… wenn Berlin wegen Überfüllung geschlossen ist. Nur das Prinzenbad ist zur Zeit nicht überfüllt, trotz des schönen Sommers. Das ist mehr als bedenklich!
Am Pfingstwochenende war es im Prinzenbad zwar mehr als voll, aber schon zwei Tage später teilte ich mir bei einer Lufttemperatur von 30 Grad mit nur 18 PrinzenbadlerInnen das Mehrzweckbecken. Etwa die gleiche Anzahl an SchwimmerInnen trainierte im Sportbecken. Im Kinderbecken spielten zwei Kids mit einem Ball, ein Teenagerpärchen knutschte und ein kleiner Junge hatte die Wasserrutsche für sich allein. Die Temperaturen haben sich seit Mitte der vergangenen Woche auf 20 bis 25 Grad eingependelt und die Besucherzahl ist weiterhin stabil gering – Tag für Tag, es sei denn Schulklassen verlagern ihren Schwimmunterricht ins Freibad, dann ist das Bad mal zeitweilig voller…
Vor ein paar Tagen hatte eine Freundin das Schwimmbecken dann ganz für sich allein und das an einem Samstag nachmittag um 17 Uhr bei Sonnenschein. Nicht zu fassen! Ich gehöre seit vielen Jahren zu den Prinzenbad-Stammgästen. Noch nie habe ich das Freibad so leer wie in diesem Jahr erlebt.
Traumhafte Trainingsbedingungen für die PrinzenbadlerInnen? Nein, wahrlich nicht! Irgendwas stimmt da nicht…
Während ich so meine Bahnen ziehe, fällt mir die Kurzmeldung in der rbb-Abendschau vor ein paar Tagen ein: Die Familienkarte würde – anders als erwartet – nur von wenigen BerlinerInnen genutzt. Das ist eine merkwürdige Information. Eigentlich ist der Preis für zwei Erwachsene mit bis zu 5 Kindern für insgesamt 11,50 Euro preisgünstig. Aber anscheinend ist es in Berlin unrealistisch, zusätzlich zu den eigenen Kids noch Kinder von Nachbarn und Freunden einzusammeln, um so den günstigen Familientarif zu nutzen. Vielleicht passt dieses Familienkarten-Konzept nicht zu einer Großstadt wie Berlin, sondern eignet sich eher für kleinere Städte, wie z.B. für Delmenhorst.
Ausserdem wußte der rbb zu berichten, dass die Bäderbetriebe im ersten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahr eine Umsatzsteigerung um 6,4 Prozent erzielt haben, obwohl die Besucherzahlen um sechs Prozent zurückgegangen seien. Diesbezüglich gab es eine Anfrage der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus an die Berliner Innenverwaltung.
Die Berliner Bäderbetriebe zeigen sich aber vom Rückgang der Besucherzahlen wenig beunruhigt, da durch die neuen, höheren Preise die Einnahmen nicht gesunken, sondern gestiegen sind. Diese Aussage muss man sich mal auf der Zunge zergehen bzw. im Kopf herumkreisen lassen. Das bedeutet ja: Weniger Menschen gehen also für höhere Preise schwimmen. Und das ist auch gut so? Da stellt sich die Frage, wer geht inzwischen schwimmen und wer nicht mehr? Wer wird ausgegrenzt? Die Schwimmbäder sind also nur noch für die besser verdienende Bevölkerung da? Für die, die es sich leisten können? Für die, die bereit sind für den gleichen Standart und in manchen Bädern sogar für weniger Service als noch in den letzten Jahren mehr zu bezahlen? Was sagt das über Berlin aus? Nein, das sagt gar nichts über Berlin aus. Das sagt etwas über die Berliner Bäderpolitik und das ihr zugrunde liegendes Wertesystem aus!
Liebe Badegäste, Herzlich Willkommen in der teuren Servicewüste einer Zweiklassen-Gesellschaft!
Mir stellt sich die Frage, inwieweit es für GeringverdienerInnen und Nichterwerbstätige bereits Vergünstigungen gibt in Form von Gutscheinen, verringerten Eintrittspreisen, welchen Programmen auch immer.
Ich kann mich als ehemals von Armut betroffenes Kind daran erinnern, dass zum Beispiel in Berlins Ferienpass, heute Familienpass; zahlreiche Gutscheine drin waren. Die Gutscheine, oft getarnt als Gewinnspiele, bei denen man sehr leicht gewann, ermöglichten mir sehr interessante Teilhaben an städtischen Einrichtungen wie Basteln in der Wuhlheide, Führungen durch den RBB, Besuche im Zoo, Mitfahren auf dem Karneval der Kulturen und anderes. Ich fand das klasse.
Kann es nicht sein, dass Berliner Schwimmbäder nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit für viele BerlinerInnen sind? Ich meine, wenn ich mir allein vorstelle, dass die vielen Digital-Süchtigen („Nur mal kurz die Mails checken … lala …“) im Freibad im Wasser und sicherheitshalber vielleicht ganz von ihren digitalen Sozialen Netzwerken getrennt werden.
Ich fände sehr spannend, wenn die BVV von Friedrichshain-Kreuzberg eine Bäderumfrage veranlassen würde, bei der der Bedarf und die (veränderten) Wünsche der BerlinerInnen ermittelt werden. Danach wäre deutlicher, welche Änderungen es braucht.