vonChristian Ihle 01.07.2010

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Weder der teuerste Spieler der Welt noch 22 für Fußballprofis eher dürftig bezahlte Akteure kommen gut weg in den Augen der deutschen Sportpresse:

„Die gute Nachricht vorweg: Cristiano Ronaldo bleibt uns für den Rest der WM erspart. Jetzt die schlechte: Ihm wird schon was einfallen, womit er uns auch in Zukunft das Leben vermiesen kann. (…) Wir blättern im »Stern«. Letzte Seite: »Was macht eigentlich… Cristiano Ronaldo?« Keine Ahnung. Spielt der Peinsack mit?“ Das Schönste an diesem Treffer (für Spanien, Anm.) ist ja tatsächlich, dass dieser Ronaldo uns jetzt nicht mehr so megaloman entgegen penissen kann wie sonst immer. Tschüss, ihr Partys mit Paris Hilton, ihr Blingblings, du Champagner aus fliederfarbenen Fußballschuhen. Hallo, Aus im Achtelfinale.“

(Andreas Bock und Dirk Gieselmann im 11-Freunde-Liveticker zur WM-Achtelfinal-Partie Portugal-Spanien)

„Cristiano Ronaldo sollte Portugal anführen – doch fußballerisch war der teuerste Spieler der Welt in Südafrika nicht zu gebrauchen, (…) der auch im Greenpoint-Stadion überwiegend als großes Ärgernis aufgefallen war: Cristiano Ronaldo, Megastar.

Einer der vermeintlich größten Unterhaltungskünstler entschied sich früh dazu, seine Beiträge fürs große Ganze auf vereinzelte Selbstdarstellungen zu reduzieren. Die männliche Diva „CR 7″ mag ja noch die weibliche Kundschaft weltweit verzücken – fußballerisch ist der ehemalige Weltfußballer bei diesem Turnier nicht zu gebrauchen gewesen. Seine ständigen Schauspieleinlagen, seine sinnfreien Finten, sein absurdes Abwehrverhalten – all das kann den Fußballfreund eigentlich nur nerven. (…) Müsste mit 25 Jahren eigentlich in der Blüte seines Schaffens stehen. Dass der polarisierende Poser jedoch fast schon demonstrativ beim Abgang vor der Kamera ausspuckte; dass er später aus der Mixed Zone kommentarlos flüchtete, passte nur zum traurigen Bild, dass er abgab. In seinem Operettendasein müsste dringend ein Regulativ installiert werden.“

(Frank Hellmann bei Spiegel Online)

„Das Aufeinandertreffen von Japan und Paraguay wirkte in der ersten Halbzeit wie Performance-Kunst: 22 Spieler und drei Schiedsrichter wirken in der Installation „Variationen des Nichts“. (…) Die Spieler führten die Partie, je nach Auslegung, eher taktisch oder eher gar nicht. Bei solchen Gelegenheiten wird gern Franz Beckenbauer mit dem Bonmot zitiert, es gehe zu wie bei Untergiesing gegen Obergiesing, aber so aufregend war’s dann auch wieder nicht. (…) Néstor Ortigoza wirkte schwerfällig wie ein Mitglied einer Alt-Herren-Mannschaft. Lief dann plötzlich schnell wie ein 25-Jähriger und ein Blick auf den Spielberichtsbogen bestätigte: Ortigoza ist 25 Jahre alt. Bei seinen Pässen mussten die mit dem Rücken zum Spielfeld stehenden Ordner einen Hinterkopftreffer fürchten. Wäre auch in jeder Alt-Herren-Mannschaft nach 75 Minuten vom Platz geholt worden. (…) Edgar Benitez ist Mitglied der historischen Viertelfinal-Mannschaft Paraguays. Doch die Wahrheit ist: Trainer Martino sollte ihn zur Seite nehmen und mit ihm Ballstoppen üben. Fürchterlicher Auftritt des linken Mittelfeldspielers. Nach einer Stunde ausgewechselt, eine Stunde zu spät. Trainer Martino sollte Enrique Vera gleich zum Ballstopp-Training mitnehmen. Ihm sprang die Kugel mitunter derart weit weg, dass man ihm raten wollte, doch bitte die Skischuhe auszuziehen.“

(Christian Zaschke in der Süddeutschen Zeitung über das Achtelfinal-Spiel Paraguay gegen Japan sowie Thomas Hummel in der Einzelkritik über die paraguayanischen Spieler Origoza, Benitez und Vera)

„Wir fühlen uns immer mehr wie inmitten eines Dalí-Gemäldes. Zusammen mit dem Plasmaschirm, den Konferenzmöbeln, unseren Laptops und dem Raum-Zeit-Kontinuum zerschmelzen wir in dieser Saunahitze zu einer einzigen kakaoartigen Masse. Drei Minuten dieses Spiels kommen uns vor wie dreißig Jahre Einzelhaft. (…) Noch fünf Minuten bis zur Höchststrafe, vulgo: Verlängerung. Wenn wir nicht wüssten, wie schön Springbrunnen sein können, würden wir schreiben, dass diese Begegnung nur so dahinplätschert. Vielleicht ein vermoderter Springbrunnen mit verseuchtem Wasser. Ja, das Bild passt schon besser. Jens Kirschneck holt jetzt den Nazivergleich der Fußballberichterstattung hervor. „Das ist wie Schweiz-Ukraine 2006.“ (…) Warum, lieber Fußballgott, schickt Du all Deinen Zorn in Form dieses Spiels auf mich herab? (…) Das Spiel ist aus. Wir freuen uns. Nicht für Paraguay. Sondern nur für uns. Wir haben es geschafft. Wir haben es überlebt. Amerika hatte 9/11. Wir hatten dieses Spiel.“

(Benjamin Kuhlhoff und Johannes Ehrmann im 11-Freunde-Liveticker über die Achtelfinal-Partie Japan – Paraguay)

Inhaltsverzeichnis:
* Die ersten 300 Folgen Schmähkritik
* Wer disst wen?

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