vonSigrid Deitelhoff 09.08.2023

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

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Nicht nur im Columbiabad, sondern jetzt wird auch im Prinzenbad, im Sommerbad Pankow und Am Insulaner der Eingang und Ausgang videoüberwacht. Gefilmt werden nicht die Umkleidekabinen oder Liegewiesen. In allen anderen Bädern sollen nach und nach auch Kameras an den Ein- und Ausgängen installiert werden – das besagt zumindest die Gerüchteküche.

Was soll es bringen? „Wir wollen mit der Ausweitung der Videoüberwachung dazu beitragen, dass sich die Sicherheitslage in diesen großen Sommerbädern weiter verbessert“, erklärte BBB-Vorständin Marie Rupprecht.

Randalierer sollen also so per Bildmaterial schneller identifiziert werden. Die PrinzenbadlerInnen sind skeptisch, ob diese Maßnahme zielführend ist. Eine Stammschwimmerin stellte die These auf, dass es sich vielleicht nur um Attrappen handelt, die allein der Abschreckung dienen sollen.

Na, ja – das glaube ich zwar nicht, ich vermute aber, dass es viel Personal braucht, um im Fall eines Falles das ganze Videomaterial zu sichten, wenn tausende von Badegästen täglich an heißen Tagen das Prinzenbad besuchen.

Die Aufnahmen sollen nur 72 Stunden aufbewahrt und dann gelöscht werden, sofern Ermittlungsbehörden sie nicht zuvor anfordern. Die Videoüberwachung wird keine Straftaten verhindern. das ist mal klar. Dazu bedarf es anderer Maßnahmen. Anscheinend ist die Überwachung datenschutzrechtlich in Ordnung.

Auch die Einführung der Ausweiskontrollen wird von den Badegästen misstrauisch beäugt. Die Ausweispflicht soll helfen, Hausverbote auszusprechen und zu kontrollieren. Unklar ist, warum manche Ausweise mit Lichtbild nicht akzeptiert werden und andere wiederum doch. Schüler ab 14 Jahren müssen einen Schülerausweis vorweisen, unter 14 Jahren aber nicht. Im Columbiabad waren – so habe ich mir berichten lassen – unter den Randalierern aber auch 13 Jährige dabei. Und ausserdem steht noch die Frage im Raum, was Ausweiskontrollen bringen, wenn diese nicht digital abgeglichen werden können. Wenn die Software dafür ertüchtigt wäre, ist eine weitere Frage, wer diese Unmenge an Informationen sichten soll. „Das ist nee Luftnummer“, sagt Stammgast B. unter der Dusche, „und dient einfach der Beruhigung der Berliner Bevölkerung.“

Darüber hinaus  ist es schon skurril, wenn an verregneten Tagen mit gefühlten 10 Badegästen im Prinzenbad die Ausweise und Taschen der Stammgäste (alle über 60 Jahre und seit 20 Jahren PrinzenbadlerInnen) genauestens kontrolliert werden. „Was für eine Verschwendung von Personalkosten, die an anderer Stelle in den Bädern besser eingesetzt werden sollte“, kommentiert Stammgast A. – seit 30 Jahren Prinzenbadlerin.

Foto: ©Sigrid Deitelhoff

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https://blogs.taz.de/prinzenbad/2023/08/09/videoueberwachung-im-prinzenbad/

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kommentare

  • In der aktuellen Ausgabe der ZEIT gibt es ein Interview mit dem Sozialforscher Rainer Schnell, der sich über Umfragen ärgert, mit der die Politik populistische Einstellungen fördert und so auch den Einsatz von Überwachungskameras begründet:

    ZEIT: Auch die ZEIT gibt Online-Umfragen in Auftrag. Wir wollten etwa wissen, ob die Deutschen angesichts der aktuellen Meldungen über Schlägereien Sorge haben, ein Freibad zu besuchen.

    Schnell: Hätten Sie nicht machen sollen.

    ZEIT: Es gab keine anderen Daten zum Thema.

    Schnell: Sie hätten schauen können, ob die Gewaltvorfälle in den Schwimmbädern zugenommen haben oder ob nun weniger Menschen ein Freibad besuchen. Solche Einstellungsdaten sind für mich nur Infotainment.

    ZEIT: Unterschätzen Sie damit nicht deren Wirkung? Sie beeinflussen Stimmungen und sind damit politisch relevant.

    Schnell: Das macht die Umfragen so fragwürdig!

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