Krass. Ich bereise zum ersten Mal die USA. Keine Ahnung, was mich genau erwartet. Doch vielleicht ist das gut so, damit sich nichts von dem bestätigt, was sich mein von Fantasien und Projektionen kolonisiertes Gehirn alles so zurechtdenkt. Deshalb auf jeden Fall mal alle politischen und pokulturellen Referenzen auf Pause stellen, um den Blick frei zu haben für neue Assoziationen, Zusammenhänge, Kontexte.
Flat Affect¹, wie Lauren Berlant es nennen würde oder so. Den Alltag dort einfach in der Situation beobachten? Oder teilnehmen. Oder sich davon affizieren lassen. Nicht eingreifen. Spüren. Auf keinen Fall fühlen, zumindest nicht nur.
Vielmehr: Affekt². Darauf habe ich Bock. Einfach nur mal herumschweben wie ein Gas in der Luft des Gewöhnlichen auf der Suche, irgendwo festzuwerden, dann vielleicht abprallen an den Wänden irgendeiner gerade stattfindenen Wirklichkeit und wieder zurück fallen, stolpern, stürzen, sich den Staub von den Schultern wischen und einfach weiter gehen. Und: mehr Fragen stellen als Antworten suchen.
¹ Die Gender-Theoretikerin Lauren Berlant beschreibt flat affect in ihrem Essay „Structures of Unfeeling: Mysterious Skin“ als unbewusste Aussetzung melodramatischer Normen, mit denen Menschen sich ausstatten, um ihr eigenes Leben zu beschreiben.
² Im Gegensatz zu Gefühlen, die erst erlernt werden, sind Affekte immer schon da. Sie gehen dem Sprachlichen voraus. Gehen durch Du und Ich hindurch wie Geister durch Wände und werden erst danach real. Affekte sind transindividuell. Ein soziales Phänomen. Während Gefühle immer ein bisschen exklusiv und zeitlich begrenzt sind, je nach Bildungsstand, Klasse, Ausdrucksvermögen und Freiheitsgrad oder welche Filme oder Serien oder Romane jemand kennt, sind Affekte überall gleich verteilt und stets für alle verfügbar.