Sind Freibäder Luxus? Nein! Schwimmen muss wieder bezahlbar werden, denn Bäder zählen zur Daseinsvorsorge der Bevölkerung! Nicht nur in anderen Städten Deutschlands, sondern auch hier in Berlin. Die Bäderbetriebe scheinen dieses grundrechtlich verbriefte BürgerInnen-Recht aus dem Blick verloren zu haben.
Zur Gedächnis-Auffrischung gab es heute abend vor dem Prinzenbad eine spontane Protest-Aktion gegen die Preispolitik der Berliner Bäderbetriebe. In Badekleidung, bewaffnet mit Schwimmutensilien und Handtüchern mit dem Logo „Freibad für Alle“, demonstrierten ca. 70 PrinzessInnen für bezahlbare und transparente Preise, aber auch für Öffnungszeiten im Hochsommer bis 22 Uhr.
Das Motto des Flashmob-Happening „NON-AQUA-GYMNASTIK“ lautete:
„Trockenschwimm-Übungen für Jung und Alt: Heute 5,50€, morgen schon 8 €?
Macht Euch fit für die Zeit, wenn sie uns den Hahn abdrehen und wir auf dem Trockenen sitzen. Kraftvolle Kraulzüge, graziöse Wenden, elegante Rückenlagen auch ohne Wasser.“
Presseerklärung zur Protest-Aktion im Wortlaut:
Protest gegen die Preispolitik der Bäderbetriebe vor dem Kreuzberger Prinzenbad am 3.6.14 um 18 Uhr.
„Berlin hat den größten und absolut unattraktivsten Bäderbetrieb Europas“
Das sagte der neue Bäderchef Ole Bested Hensing laut Tagesspiegel im August 2013, kurz nach seinem Wechsel von Tropical Island zum Chef der Berliner Bäder.Ist das die Zukunft der öffentlichen Bäder in Berlin: langsames Abwickeln der Daseinsvorsorge für alle, zugunsten teurer Spass- und Eventeinrichtungen?
Preiserhöhungen
Innerhalb eines Jahres wurden zwei Mal die Preise um mehr als 35 % erhöht. Allein der Normaltarif stieg von 4, über 4,5 auf 5,50 Euro. Laut Bäderbetrieben, um die Einnahmesituation zu verbessern. Das Gegenteil tritt ein. An vielen Tagen werden im Prinzenbad nicht mal mehr 150 Tickets verkauft.Der langjährige Früh- und Spättarif (2012: 2 Euro, 2013: 2,80) wurden zunächst kommentarlos abgeschafft und dann scheibchenweise und ohne öffentliche Bekanntgabe wieder eingeführt:
Die Eintrittspreise sind Geheimwissen, preiswertes Baden wird zu einer Sprintdisziplin. Nur noch eine Viertelstunde Zeit (von 7-7.15Uhr) bleibt, um den neuen Früh- oder Spättarif (jetzt 3,50 Euro) zu bekommen.
Die Saisonkarte kostet 248 Euro und gilt nur im Prinzenbad.
Die Bäderbetriebe gehören zu 100 % dem Land Berlin. Sie werden vom Steuerzahler jährlich mit rund 50 Millionen Euro subventioniert. Ihre Aufgabe ist es, eine Grundversorgung für die gesamte Bevölkerung zu gewährleisten.Saisonverkürzung
Stattdessen hat etwa das Freibad am Columbiadamm nur noch 3 Monate pro Saison geöffnet, das Freibad Pankow öffnet sogar erst Mitte Juni. Zugleich wirbt der Bäderchef für den Bau neuer „Kombibäder“, die 20 bis 40 Millionen Euro kosten sollen. Will man damit einer Privatisierung Vorschub leisten?So geht Ihr baden, Bäderbetriebe!
Wir fordern:
◆ Attraktive Öffnungszeiten, im Hochsommer bis 22 Uhr
◆ Kurzbadetarife auch tagsüber
◆ Eine bezahlbare und transparente PreispolitikEines der schönsten Bäder und Soziotope Berlins, bislang ein Treffpunkt aller Kulturen, aller Schichten, aller religiösen und sexuellen Himmelsrichtungen, ein echter sozialer Schmelztiegel mit Wasserkühlung, wird durch extreme Preiserhöhungen und knappe Öffnungszeiten bedroht. Dagegen haben wir bereits mehrere hundert Unterschriften gesammelt.
Damit der Gang ins Schwimmbad nicht zu einem Vergnügen für wenige wird, treffen wir uns zu einem Müssen-wir-bald-alle-draussen-bleiben?-Event. Wohnen wird teurer, schwimmen teurer, Bibliotheken schliessen.
Leben in dieser Stadt darf kein Luxus sein.
Deswegen protestieren wir heute, am Dienstag den 3. Juni um 18 Uhr vor dem Eingang des Prinzenbades.
Alle Fotos: ©M. K.
Im Februar 2009 war ich beruflich bedingt für vier Wochen in Berlin. Und als Schwimm-Fan habe ich auch versucht meinem Hobby in Berlin zu fröhnen. Allerdings hatte ich da die Rechnung ohne die Stadt Berlin und ihre Berliner-Banken-Finanzskandal-Schulden gemacht (war da der nette Herr Sarrazin noch Finanzwart?). Die meisten Hallenbäder, die noch offen waren, machten jeweils nur für 2-3 Stunden an vielleicht zwei oder drei Tagen in der Woche auf. Die Schulen, an denen ich auf dem Weg von der Arbeitsstätte zu meinem Hotel vorbeikam, sahen oft ziemlich sanierungsbedürftig aus.
Vielleicht können ehrenamtliche Helfer mit DLRG-Schein hier etwas aushelfen, dafür können dann Projekte wie der Wiederaufbau des Stadtschlosses und andere überflüssige Dinge erst mal zehn Jahre verschoben werden.
Wahrscheinlich braucht Berlin auch jeden müden Cent für die sehr, sehr seltsame Geschichte des Großflughafens Berlin, eine Schande für den Ingenieursstand in diesem Land.