wir haben auch Teamsitzungen und finden so zu einer Gemeinschaft zusammen“, erzählt mir stolz eine junge Konfliktlotsin.  „Wir lernen auch eigene Vorurteile zu überprüfen und abzubauen. Wir erwerben hier interkulturelle Kompetenz.“  Während sie das sagt, huscht ein selbstbewußtes Lächeln über ihr Gesicht.

 

Es gibt ca. 25 Konfliktlotsen im Präventionsprojekt „Bleib cool am Pool“ /                     Foto: ©Sigrid Deitelhoff
Zum Schluss wurde der Präventionspreis „Bleib cool am Pool“ von 500 Euro überreicht. / Foto: ©Sigrid Deitelhoff

 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/prinzenbad/2013/06/07/cool-am-pool/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert