Der Bär hat sich um den Mast gewickelt und flattert nur mit halber Kraft nach Norden.
Vor dem Standesamt im Schöneberger Rathaus wartete gestern ein Spalier aus zwei Schornsteinfegerinnen und vierzehn Schornsteinfegern auf ihren Kollegen.
Wenn das kein Glück bringt!
Der Bezirksschornsteinfegermeister war auch dabei – in Zivil und mit Kamera. Er erzählte uns, bevor das überraschte Brautpaar aus der Rathaustür trat, so einiges über Zylinder und den Auftrag der Schornsteinfeger als »staatlich beliehene Unternehmer«.
Und Holz sägen mußten sie später auch.
Wir dachten bei dieser Gelegenheit, an eine Geschichte von Alfred Döblin über die osmotische Aufnahme von Literatur: Ein Mann, Karl Flieder, seines Zeichens Schornsteinfeger, ging einmal in eine Bibliothek und kam aus dem Staunen über die vielen Bücher nicht heraus. Er konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß diese Werke, immer hier befindlich, falls nicht gerade ausgeliehen, auf die Dauer einen großen Einfluß auf die Wände und Decken ausüben mußten. Sie mußten diesen Einfluß schon lange ausgeübt haben, so daß man durch den bloßen Aufenthalt hier, durch Sitzen auf einem Stuhl, durch Herumstehen sich gewisse Kenntnisse aneignen konnte. Er verriet diesen sehr naheliegenden Gedanken niemandem, aber setzte sich in seiner Freizeit in die Bibliothek auf einen Stuhl, an einen Tisch,
blickte um sich und wartete. Flieder, der Junggeselle war und mit zwei Gehilfen arbeitete, gönnte sich für seine Bildung eine halbe, später eine ganze, ja manchmal zwei Stunden. Er schlief auch ein und erwachte immer gekräftigt, ernst und gedankenvoll. Aber welches diese Gedanken waren, die ihn erfüllten, dahinter kam er nicht. Er schritt, um es zu ermitteln, gelegentlich vor dem Weggehen an irgendein Regal, zog ein Buch hervor und befragte es. Manchmal schien er etwas ähnliches zu denken oder gedacht zu haben. Griff er aber zu einem anderen Buch, etwa zu einer Indianergeschichte, so konnte es auch das gewesen sein. Es ließ sich nicht entscheiden. Daher kam er zu dem Schluß: Man darf sich in der Bibliothek nicht mit den einzelnen Büchern befassen, die sich ja auch untereinander widersprechen, sondern muß sich mit einer gewissen Quersumme begnügen, die sich bei Aufenthalt in einem mit Büchern besetzten Raum ohne weiteres ergibt. Kurz, er ließ die Annäherung an die Regale und kam wieder auf das einfache Herumsitzen zurück, wobei ihm vieles einfiel, dem er aber nicht nachging. In diesem Schwebezustand lebte der Schornsteinfeger viele Jahre. Jeder sah, er war ein ernster bedachtsamer Mann. Man behauptete, die Hochachtung vor Büchern verhindere ihn zu lesen. Die Hochachtung war gewiß da, aber es war auch eine andere Methode der Kenntnisnahme. (›Die Bibliothek‹ von Alfred Döblin)
(AD / BK / JS)
Schornsteinfeger für mich unnütz!
Wir haben eine Erdgasheizung und brauchen keinen Schornsteinfeger. Trotzdem kassiert ein Schornsteinfeger jedes Jahr über 60 Euro ab.
Satire?:
– Roger Boyes Buch „How to be a Kraut“ Deutschland-Korrespondent der London Times : „Zehn Berufe, die es nur in Deutschland geben kann“:
„Schornsteinfeger: ein Berufsstand, der in allen anderen europäischen Ländern langsam ausstirbt. Nicht so in Deutschland. Dank der mafiösen Strukturen des Verbandes, der sich immer noch auf ein 1937 unter Himmler eingeführtes Gesetz beruft, dürfen diese zwielichtigen, schwarzgewandeten deutschen Glückssymbole jederzeit in Ihre Wohnung eindringen und Ihren Schornstein inspizieren- selbst wenn Sie gar keinen haben.“
Siehe Seite 4:
http://rogerboyes.com.dd13706.kasserver.com/WP/wp-content/uploads/2008/05/howtobe.pdf
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Joachim Datko – Ingenieur, Physiker
Interessengemeinschaft gegen das Schornsteinfegermonopol – Sektion Bayern
Portal : http://www.kontra-schornsteinfeger.de
Forum: http://www.schornsteinfeger-ko.de