vonSchröder & Kalender 12.08.2006

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

Mehr über diesen Blog

Der Bär flattert immer noch schwach in nördlicher Richtung.

Günter Grass schämt sich nicht, nach 45 Jahren moralinsauren Schreibens und Redens als Reklame für sein neues Buch das »Geständnis« abzulegen: »Ich habe damals in der Waffen-SS gedient. Eine Eliteeinheit mit den meisten Verlusten.« So holt er sich zeitgeistkonform nach 35 Jahren des Trommels für die EsPeDe auch noch die Leser aus der rechten Ecke für seine ›Zwiebel‹. Zum Heulen? Nee, eher zum Lachen!

(BK / JS)

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/schroederkalender/2006/08/12/gunter-grass-schamt-sich-nicht/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Mir fehlt ein Wort. Als Sohn eines 82Jährigen, dem ebenfalls der Krieg der Wahnsinnigen die Jugend zertrümmert hatte und der ebenfalls, bis heute, kaum darüber sprechen kann über das, was ihm damals widerfuhr, und als Vater eines 15- und eines 22Jährigen, die ich mir vergeblich als Tätersoldaten vorzustellen versuche, die von einer homogenen Volksidiotie verführt und manipuliert mir vorzustellen aber sofort gelingt, fehlt mir das Wort Betrug. Das „System des 3. Reichs“ hatte die Kinder und Jugendlichen verführt: Aber vor allem sind sie von konkreten Erwachsenen betrogen worden. Erwachsene, die es besser fühlten und wußten, hatten den Nachwachsenden ein monströses Lügengebilde als „Zukunft“ und „Heil“ aufgetischt, tagein, tagaus, jahrein, jahraus: um dann, als deren Jugend vorbei war (oder, noch fataler, noch nicht vorbei war) – Jugend: die Zeit, in der der Mensch nur vertrauen will, nur vertrauen kann und nichts anderes tut als vertrauend sich einzulassen auf die für ihn noch neue, frische Welt -, ihnen kaltlächelnd den Boden unter den Füßen wegzuziehen: „April, April, Ihr seid nun angekommen, aber nicht in Eurer Zukunft, nicht in Eurem Heil, sondern inmitten unserer Hölle, die wir für uns und alle bereitet haben. Ihr seid nichts mehr, Ihr habt nichts mehr, vergeßt Eure Jahre des Wachsens, sie waren für die Katz’, nichts zählt mehr – erfindet Euch neu, wenn Ihr könnt, und wenn Ihr nicht könnt, dann verreckt. Wir jedenfalls helfen Euch nicht.“ Sechzig Jahre später den Spieß herumzudrehen und diesen Betrogenen auch noch vorzuhalten, sie hätten doch „früher“ oder jedenfalls „genauer“ sprechen sollen über diesen einen, alles zerstörenden Bruch ihres Lebens, über dieses vollständige Betrogenwordensein, ist nur noch frech. Woher schon wieder diese Anmaßung? Daß vor 60 Jahren ein 15Jähriger – und also, damals, noch viel mehr Kind als ein 15Jähriger heute – von einer verbrecherischen, mörderischen Erwachsenenwelt „gemustert“ wurde ob seiner Tauglichkeit fürs Töten, dann abgerichtet und hergerichtet für die Schlachtfelder der Wahnsinnigen, das und nur das bleibt und ist immer wieder, erneut und erneut, das einzige Skandalon, über das zu sprechen sich lohnt. Daß jemand, der anschließend nicht mehr vertrauensvoll auf seiner Jugend aufbauen durfte, über dieses über alle Maßen Betrogenwordensein, über dieses Gelocktworden-, dann Mißbrauchtworden-, dann Ausgespucktworden-, schlußendlich Alleingelassenwordensein nicht alles sagen wollte, ist sein gutes Recht. Er wurde geistig, mental, physisch vergewaltigt, wie Schwester und Mutter auch. Welche Pflichten hat der Vergewaltigte? Und gerade deshalb war und blieb es, andererseits, sein gutes Recht, den Mißstand der damaligen Zeit, der bis heute weiterwirkt, bloßzulegen, anzuklagen, zu verurteilen. Wenn nicht er – wer sonst? Wer von all denen, die sich jetzt über Grass stellen, schickt gleichzeitig die Jugend dieser Welt gedanklich weiterhin in die Feuer des Verderbens, in das Dunkel des Traumas, in die Sackgassen der Verrohung, der Ernüchterung – in Afghanistan, im Kongo, im Libanon? Oder befürwortet „staatsmännisch“ und „staatstragend“ die Verrohung, das Trauma und die unendliche Beschädigung junger Amerikaner in Afghanistan, im Irak und demnächst vielleicht demnächst im Iran? Man schweige!

  • Grass hat nicht Gras darüber wachsen lassen wollen. Nun: SO lange darüber zu schweigen, kann man Günther Grass vorwerfen. Jedoch: im Alter von 15 bzw. 17 Jahren konnte er noch gar nicht gewusst haben, was sich hinter dieser Organisation, die für viele Verbrechen verantwortlich ist, verbarg. Alle jene, die jetzt wegen seines langen Schweigens die Rückgabe seines Nobelpreises fordern, sind für mich nichts als Speichelspucker und Lefzennässer. Es fehlt ihnen das Beurteilungsvermögen in Bezug auf die Zeit, in der Grass aufwachsen musste! Aber heute ist es ja immer noch schick, auf jene zu zeigen, die in der Nazizeit UNSCHULDIG waren und geblieben sind. Auch solche hat es gegeben, nicht viele, aber immerhin!

  • Leider wird nicht immer die volle Wahrheit veröffentlicht:
    Grass wurde zur Waffen-SS (wahllos)EINBERUFEN
    wie viele gegen Kriegsende (wegen der hohen Verluste der freiwilligen Waffen SS)
    Er hätte diese Umstände früher aufklären sollen.

  • Der arme Günter.
    Schleppt jahrzehntelang ein schreckliches Geheimnis mit sich herum um es kurz vor seinem 80. Geburtstag publicitywirksam zu vermarkten.

  • „Grasse“ Werbung…

    Günter Grass, seines Zeichens linker Moralapostel der Nation und nebenbei Literatur-Nobelpreisträger, gab zu, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein. Nicht nur meine erste Reaktion war "Na und?". Klar ist das ein gewisser Makel im Lebenslau…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert