Transrechte sind Menschenrechte. Ich sehe es als gesellschaftliche Aufgabe an, dass wir uns mit geschlechtlichen Identitäten auseinandersetzen und die Lebensrealitäten und Identitäten von anderen Menschen anerkennen, Menschen so ansprechen wie sie sich wohlfühlen und unser Bild von Geschlecht hinterfragen.
Ich kann es einfach nicht mehr hören, dass Menschen, die nicht betroffen sind, sich an anderen Identitäten und Lebensrealitäten stören.
Für alle Menschen der LGBTQIA+ Community sind die anti-trans-bills in den USA ein Angriff und auch alle anderen Menschen sollten diese Entwicklung als eine Bedrohung sehen. Bei diesen Gesetzentwürfen wird versucht zu verhindern, dass trans Personen „grundlegende Gesundheitsversorgung, Bildung, rechtliche Anerkennung und das Recht auf öffentliche Existenz“ erhalten (übersetzt).
Auf der Seite Trans Legislation Tracker bekommt man eine Übersicht über alle vorgestellten und verabschiedeten transfeindlichen Gesetzentwürfe und deren Inhalte in den USA. In Kansas wurde etwa ein Gesetzentwurf verabschiedet, der den Ausschluss von trans Frauen aus weiblichen Schülerinnen-Sportteams beschließt. In Mississippi wurde ein Gesetz verabschiedet, dass durch finanzielle Hürden trans Personen unter 18 Jahren erschwert, geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung wahrzunehmen. Indiana hat ein Gesetz verabschiedet, dass sexuelle Aufklärung verhindert und Schulen verpflichtet, mindestens einen Elternteil zu informieren, wenn der/die Schüler:in den Wunsch hat einen anderen Namen oder andere Pronomen zu verwenden.
Das sind nur ein paar Beispiele von den 46 bereits in diesem Jahr in den USA verabschiedeten, transfeindlichen Gesetzen. Diese Gesetze schließen Menschen aus der Gesellschaft aus, nehmen ihnen Respekt und zwingen sie dazu ihre Heimat zu verlassen, wenn sie grundlegende Rechte wahrnehmen wollen. Diese Gesetze schränken zudem nicht nur trans Menschen, sondern die ganze LGBTQIA+ Community ein. Kinder, deren Eltern nicht unterstützend sind, haben keine Chance auf staatliche Unterstützung und den Eltern, die ihre Kinder unterstützen wollen, wird die Möglichkeit dazu genommen.
Wenn Menschen für ihre Identität angegriffen werden und diese nicht ausleben können, haben wir ein großes und bedrohliches Problem.
Auch im deutschsprachigen Raum ist die Queerfeindlichkeit real. Am 16.04.2023 gab es anlässlich einer Lesung von der Dragqueen Freya Van Kant in Wien eine Demo und Gegendemo. Ein Argument von Gegner:innen dieser Lesung und generell sexueller Aufklärung und Bildung zu Themen der LGBTQIA+ Community ist häufig die „Frühsexualisierung“ von Kindern. Kinder werden doch nicht dadurch sexualisiert, dass mensch ihnen andere Lebensweisen aufzeigt und ihnen zeigt, dass sie ihre Identität nicht verstecken müssen!
Geschlecht ist ein soziales Konstrukt (gender). Dieses soziale Geschlecht ist ein Spektrum, auf dem mensch sich eher männlich, weiblich, nicht binär oder vieles weiteres fühlen kann. Es gibt das biologische Geschlecht (sex). Das biologische Geschlecht kann weiblich, männlich und intergeschlechtlich sein, wobei es auch hier viele Abstufungen gibt. Das biologische und das soziale Geschlecht müssen nicht übereinstimmen. In den meisten Fällen wird bei Kindern nach der Geburt (oder auch schon vor der Geburt) vom biologischen Geschlecht auf die Geschlechtsidentität geschlossen. Diese Annahme kann falsch sein. Wenn das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht mit der Geschlechtsidentität übereinstimmt, ist mensch cis. Wenn es nicht übereinstimmt, ist mensch trans. Es gibt deshalb Eltern, die probieren mit einer geschlechtsneutralen Erziehung, dieser evtl. falschen Annahme zuvorzukommen und Geschlechterstereotypen entgegen zu wirken. Diese Erziehungskonzepte bekommen viel Kritik, weil den Kindern laut Kritiker:innen zu viele Entscheidungen gelassen werden. Sie wollen die Kinder lieber erst mal in eine Kategorie stecken, auch wenn es vielleicht die falsche ist oder das Kind vielleicht gar keine will.
Ich bin überzeugt, dass wir an einen Punkt kommen müssen, an dem Kinder lernen mit ihren biologischen Merkmalen umzugehen und soziales Geschlecht als davon unabhängig betrachtet wird. Wenn das Bedürfnis nach geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung besteht, sollte diese unkompliziert zugänglich sein. Diese Gesundheitsversorgung ist extrem wichtig und eine große Hürde. Letztendlich sind Transrechte eine Frage von Gleichberechtigung, Teilhabe an der Gesellschaft und für die mentale Gesundheit von trans Menschen extrem wichtig. Laut einer kanadischen Studie gaben rund 14% der queeren Jugendlichen an, in den letzten 12 Monaten ernsthaft über einen Suizid nachgedacht zu haben.
Wir müssen Kinder, Jugendliche und Erwachsene darin unterstützen, ihre Identität so ausleben zu können, wie sie es möchten. Das neue Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen Unterstützung und Teilhabe fördern und Stigmatisierung und Diskriminierung abbauen. Das bedeutet auch Menschen so anzusprechen, wie sie es wollen.