vonHelmut Höge 21.07.2010

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Der neue Chefermittler. Photo: muenchen-tv.de

Die Ermittler in den deutschen Kriminalromanen sind meistens Polizisten: also die Leiter der regionalen Mordkommission und ihre Mitarbeiter. Hierzulande muß die Staatsanwaltschaft auch bei einem Verdächtigen/Angeklagten ihn Entlastendes ermitteln lassen, in den USA ist dies Aufgabe seiner Anwälte, die dafür Detektive engagieren. Die polizeilichen Ermittler heißen dort ebenfalls „Detectives“.

Private Detekteien gibt es in Deutschland so gut wie gar nicht, und die wenigen haben einen üblen Ruf und werden nicht ernst genommen. Indem also in den hiesigen Regionalkrimis quasi notgedrungen meistens polizeiliche Ermittler, auch Fahnder genannt, die Rolle der (US-)Privatdetektive übernommen haben und damit in den Romanen die Hauptrolle spielen, wird sozusagen automatisch die Staatsgewalt  vermenschelt. Diese Ermittler sind z.B. fast immer so eingebunden in den Fall, dass ihre Frau langsam aber sicher sauer wird und damit droht, sie zu verlassen. Dieses immer gleiche Bullen-Beziehungsschema langweilt auf Dauer. Auch in seinen Subvarianten: Er denkt, sie geht fremd und beschattet sie; sie hat ihn schon seit längerem verlassen, aber er trauert immer noch um sie; er ist froh, dass sie endlich weg ist, sie überlegen beide, ob sie wieder zusammenziehen wollen usw.. Dann kommt auch noch die ganze Kinderscheiße dazu (Sorgerecht), sein Magengeschwür, seine Sauferei, seine ewig unaufgeräumte Wohnung, die Vernachlässigung seiner Kleidung, sein Ungeschick beim Anbaggern einer neuen Frau, die dann oft eine jüngere Kollegin von ihm ist usw..

Fast immer geben die Autoren vor, diese soziale Misere ihres Protagonisten sei seinem Engagement geschuldet, also dass er von seinen Fällen nicht einmal nachts im Schlaf loskommt, aber seiner Frau/Freundin nichts darüber erzählen darf oder will, zu viele Überstunden macht oder auch noch am Wochenende völlig benommen von den Abgründen menschlicher Gemeinheit und Brutalität ist, die sich ihm auch bei seinem neuen Fall wieder auftun.

Schlafloser Ermittler. Photo: planet-wissen.de

Die Krimiautoren machen sich viele Gedanken über die Seelenzustände ihrer polizeilichen Ermittler, umso merkwürdiger ist es, dass sie nicht darauf kommen, dass die „Beziehungsprobleme“  von Bullen struktureller Natur sind: Das Gesetz verkörpern und gleichzeitig (Ehe-)Partner, Vater und Sohn sei wollen/sollen – das ist in den postindustriellen Ländern so gut wie vorbei. Diese Schizophrenie endet zugleich mit dem derzeitigen „Fading-Away“ der Repräsentation. Wenn das Gesetz des Staates und das „Gesetz des Vaters“ (J. Lacan) gleichzeitig zu repräsentieren und zu „leben“ nicht schon immer ein eitler Wahn war.  Alle „Bullentöchter“, die ich dazu bisher interviewte, meinten übereinstimmend, dass ihr Vater in ihren und in ihrer Mutter Augen bloß ein wichtigtuerischer Hampelmann sei.

Wenn sich Krimiautoren doch einmal in diese Richtung vorwagen, dann betrifft das höchstens irgendwelche depperten Dorfpolizisten in Uniform, also quasi Nebenrollen, so gut wie nie dagegen die leitenden Mitarbeiter der Mordkommission – ihre ebenso sensiblen wie klugen und von daher leidenden Protagonisten. Als Beispiel dafür mag die erfolgreiche ARD-Serie „Mord mit Aussicht“ stehen: Sie spielt in einem Eifeldorf und die clevere, aus der Stadt kommende  Kriminalkommissarin heißt Sophie Haas, ihre zwei naiven Mitarbeiter stammen dagegen aus dem Dorf, in dem die Serie spielt.

Die Differenz ist jedoch eine ganz andere als diese eher alberne, wie z.B. eine Polizei-Studie der TU Chemnitz nahelegt:

„Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Feststellung, dass Polizistinnen und Polizisten in einem ‚bürokratischen Dilemma‘ stecken. Einerseits müssen sie die bürokratischen Reglementierungen, die durch die Behörde Polizei vorgegeben sind, befolgen. Andererseits sind sie bei ihrer Arbeit mit sehr existenziellem Problem, wie Gewalt, Tod und Missbrauch konfrontiert.  Daraus entstehen Diskrepanzen zwischen der rationalen Logik polizeilichen Handelns und dem persönlichen Erleben von Polizist/innen. Es kommt demnach zu Widersprüchen zwischen dem, was ein/e Polizist/in fühlt und dem, was er/sie fühlen soll.  Diesen Widerspruch bezeichnet man auch als emotionale Dissonanz, mit der die Polizist/innen einen Umgang finden müssen, wenn sie zum einem die geforderte Arbeitsleistung erbringen und zum zweiten, sich selbst vor emotionaler Belastung schützen möchten.  Emotionale Dissonanzen werden bewältigt, indem die Gefühle dahingehend verändert werden, dass sie zu den Normen passen oder es wird das Verhalten so verändert, dass es zu den Gefühlen passt. Diese Regulation der eigenen Emotionen bezeichnet man als Gefühlsarbeit.  In der Untersuchung wird nun genauer betrachtet, welche Modi des Umgangs mit emotionalen Situationsanforderungen es bei der polizeilichen Arbeit gibt. Es wird daher davon ausgegangen, dass Gefühle in sehr unterschiedlicher Art und Weise bearbeitet werden. Zudem wird danach gefragt, welche sozialen Randbedingungen bei der Kultivierung der Umgangspraktiken eine Rolle spielen. Neben diesen unterschiedlichen Umgangstypen und den damit verbundenen Wirkungszusammenhängen der Rahmenbedingungen sollen aus den Ergebnissen auch Maßnahmen zur praktischen Gestaltung polizeilicher Arbeit abgeleitet werden.

Es wurden insgesamt 42 Interviews mit PolizistInnen geführt. Es werden möglichst unterschiedliche Fälle in den relevanten Dimensionen Tätigkeitsbereich, Arbeitszeitmodell, Hierarchieebene und familiale Lebenssituation kontrastiert, weil hier Differenzen erwartet werden.  Vor allem die vergleichende Analyse von Fällen bietet die Möglichkeit zur Generierung einer mehrdimensionalen Typologie. In Bezug auf die hier zu untersuchende Fragestellung ist es bspw. möglich, den Umgang der Polizist/innen mit den emotionalen Wechselwirkungen und Spannungen zwischen Familie und Erwerbsarbeit zu typisieren und unterschiedliche Praktiken heraus zu arbeiten. Es kann angenommen werden, dass die Polizist/innen in ganz unterschiedlicher Weise die Emotionen in ihren Alltag einbinden. Bspw. ist zu vermuten, dass manche Polizist/innen versuchen, ihre erwerbsbezogenen Emotionen vor der Familie abzuschotten; andere tragen ihr Erleben und ihre Emotionen womöglich bewusst in die Familie hinein. Mögliche Differenzierungsachsen können hierbei das Geschlecht oder die familiale Lebensform der/des Polizist/in sein.“

Photo: pirateboard.net

In dem neuen Heft der Zeitschrift „Dummy“ erfährt man Näheres über die Beziehungen von und zwischen Bullen und ihren Dilemmata: es ist zur Gänze der „Polizei“ gewidmet und gleich im ersten längeren Text erzählt ein ehemaliger Polizist, der jetzt Soziologe an einer Polizeihochschule ist, wie die deutsche „Cop Culture“ beschaffen ist und warum sie sich derzeit  etwas verändert – abgesehen davon, dass die Polizisten heute keinen pfeifenrauchenden Maigret mehr als Vorbild haben, sondern irgendwelche TV-Staatsrambos möglichst aus New York. Im „Dummy“-Heft „Polizei“ erklärt ein pensionierter Polizist  seinem Sohn, dass für ihn der Fernsehkommissar Wallander noch am ehesten was mit der Realität zu tun hat. Und dass der „Zusammenhalt mit den Kollegen“ ihm am Besten gefallen habe während seiner Dienstzeit.

Der „Durchschnittspolizist ist sicher kein knallharter Cop“, meint der Soziologe Rafael Behr, der „aber zumindest bestätigen kann, dass es jenseits der Polizeiführung, der offiziellen Polizeikultur und ihrem Leitbild vom Freund und Helfer unter den Beamten auf der Straße eine Subkultur gibt, in der bestimmte Formen von aggressionsbereiter Männlichkeit gepflegt werden.“

Auf der Polizeischule lernen die angehenden Beamten zwar, was man alles nicht machen darf, aber damit „können die in der Praxis gar nichts machen“. Aus der „Cop Culture“ kriegen sie dann die „Hinweise, wie Polizeidienst funktioniert. Eine Street Smartness, wie man auch improvisiert. Cop Culture ist auch das Bewußtsein einer Gefahrengemeinschaft. Die Polizisten, die wirklich rausgehen, wissen, dass sie in Situationen kommen können, die sie richtig überfordern. Da braucht es eine Gemeinschaft, deren Solidarität man sich sicher sein kann. Deshalb kommt es auch dazu, dass sich Polizisten gegenseitig decken.“

Lauter Verbote. Photo: fudder.de

Aluminium Verbot. Photo: blechschilder.de


Scheiß auf Verbote. Photo: blog.losfinkos.com

Auf die Frage, ob der Polizeidienst eine Negativselektion hervorbringe, antwortet der Polizeisoziologe: „Also grundsätzlich stellen wir ja keine Rambos ein. Allerdings ist es so: Wenn man statusniedrige junge Männer sich selbst überläßt, dann gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Sache in die Hose geht.“

Dennoch „braucht die Polizei auch aggressionsbereite Menschen“. Die „Polizeikultur verkauft Polizei als Dienstleistungsorganisation, während die Polizisten auf der Straße wissen, dass das zynisch ist. Die Street Cops sagen: ‚Wir müssen hier die Drecksarbeit machen‘. Die Polizei ist keine Bürgerpolizei, oder besser: sie ist es nicht nur.“ Sie hat alles, um jederzeit auch „wieder militärisch aufzumarschieren. Man muß sehen: Die Polizei ist die einzige zivile Organisation, die als Ultima Ratio auch töten darf…In einen Steinhagel von Vermummten zu laufen statt zu flüchten, dazu braucht man eine kulturelle Ausstattung.“

Wenn Polizisten mit ihren Problemen nicht mehr klar kommen, stehen ihnen natürlich Hilfsangebote in der Polizei zur Verfügung: „Aber zu den meisten muß man aktiv hingehen und sich als ‚Problemfall‘ outen. Das tut ein Polizist natürlich nicht so gerne.“

Außerdem „wird von der Polizeiführung dramatisch vernachlässigt, dass Polizisten nicht nur ihren Dienst versehen, sondern dass die Cop Culture erlebnisorientiert ist – wohingegen die Polizeibürokratie ergebnisorientiert ist. So Daten wie 1.Mai und Castortransporte markieren sich viele Kollegen rot im Kalender, dass sie da auf keinen Fall dienstfrei haben wollen – um nichts zu verpassen.“ Zudem werden den Bullen vor ihren Einsätzen am 1.Mai z.B. Filme vom Vorjahr vorgeführt – hart geschnitten und mit scharfer Musik unterlegt: „Man heizt die Leute noch auf“ damit. „Ich habe eine G8-Gipfel-Nachbereitung gesehen, das war die reine Aneinanderreihung von Actionsfilmsequenzen. Am klügsten wäre es, Persönlichkeiten zu finden, die beides in sich vereinen: eine gewisse Gewaltbereitschaft, die nicht zur Gewaltaffinität wird.“ Nebenbeibemerkt hasten die Demonstranten nach ihrem Einsatz auch zum Fernseher, um zu kucken, wie sie waren – d.h. wie sie im Massenmedium „rüberkommen“.

Im Zusammenhang des polizeilichen Ausbalancierens zwischen latenter Gewaltbereitschaft und aktiver Neigung zur Gewalt sind dem Polizeisoziologen „Frauen ein wichtiger Teil der Lösung, um die Cop Culture nach und nach professioneller zu machen.“ Also mehr Polizistinnen. In den Einheiten mit vielen Frauen „sind die Verhältnisse inzwischen ganz anders: man geht nach dem Dienst zusammen in die WG und kocht oder geht gemeinsam aus. Da herrscht nicht mehr diese homosoziale Saufkultur. Natürlich nehmen die sich auch libidinös was. Das ist ja nichts, was die Polizei schwächt oder schlechter macht.“ (*)

Bullenpärchen. Photo: polizei-bw.de

Ansonsten gilt: „Man holt nicht die gesellschaftliche Avantgarde in die Polizei.“ Sondern eher die gesellschaftlich „Überflüssigen“, wie Eric Hobsbawm sie nennt. Es gab von Anfang an einen Standesdünkel bei der Polizei gegenüber sozial und bildungsmäßig Höherstehenden, „aber dieses Problem nimmt ab, seit wir bei der Polizei nur noch Leute mit Abitur rekrutieren.“ Dennoch gibt es immer noch genug Bullen, die aus Angst, „sie könnten was Falsches sagen, blödes Amtsdeutsch benutzen, wie es im Gesetz steht. Gerade wenn sie Leuten gegenübertreten, die einen Doktortitel haben“.

Dazu gibt es viele Polizistenwitze, einer sei hier erzählt: „Ein Professor angelt in seinen Ferien an einem See. Plötzlich steht ein Polizist hinter ihm und schnauzt: „Mit welchem Recht angeln Sie eigentlich hier?“ Gelassen dreht sich der Professor um: „Mit dem mir gegebenem Recht des genialen Intellekts über die mir unterlegene animalische Kreatur!“ „Entschuldigen Sie bitte“, meint der Polizist: „Aber man kann ja nicht alle neuen Gesetze kennen!“ Eine DDR-Witzforscherin behauptet: „Bei uns gab es keine Vopo-Witze – die waren alle wahr“.

„Man muß davon ausgehen,“ meint der Polizeisoziologe, dass es ein hochsymbiotisches Verhältnis gibt zwischen der Polizei und ihrer Klientel.“ Gemeint ist damit wohl das Lumpenproletariat, die kriminelle Subkultur oder Scene. Und dass die Polizisten „strukturell immer dann überfordert sind, wenn sie mit Leuten zusammenkommen, die sozial weit über ihnen stehen.“ In seinem Buch über die „Cop Cultre“ differenziert der Polizeisoziologe jedoch in dieser Hinsicht den Polizeiapparat insgesamt: Die Streifenpolizisten sind für ihn „polizeiliche Unterschicht“, dazu gehören auch die „skinheadmäßig“ herumlaufenden „Kahlköpfigen“. Und die dicken polizeiähnlichen Objektschützer vermitteln seiner Meinung nach sogar ein besonders schlechtes Bild von der Polizei, obwohl sie eigentlich „nur Angestellte“ sind.

Der Polizeisoziologe möchte einem „Intelligence Corps“ angehören: Verständlich, aber auch er hat einmal, als er noch ein blöder Bulle war, unnötigerweise zugeschlagen: Das war bei der Auflösung einer Demonstration in Kalkar 1977. Da wurde er als junger Bereitschaftspolizist mit seiner Einheit per Hubschrauber zum Brennpunkt geflogen: „Wichtig, wichtig und viel Action.“ Einem Flüchtenden schlug er von hinten mit dem Gummiknüppel („Etwas Phallisches hat der unbestreitbar“) auf den Rücken: „Ich habe nicht nach den Rechtsgrundlagen gefragt, sondern danach, was die Kollegen machten. Ich dachte nur, wenn die das machen, dann kann das nicht verkehrt sein. Man kann von Glück reden, dass ich als der Heißsporn, der ich damals war, keine irreversiblen Schäden angerichtet habe.“

Rauchverbotsschild in der taz. Photo: rauchverbot.de

Wie erwähnt befindet sich in dem von Oliver Gehrs herausgegebenen „Dummy“-Heft über die „Polizei“ nicht nur dieses Interview mit dem Polizeisoziologen Rafael Behr, sondern auch ein Interview von Marc Fischer mit seinem Vater – einem Kriminalhauptkommissar a.D.. Außerdem ein Artikel über die „erste Polizeiassistentin Berlins“: Henriette Arendt – eine Schwester der Philosophin Hannah Arendt. Sowie eine Reportage von Oliver Geyer aus Los Angeles – über eine neue „Anti-Stalking-Unit“ im dortigen Police Department (LAPD abgekürzt):

„Wir beheben hier die Kollateralschäden der Star-Industrie“, meint einer der acht  „Detectives“ in der Einheit, und der „Chefermittler“ erklärt: „Einen Stalker schnappt man sich nicht wie einen Autodieb aus South Central, man muß Geduld haben, ihn Fehler machen lassen.“ Denn es geht dabei nicht nur darum, den notorischen Verfolger eines Stars zu identifizieren, der Täter soll auch genug Straftaten begehen, damit er eine möglichst hohe Gefängnisstrafe bekommt. Was für Schweine!

Die Gründung der Anti-Stalking-Unit geht auf die „Stalking-Queen“ Rhonda Saunders zurück, eine Staatsanwältin, die Anfang der Neunzigerjahre das weltweit erste Anti-Stalkinggesetz in Kalifornien durchsetzte. „Heute können wir schon wegsperren, wenn sich das Opfer durch seinen Verfolger bedroht fühlt,“ meint sie stolz – ohne sich in ihrem verblödeten  Amigehirn nur im Mindesten klar zu machen, wer denn  dabei in Stalking-L.A. überhaupt Opfer und wer Täter ist: Selbstverständlich ist der Stalker das Opfer – der US-Unterhaltungsindustrie, der Filmkonzerne, der Boulevardpresse, etc. – kurz: des US-Kulturimperialismus, der  alles daran setzt, damit möglichst viele hässliche, arme, lebensgeile Schwachköpfe weltweit sich in die  US-Leinwandstars „verlieben“. Und wenn diese „Underdogs“ nun schon mal in Kalifornien leben müssen, dann wollen sie irgendwann auch ihrem berühmten und reichen Lieblingsstar dort auf die Pelle rücken – und eventuell auch an die Wäsche gehen. Darum geht es doch in diesem ganzen Scheiß-Hollywood-Spiel: Um Stars zum Anfassen! Sie sind deswegen die eigentlichen Täter. Diese ganzen Tom Cruises, Pamelas und wie diese Schreckensgestalten alle heißen.

Malvorlage „Polizei“. Photo: schulbilder.org

Dem Chefermittler der Anti-Stalker-Unit scheint dieses Fahndungs-Dilemma mittlerweile sogar zu dämmern: „In Hollywood hast du es erst geschafft, wenn du einen Stalker hattest, das kostet uns viel Zeit.“  Also um ein Star zu werden, braucht man mindestens einen Stalker, d.h. einen Täter, der sich für einen opfert. Das war in Hollywood schon lange so – und gegen die allzu Aufdringlichsten, Ungebetensten schützte man sich mit „Security“ bzw. „Body-Guards“. Auch diese komischen Muskelprotze mit Knopf im Ohr gehörten und gehören wie die Stalker zum US-„Star-System“. Der „Stalking-Queen“-Staatsanwältin reichte das aber nicht aus:  Ein Anti-Stalking-Gesetz für Kalifornien mußte her. Und weil sich in Hollywood die Stars und Möchtegernstars ballen, deswegen gibt es dort nun auch noch extra eine „Anti-Stalker-Unit“ bei der Polizei.

All das ist natürlich Ausdruck puren US-faschistischen Denkens, aber es kommt noch schlimmer: Weil die USA eine Weltmacht und damit quasi zwingend vorbildlich sind, haben sofort alle ihre Satelliten-Staaten, vorneweg natürlich die dämlichste und unterwürfigste – die  Bundesrepublik, diesen ganzen Scheiß sofort hackenschlagend nachgeäfft, d.h. das selbe Gesetz erlassen.

Es war wie nach dem Flugzeug-Attentat auf das New Yorker World-Trade-Center. Da geschah fast augenblicklich Folgendes in Deutschland – konkret: in Bremen: Die verarmte Hansestadt hat auch ein „World Trade Center“ – ein kleiner alberner  Block vor dem Bahnhof, der fast völlig  leer stand, nachdem die letzten koreanischen Mieter, die dort einige Büros bezogen hatten, nach Ablauf der Mietsubventionen ausgezogen waren. Als dann die New Yorker Twin-Towers einstürzten, schickte  man in Bremen sofort einen Ü-Wagen des Lokalsenders „Radio Bremen“ zum  „World-Trade-Center-Block“ – und der meldete dann den ganzen Tag alle halbe Stunde – zunehmend enttäuschter: „Hier tut sich nichts!“ „Hier ist noch alles ruhig.“ Das muß man sich mal vorstellen. Das reinste Stalking über Medien. Aber so funktioniert es – auch im Falle des deutschen Anti-Stalking-Gesetzes – den Paragraphen 238 („schwere Belästigung“), den die rotgrüne Regierung uns 2005 noch quasi eingebrockt hat.

Seit einigen Jahren gibt es bei der hiesigen Polizei Stalkingexperten und mit diesen kooperierende Betreuungsorganisationen – für Täter (Stalker) und für Opfer (Sich-schwer-von-ihnen-belästigt-Fühlende). Man kann darauf wetten, dass es demnächst auch hier „Anti-Stalking-Units“ bei der Polizei gibt – zuerst natürlich in der besonders für jeden Amischeiß aufgeschlossenen neudeutschen Hauptstadt, wo jeden Tag mindestens drei Idiotenfilme gedreht werden und die BZ täglich mit Photos verrät, wann welche Stars wo verkehren und mit wem übernachten.

Eine gemischte „Unit“. Photo: mobil.bz-berlin.de

Weil man aber natürlich in der Geburtsstätte dieses ganzen  Stalking-Schwachsinns, in Hollywood, das Problem mit einer bloßen Umdrehung (berühmter Star = Opfer, Armes Stalkingschwein = Täter) nicht lösen kann, schon allein deswegen nicht, weil man, um ein Star zu sein mindestens einen Stalker gehabt haben muß und es deswegen nicht nur von der Anti-Stalking-Unit aus eine enorme Nachfrage nach Stalkern in L.A. gibt – aus diesem Grund also geht man dem Phänomen auf gewohnt-amerikanische (pragmatisch-technische) Weise auf den Grund: „Da ist meist schon eine genetische Veranlagung“ – zum Stalken, meint der Psychologieprofessor Reid Meloy, der bei der LA-„Anti-Stalking-Unit“ als „Profiler“ fungiert, weil nämlich der Stalker, wenn er von seinem so überaus geliebten Star harsch zurückgewiesen wird, dazu neigt  zu „explodieren“. Das ist für einen Ami „eine genetische Veranlagung zur Psychose“ und, na klar, Psychosen sind dort genetisch bedingt. „Je psychotischer ein Stalker ist, desto archaischer sein Jagdtrieb,“ erklärt der Professor dem deutschen Journalisten. Auch das dieser komische Wissenschaftler/Profiler die massenmedial injizierte Star-Verliebtheit beim Stalker und dessen daraus resultierende Sehnsucht, den Star in Wirklichkeit zu treffen, für einen „Jagdtrieb“ hält, ist dümmster Anthropologismus – Amidenken.

Das Stalken ist also ein Gen-Defekt. Müßte man eine solch reduktionistische und antihumanistische Denkweise nicht eigentlich verbieten? Nein, man kann sogar darauf wetten, dass schon mindestens 100 deutsche Wissenschaftler emsig, wie es ihre Art ist, daran arbeiten, auch das hiesige Stalken auf Gen-Defekte zurückzuführen.

Man muß die Amis zuletzt aber doch gegenüber den Deutschen in Schutz nehmen, auch hierbei, denn immerhin denken sie sich diese ganze Scheiße wirklich aus, während wir sie hier bloß dumpf übernehmen.

Fahnder unter sich. Photo: einestages.spiegel.de

Die Chefermittlerin von morgen – am Mikro der Gewerkschaft der Polizei. Dazu heißt es  auf der Webpage der „Jungen Gruppe“ in der GdP: Einen besonderen Moment während der 13. GdP-Bundesjugendkonferenz bescherte den Teilnehmern die erst 18jährige Lisa Nachtigall aus Flöha bei Chemnitz, als sie selbstbewusst zum Mikrofon ging und ihren Änderungsvorschlag zum Personalabbau sehr bemerkenswert vorbrachte. In Ihrer Funktion als Delegierte des Landes Sachsen zeigte sie ein besonderes Geschick und wirkte in ihrer Wortwahl schon fast wie ein „alter Hase“. Lisa stellt abermals ein beeindruckendes Beispiel für die hochwertige Qualität und Arbeit der Jungen Gruppe dar, der Dank dafür war ihr gewiss. Ihr Beispiel zeigt aber auch, dass sich keiner, ob jung oder alt, in der GdP scheuen muss, „das Heft in die eigene Hand zu nehmen“. Photo: Rohde

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Anmerkungen

(*) „Sie war jetzt eine feste Größe im Team, nicht mehr die Quotenfrau von damals, die ihren Zweck schon erfüllt hatte, bevor sie überhaupt den Dienst antrat,“ denkt z.B. die Kriminalkommissarin Bettina Boll in dem Pfälzer Regionalkrimi „Schwarzwild“ von Monika Geier, als der Chef  der Mordkommission ihr erlaubt, auf eine halbe Stelle zu gehen und sie in diesem Zusammenhang wegen ihrer guten „Spürnase“ lobte. 

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