Einige Tage nach dem GDL-Streik sitze ich im Berliner Hauptbahnhof und warte auf eine Freundin, der ich versprochen habe, sie vom Zug abzuholen. Auf dem Weg zu mir wollen wir eine Stippvisite im Prinzenbad machen.
Neben mir sitzt ein älterer Mann und eine junge Frau, die ebenfalls auf die Ankunft des Zuges warten. Die beiden beginnen ein Gespräch miteinander:
Mann: „Jetzt fährt die Bahn ja wieder. Während des Streiks war ich jeden Morgen um 6 Uhr hier auf dem Hauptbahnhof. Ich habe mich dann jeden Tag für eine Stunde bei McDonalds reingesetzt.“
Frau: „Ja, was soll man sonst auch machen.“
Mann: „Der vorletzte Streik war hart. Da hatte McDonalds zu. Die haben da renoviert. Na, ja – Kaisers hat ja auch schon früh auf.“
Frau: „Ja, was soll man sonst auch schon machen.“
Mann: „Ich habe bei einem Streik auch schon mal in meinem Geschäft geschlafen – auf einem Regal, dass war nur 50 Zentimeter breit.“
Frau: „Na, dass geht doch gar nicht, das mit dem Streik.“
Mann: „Am nächsten Morgen war ich total gerädert. Nee, das geht gar nicht. Schon gar nicht in meinem Alter. Jetzt bin ich auch noch alleine. Meine Frau ist in Pasewalk und paßt auf die Kinder auf, so dass die Tochter arbeiten gehen kann. Da streiken sie ja auch – dort im Kindergarten.“
Frau: „Das geht eigentlich gar nicht, dass die da in Pasewalk streiken.“
Mann: „Ich bin nicht der Einzige, der sich die DDR zurückwünscht. Damals konnte ich nicht reisen, jetzt kann ich aber auch nicht. Dazu fehlt mir das Geld.“
Frau: „Ja, es sieht finster aus in Deutschland.“
Mann: „Ja, ganz ganz finster.“
Nun hat ja der gute Mann übersehen, dass der oberste Streikbonze aus seiner geliebten untergegangen DDR stammt und für die armen entrechteten Lokführer kämpft.
Und Geld haben wir im Westen auch nicht mehr so viel wie vor der Wiedervereinigung, oder fehlt uns Westberlinern nicht die Berlinzulage ?
Da wächst eben nicht zusammen was zusammen gehört, auf beiden Seiten.