vonannette hauschild 08.07.2010

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Helmut Lorscheid berichtet aus Düsseldorf: Am 7. Juli 2010 in Düsseldorf-Hamm saß die BND-Zeugin Eva Schultheiß vor Gericht. Sie gab an, seit dreißig Jahren beim Dienst tätig zu sein, derzeit als Leiterin des für die DHKP-C zuständigen Referats und  im Bereich der Nachrichtenauswertung tätig. Bei Staatsschutzprozessen sind Geheimdienstzeugen immer wieder gerne gesehen – in normalen Verfahren weniger. Denn BND-Zeugen sind solche „vom hören-sagen“, im Unterschied zu anderen können und mögen sie aber ihre Quelle nicht namentlich benennen und schon gar nicht dem Gericht, wie sonst üblich, eine ladungsfähige Adresse mitteilen. In einem BND-Referat, so erklärte  Frau Schultheiß, sind zwischen  dreißig und einhundert Personen tätig.  In ihrem werde  über die DHKP-C  „seit 2002 eine Datenbank geführt.“ Die Datensätze werden schon mal bißchen umgeschrieben, vielleicht auch ergänzt. Für die Personen-Dossiers würden einzelne Blöcke mit grundsätzlicher Information zu der Gruppierung übernommen. Die Erkenntnisse stammten von ausländischen Partnerdiensten, aus BND-eigenen Quellen und es handele sich um „Informationen, die wir mit den Innenbehörden abgeglichen haben.“ Unter Innengehörden, so erklärte Frau Schultheiß, würden ganz verschiedene Ämter subsumiert. „Dazu gehört das BKA ebenso wie das Bundesamt oder die  Landesämter für Verfassungsschutz.“  An diese Innenbehörde habe man auch verschiedene Mobilfunknummern weitergeleitet, weil der BND „außer mit einer Ausnahmegenehmigung nach G 10 keine Telefonüberwachung im Inland“ betreibe.
Rechtsanwältin Anni Pues fragte, wie es denn mit derVerwertung von Informationen sei, die mit nicht rechtsstaatlichen Mitteln erlangt worden seien?

Frau Schultheiß:  „Wir nehmen keine Informationen, wenn sie unter Folter zustande gekommen sind. Das ist nicht nur beim türkischen Dienst so, das ist weltweit so.“ 

Den Satz muß man sich merken.

 Über die Jahre hin hatte der BND seine Informationen in Form von Amtsschreiben, auch schon mal als „Gutachten“ bezeichnet, an die Ermittlungsbehörden geschickt. Wichtige Änderungen, Ergänzungen oder auch Berichtigungen hatte sich die Zeugin in ihren Akten  rot markiert und teilte sie dem Gericht mit. Eine Änderung habe sich bezüglich des Angeklagten Cengiz O. ergeben. In einem Schreiben des BND gebe es einen Fehler. „Dort steht er war von 03/2005 bis 03/2007 Leiter für Hamburg, das muß richtig heißen 03/2005 bis 07/2007.“  Weil der Angeklagte O. „ab 07/2007 der DHKP/C-Leiter für NRW war. „Auch wenn „seine offizielle Bestallung“ erst 2008 erfolgt sei. So genau weiß das der BND. Überhaupt befasst sich der deutsche Auslandsnachrichtendienst auffallend intensiv mit Vorgängen innerhalb Deutschlands.  Frau Schultheiß berichtete über die Teilnahme der einzelnen Angeklagten an Treffen in Wuppertal und Köln Ehrenfeld und über das Familienferiencamp in Ebersbach.
„Die Anatolische Föderation ist eindeutig eine Tarnorganisation der DHKPC“ erklärte sie. Und sie sei „hierarschisch“ organisiert. Als einer der Anwälte darauf bezugnehmend bezweifelte, das die Anklagte Nurhan E. gleichzeitig zwei verschiedene Funktionen in dieser Hierarchie habe ausüben können, konterte die Zeugin mit ihrer eigenen dienstlichen Erfahrung. Denn  schließlich sei „die  DHKPC  eine hierarchisch organisierte Organisation“ und „der BND  auch.“  Wenn es „bei uns Vakanzen gibt, werden die durch Vertretungen gefüllt.“ Dabei könne sie in beide Richtungen vertreten – einen Untergebenen  oder auch einen Vorgesetzten.
Für zahlreiche Aussagen, darunter auch das Sammeln und die Weiterleitung großer Spenden durch die Angeklagten, und damit ein wesentlicher Aspekt der Anklage, gebe es nur eine Quelle. „Eine B-Quelle“ der man vertrauen könne, so die Zeugin. Aber verfizieren ließen sich die Summen nicht.

Frage von Richter Breidling, ob es sein könne, dass „vielleicht mal eine Null falsch geschrieben wurde?“

Antwort „Wir können die Zahlen nicht verifizieren.“
Waren es nun 13.000 Euro oder 130.000? Niemand im BND kann das sagen. Auch über die „Zweckbestimmung der Gelder“ wisse sie nichts.
Aber sie konnte  berichten, dass Nurhan E mit ihrem Mann „nach den Regeln der Organisation verheiratet sei.“  Diese Ehe sei „aber nicht vor einem deutschen Gericht geschlossen worden“, wiederholte die Zeugin mehrfach.

Einwurf der Verteidigung:  Nurhan. E. s Ehe wurde, wie bei vielen anderen auch,  vor einem Standesbeamten geschlossen.

Zur konkreten Untermauerung der Anklage konnte die Zeugin eher wenig beitragen: „Eindeutige klare Beweise“ dafür dass „dieser oder jener Anschlag (in der Türkei)“ von Personen „in Europa angeordnet worden ist, fehlen uns.“

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