„Der Umstand, dass Teile dieses Werkes aus vielen ungenannten Quellen kompiliert wurden, ist dabei das kleinere Problem. Das größere ist, dass es so offensichtlich ist, dass die Autorin weder über die Erfahrung noch über die Sprache verfügt, um überhaupt einen Roman schreiben zu können. (…) Aus Gründen, von denen noch zu handeln ist, fällt der literarische Halloween in diesem Jahr auf den Februar.
Ein Satz, willkürlich aus der Mitte des Buches gegriffen:
„Ich kann das nicht ausdrücken, denn ich habe keine Ausdruckswaffen mehr, sondern nur eine dunkel über meiner Existenz thronende Aufnahmefähigkeit, die nicht ausgeschaltet werden kann und mein komplettes Innenleben in verknotete Wurstbindfäden verwandelt hat.“
Wie? Da „thront“ ein Apparat, den man mit keiner Anschauung verbinden kann, über einer „Existenz“ und verwandelt ein „Innenleben“ in „Wurstbindfäden“?
Entspräche diesem Satzungetüm eine literarische Technik, müsste man sie so beschreiben: Man suche sich mindestens eine Metapher von der möglichst schrillen, affektgeladenen Sorte, packe sie in einen Satz, der, ohne dass es dafür eine inhaltliche Notwendigkeit gäbe, von hoher syntaktischer Schwierigkeit ist, und lasse sie, in dem Augenblick, in dem der Leser erkennen will, was es mit dem Vergleich auf sich hat, in die nächste, ebenso unpassende Metapher kippen.
Die wüsten Sprachbilder bedrängen sich so gegenseitig, stehen einander auf den Füßen herum, rutschen zur Seite und stiften jede Menge Verwirrung. Das Durcheinander ist Absicht, denn es gibt etwas zu verbergen: einen substantiellen Mangel an Erfahrung. (…)
Deswegen ist Axolotl keine Literatur, sondern Pornographie: ein Versuch, die reflexive, ästhetische Distanz aufzuheben, mit Bildern, die den Leser zum direkten, unverstellten, fassungslosen Hingucken zwingen sollen. Und deswegen ist Axolotl ein aus vielen Versatzstücken zusammengetragenes Plagiat, bei dem sich der ganze Umfang des Kopierten wohl erst in einigen Tagen offenbaren wird. Denn wenn man wenig erlebt hat, und wenn die Sprache nicht ausreicht, man aber trotzdem Schriftstellerin sein will: Was kann man dann tun, wenn man ein naseweiser, vielleicht etwas altkluger und nach Geltung gierender Teenager ist, der im Kulturbetrieb etwas erreichen will – was kann man tun, außer abschreiben, im Internet, im einem Roman eines weitgehend unbekannt gebliebenen Autors mit dem Pseudonym Airen, in einem Kurzfilm von Benjamin Teske oder wo auch immer?“
(Thomas Steinfeld in der Süddeutschen Zeitung)
Inhaltsverzeichnis:
* Die ersten 200 Folgen Schmähkritik
* Wer disst wen?
Mit Dank an Metalbenny!