vonSchröder & Kalender 18.09.2007

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in östlicher Richtung.

Wir empfehlen nachdrücklich das Buch ›POP Shop‹ Hier die zweite Leseprobe aus dem Kapitel ›Prostitution – Zuhälter‹:

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Wie war das für dich, als du zum ersten Mal bei einer Prostituierten warst? Ist es für dich möglich, darüber zu reden?
Baschar: Warum nicht. Es ist ja nicht so, dass ich jede Woche da hingehe. Du bist in der Discothek und dann hörst du von deinen Freunden, komm‘ lass‘ uns mal in den Puff gehen. Da kann ich doch nicht sagen, nee, ich hab‘ Freundin, ich fick‘ nicht, ist doch lächerlich. Wir sind dann öfter hingegangen, hier ins Pascha oder in Bonn.
Wie alt warst du beim ersten Mal?
Baschar: Beim erst Mal war ich 14.
Bruno: Ich war 13, das war komisch.
Hast du sie angesprochen und sie sagte nicht, du bist zu jung?
Bruno: Nein, die interessiert das nicht. Die kam da an, hey Süsser, komm‘ doch mal mit. Die wollte achtzig Mark haben für einmal. Da hab‘ ich gesagt, ich such‘ eine andere, darauf sie, ja geh‘ zu den anderen, die sind billiger. Da hab‘ ich ihr achtzig Mark gegeben und dafür hat sie mir einen gemacht. (alles lacht)
Baschar: Sind wir hier ein Frauenverein?
Bruno: Okay, sie hat einen geblasen, einen gelutscht.
Hast du einen Eindruck von ihrem Alter gehabt?
Bruno: Die war älter, so dreißig.
Thomas: Hattest du Angst?
Bruno: Das erste Mal war voll komisch, du denkst, was geht denn hier ab, voll der Puffgeruch in dem Haus, alles riecht nach Sex, auf jeden Fall.
Klar ist doch, dass die meisten Jugendlichen mit 13 das nicht machen oder?
Bruno: Bei den Jugendlichen ist das immer früher. Früher war es ja auch nicht üblich, dass man mit zehn oder elf anfängt zu kiffen.
Baschar: Bei mir ist das schon selbstverständlich. Manchmal geht man auch nicht zum Bumsen hin, man guckt nur so ein bisschen. Aber wenn einem eine gefällt, dann kann man sich nicht zurückhalten, dann muss man da rein.
Du bist 14 und zahlst fünfzig Euro?
Baschar: Nein, dreißig Euro.
Kriegst du Rabatt, weil du so jung bist?
Baschar: Die meisten interessiert das nicht, wie alt man ist, Hauptsache das Geld stimmt.
Das heißt in einem offiziellen Puff wirst du nicht rausgeschmissen, wenn die seh‘n, dass du noch keine 18 bist?
Baschar: Da gibt’s zwei Türen, den Haupteingang und zwanzig Meter weiter ist ein weiterer Eingang, da geht man direkt zu den Treppen und weiter, die kümmern sich gar nicht da drum. Es gibt ein paar Frauen, wenn die dich sehen, die fragen, was machst du hier, geh‘ raus. Es gibt auch Kameras, aber das Geld muss einfach kommen.
Diejenigen, die sagen, geh‘ raus, schämen die sich, weil ihr so jung seid?
Baschar: Das hab‘ ich noch nie gefragt, kann gut sein.
Jeder von euch hat gesagt, dass es keine Rechtfertigung für die Vergewaltigung einer Frau gibt. Jeder sagt das und trotzdem geschieht es.
Baschar: Es ist auch nicht okay.
Du bist wegen Vergewaltigugng verurteilt worden, zu Unrecht?
Dogan: Ja, ein Mittäter von mir war es und die Frau sagte, ich sei es gewesen. Ich hab‘ dann gesagt, okay, ich war das.
Der Baschar lacht, weil er weiß, er geht bald. Bernd der Stille sagt, ich bin in 14 Tagen in Therapie und seh‘ auch das Ende. Auch der Carlos ist froh, dass seine Anwältin die Anklage von versuchten Totschlag auf Körperverletzung runtergesetzt bekommt. Und du bist wegen Vergewaltigung und Raub zu über acht Jahre verurteilt worden. Bist du allein angeklagt gewesen?
Dogan: Wir waren drei.
Bekamen die auch so hohe Strafen?
Dogan: Einer bekam 7,3 und der andere 4,6 Jahre.
Wo seid ihr verurteilt worden?
Dogan: Das war in Wuppertal.
Ist die Frau verletzt worden?
Dogan: Das war eine Hure, die kam da rein und war am Lachen.
Meinst du, bei eine Vergewaltigung macht es einen Unterschied, wenn das Opfer eine Prostituierte ist?
Baschar: Es macht keinen Unterschied. Vergewaltigung ist Vergewaltigung. Aber wenn du so etwas mit einer Hure machst, dann ruft die den Türsteher.
Carlos: Aber gegen ihren Willen, deswegen heißt das auch Vergewaltigung.
Baschar: Das ist doch nicht gegen ihren Willen bei einer Hure.
Das ist doch auch eine Frau.
Baschar: Das ist auch eine Frau, aber wer geht denn in den Puff, um eine Frau zu vergewaltigen, erklär‘ mir das mal.
Warst du dabei Dogan, als das passiert ist?
Dogan: Ich war dabei.
Und der andere hat das gemacht? Warum hast du ihn nicht gepackt und gesagt, lass‘ das?
Dogan: Mir war das egal.
Baschar, wenn du hörst, dass deine Schwester von jemanden vergewaltigt wird, was machst du dann?
Baschar: Ich bring‘ den um.
Das heißt für dich ist das nicht akzeptabel.
Baschar: Auf jeden Fall.
Wieso kannst du dann sagen, wenn einer eine Hure vergewaltigt, ist es okay.
Baschar: Das ist auch nicht okay.
Sie hat auch vielleicht einen Bruder.
Baschar: Hätte die Brüder, wäre sie gar nicht zu so einem Job gekommen.
Wie wird denn ein Mädchen eine Hure?
Baschar: Indem die zuviel rumfickt. Das fängt schon früh an, die interessiert sich für diesen Job. Dann gibt’s da bestimmt noch ein paar Leute, die der ein paar Angebote machen. Die machen sie süchtig, geben ihr Koks und irgendwann kann sie sich das nicht mehr leisten. So und dann kommt von ihrem Mann, jetzt mach‘ doch mal was für mich und dann geht die für den arbeiten. So einfach ist das. Es ist nicht schwer Frauen zu finden, die für dich arbeiten.
Selim: Der falsche Umgang, es geht schnell, auf diese Weise Geld zu machen, man muss sich nicht viel anstrengen. Wenn man sich die Prostituierten ansieht, dann haben die keinen Schulabschluss, die können nicht viel verdienen.
Aber in den teuersten Hotels gibt es auch Frauen, die sich prostituieren und sehr gebildet sind.
Selim: Ja, das sind die, wie man so sagt, die Edelnutten. Bei den meisten ist es das schnelle Geld und der falsche Umgang.
Meint ihr, die meisten machen das freiwillig oder gibt es auch Frauen, die dazu gezwungen werden?
Baschar: Die meisten Frauen werden gezwungen. Die, die das freiwillig machen, mieten sich ein Zimmer, die müssen anderen nicht Geld abgeben und werden auch nicht kontrolliert. Aber viele arbeiten für andere Leute. Die meisten die anschaffen, nehmen Koks oder Heroin oder irgendeinen anderen Scheiß. Es gibt nicht eine, die damit klar kommt, ständig gefickt zu werden, das geht nicht. Die muss irgendwas nehmen, um einen ganz anderen Kopf zu haben.

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Woher kommt es, dass Frauen vergewaltigt werden?
Baschar: Huren sind selber schuld. Warum arbeiten die denn in so einem Job? Da kommen die Leute voll besoffen an. Die denken, die Hure die arbeitet für Geld, da kann ich es auch für umsonst haben. So denken viele.
Carlos: Vergewaltigung heißt, das mit Gewalt zu machen, verstehst du? Oder würde es dir gefallen, wenn dich eine Frau voll kaputt haut?
Baschar: Denkst du, eine Frau kann mich zwingen, mit ihr zu schlafen oder was? Das ist kein Vergleich, Alter.
Carlos: Sagen wir mal ein Mann will das mit dir machen.
Baschar: Dann kämpfst du.
Baschar hat gesagt, mit 14 war das für ihn Standard, zu den Prostituierten zu gehen. Was hat man zu denen gesagt, die keine Lust dazu hatten?
Carlos: Schwuchtel.
Baschar: Wir sind da öfter hingegangen, haben getrunken, waren besoffen. Da hatten wir das Geld und sagten, komm‘, lass uns mal da hingehen. Warum nicht? Wir hatten nichts Großartiges zu tun.
Wenn ich stockbesoffen bin, kriege ich keinen hoch. Bei dir funktioniert das, wenn du stockbesoffen bist? (Gelächter)
Baschar: Ja, immer so um drei, vier Uhr morgens sind wir da hingegangen.
Carlos: Mit 14?
Baschar: Ich war immer öfter weg von zu Hause. Ich hab‘ mir da nur meine Klamotten abgeholt, das war’s dann.
Über Nacht warst du dann von zu Hause weg?
Baschar: Ja, und morgens bin ich gekommen. Ich hatte ´ne Zeitlang Schlüsssel, deshalb kam ich unbemerkt rein. Irgendwann haben meine Eltern gesagt, gib den Schlüssel her. Da musste ich ihn abgeben. So und dann war das erste Problem um vier Uhr morgens, weckst du deine Eltern auf? Dann werden auch noch die kleinen Geschwister wach wegen diesem Klingeln. Dann regt das den Vater auf und du holst dir deine paar Backpfeifen ab. Wenn du mit 14, 15 morgens um sieben nach Hause kommst, das ist ja auch nicht normal.
Die Prostituierte, die du beklaut hast, warst du bei ihr zuvor schon öfter, hat die dir gefallen?
Baschar: Das hat nichts mit Gefallen zu tun.
Carlos: Der hat sich verliebt.
Baschar: Nein, das war die nächste Möglichkeit. Die hat in einem Haus gearbeitet, wo nur Somalier wohnten. Das war so ein Asylheim mit zwölf Zimmern.
War sie ein Flüchtling?
Baschar: In der Akte steht, ihr Mann ist ein Deutscher, der hat sie von Thailand hier hingeholt. Sie hat nicht gesagt, dass sie als Nutte arbeitet. Sie hat erzählt, dass sie als Masseuse arbeitet, später hat die dann doch noch gesagt, manchmal hab‘ ich auch mehr gemacht.
Wenn du zu so einer Frau gehst, kannst du dann nicht akzeptieren, dass sie ein gleichwertiger Mensch ist?
Baschar: Doch, ich hab‘ mich mit der auch gut verstanden. Das Problem war nur, ich hab‘ Ihren ganzen Lohn genommen, was die von morgens bis abends verdient hat. Wenn ich eine Frau wäre, hätte ich auch das Gleiche gemacht wie sie und die Polizei gerufen. Hätte ich eine Chance gehabt, mit der zu reden, hätte ich ihr das Geld zurückgegeben, dann hätte die auch die Anzeige zurückgezogen. Ich war am Rumlaufen, zwei, drei Monate und bin danach in Ferien gefahren. Dann hab‘ ich von einem Verwandten gehört, dass die Frau gesagt hat, ich hätte sie vergewaltigt. Ich hab‘ gedacht, scheiß‘ drauf, ich mach‘ meine Ferien zu Ende und dann geh‘ ich zurück. Aber bevor ich irgendwas klären konnte, bin ich hier gelandet.
Carlos: Du bist in Holland verhaftet worden?
Baschar: Ja, der Prozess ist jetzt unterbrochen worden, weil sie nicht da war.
Wenn du jetzt nicht hingeh‘n kannst, dann kannst du ihr doch schreiben.
Baschar: Ich hatte die Adresse nicht.
Die besorgt dir dein Bruder.
Baschar: Von dieser Frau?
Ja.
Baschar: Ich hätte nie gedacht, dass die sagt, der hat mich vergewaltigt. Ich weiß selber, dass ich die beklaut habe.
Warum entschuldigst du dich nicht bei ihr?
Baschar: Dazu hatte ich ja nicht die Zeit.
Wie lang bist du jetzt hier?
Baschar: Ich sitze hier schon sechs Monate.
Da hast du schon sechs Monate Zeit gehabt, ihr einen Brief zu schreiben.
Baschar: Ein Brief, was soll ich da jetzt sagen? Die Anzeige, die zieht sie nicht mehr zurück.
Du kannst das auch für dich selbst tun. Ist es eine Schande zu sagen, es tut mir leid?
Baschar: Es ist keine Schande.
Carlos: Ich hab‘ gestern einen Brief geschrieben und darin hab‘ ich mich entschuldigt.
Baschar: Du hast das doch schon mal geschrieben, warum schreibst du das noch einmal?
Carlos: Es war nicht so, wie ich es haben wollte. Du weißt ja nicht, wie das ankommt und ob die den Brief überhaupt annehmen.

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Was bedeutet Mädchenhandel?
Bernd: Handel mit Mädchen.
Carlos: Handel mit Menschen.
Bernd: Dass er sie auf den Strich schickt oder verkauft.
Carlos: Als ob du ein Blättchen verkaufen würdest, du betrachtest Menschen wie ein Ding.
In deiner Anklage steht Mädchenhandel.
Ismail: In meinem Dorf haben alle vor mir Respekt und dieses Mädchen hat das gehört. Sie kommt zu mir, damit sie auch respektiert wird, denn jeder hat die dumm angesprochen. Und wenn die mit mir zusammen war, hat jeder auch sie respektiert, weil das meine Freundin war. Sie war eine Philippinerin. Und die hat das bei mir ausgenutzt. Und jetzt bin ich hier drin und sie geht für andere Leute anschaffen.
Sie war eine Prostituierte?
Ismail: Ja.
Hat sie dir Geld gegeben?
Ismail: Das ging ja nur fünf Tage, dann hab‘ ich Schluss gemacht, weil ich keinen Kontakt mehr haben wollte. Danach ist die mit meinem besten Freund ins Bett gestiegen, und die beiden haben mich bei der Polizei angezeigt.
Hat sie behauptet, du hättest sie in diesen fünf Tagen zur Prostitution gezwungen?
Ismail: Nicht gezwungen, gezwungen sagt sie nicht. Ausgebeutet hätte ich sie. Ihr Vermögen hätte ich ausgenutzt.
Das nennt man Mädchenhandel?
Ismail: Mädchenhandel ist so: diese Frau S. ist eine Puffbesitzerin. Wir sind da hingefahren und haben dummerweise gesagt, für zweitausend Euro ist die Frau zu haben. Das ist das Einzige, was mich kaputtmacht. Okay, ich dachte, ich komm‘ mir cool vor. Danach hab‘ ich verstanden, das war voll falsch. Ich hab‘ Schande über meine Familie gebracht. Bei den Türken, Sie wissen ja, wenn ich rauskomme …
Was denkst du, was meine Mutter gesagt hätte, wenn ich damals mit 19 gekommen wäre und hätte gesagt, ich habe mir eine Philippinerin gekauft? (Gelächter) Dass sich Eltern darüber aufregen, ist doch nichts Türkisches, alle Eltern wären entsetzt.
Ismail: Die Jugendgerichtshilfe hier sagt, ich muss ein Antiaggressionstraining und eine Psychotherapie in einer geschlossenen Anstalt machen. Das überlege ich mir jetzt. Baschar hat mir Angst gemacht, er hat gesagt, du kommst da behindert wieder raus.
Baschar: Kommst du auch. In der Psychiatrie, das ist eine geschlossene Klapsmühle, da wirst du noch verrückter. Er ist nur von Verrückten umgeben, dann kriegt er immer diese Tabletten, keiner weiß, was für Tabletten das sind, die sagen Beruhigungstabletten. Ich hatte auch mal einen Freund, der war im Landeskrankenhaus, das ist harmloser. Da war der vier, fünf Monate drinnen, der sabbert jetzt rum und redet mit keinem mehr. Der hat Spritzen und Tabletten gekriegt.
Ismail: Wenn ich über drei Jahre kriege, dann werd‘ ich sehr wahrscheinlich Abschiebung kriegen und dann ist es soundso vorbei.
Hier am Tisch saß noch niemand mit einer Anklage wegen Mädchenhandel. Deswegen würd‘ ich das gerne genau wissen. Es gibt zum Beispiel Freier, die verlieben sich in eine Prostituierte oder wollen ihr einfach so helfen und die kaufen die dann von ihrem Zuhälter frei. So etwas war es bei euch nicht, weil ihr wolltet, dass sie in Zukunft für euch arbeitet. Ist das so gewesen?
Ismail: Hätte ich dieses Mädchen dazu gebracht, wäre das was ganz anderes. Aber die ist mit diesem D. zu mir gekommen, und die haben das vorgeschlagen mit dieser Arbeit. Ich bin normalerweise sehr aggressiv, die hat vor mir Angst gehabt, weil ich erfahren habe, dass sie mit meinem besten Freund in der Kiste war. Ich bin ausgerastet, ich hab‘ gesagt, wenn ich die in die Finger kriege, passiert was Schlimmes. Daraufhin sind die zusammen zur Polizei gegangen und haben erst mal keine Anzeige wegen Menschenhandel gemacht, sondern weil ich die bedrohe. Da haben die Polizisten gesagt, erzähl‘ mal von Anfang an, wie das alles war. Da hat die von Anfang bis Ende alles erzählt.
Aber eine Frau, die Prostituierte ist, die verdient doch ihr Geld damit, dass sie jeden Tag mit mehreren Männern ins Bett geht. Hat dir das nichts ausgemacht? (Gelächter)
Ismail: Ich hab‘ mir das so überlegt, hey Junge, bist du dumm? Die Sache ist so, du bist mit der zusammen, die Leute wissen, das ist deine Freundin, und du hast eine Ehre. Aber die Leute sagen, die Frau schläft mit jedem Zweiten und danach hab‘ ich noch was mit der. Deshalb hab‘ ich mich dann nach fünf Tagen zurückgezogen. Ich schwöre, hätte ich weitergemacht, wäre ich nicht hier drin, ich wäre draußen, und die wäre immer noch am Arbeiten, und es gäbe keine Anzeige. Aber ich wollte das nicht. Auf jeden Fall haben die mein Leben ruiniert. Wegen Körperverletzung, okay, das hab‘ ich gemacht, dafür muss ich meine Strafe verbüßen, ich hab‘ den geschlagen. Aber für dieses Mädchen. Okay, das war auch ein Fehler, diese fünf Tage, ein sehr, sehr großer Fehler.
Aber wenn das nur fünf Tage waren und du hast gemerkt, was für ein Fehler das war, dann wird vielleicht auch der Richter sagen …
Baschar: So seh‘n das die Richter nicht.
Ismail: Ich hab‘ den Richter H., das ist der schlimmste Richter, den es überhaupt gibt. Das ist keine Jugendkammer, das ist die zweite große Strafkammer. Es sind acht Angeklagte. Der D. ist der Haupttäter, danach komme ich. Da werden schon insgesamt zwanzig Jahre verteilt.
Ist das ein Bandendelikt, wenn es acht Angeklagte sind?
Baschar: Es sind acht Angeklagte, aber fünf reden sich raus.
Ismail: Das Problem ist, ich bin nicht da und die fahren dieses Mädchen zum Bonner Straßenstrich, und hinterher heißt es, sie ist für Ismail gegangen. Ich komm‘ da mit meinem Gehirn nicht raus.
Ist es so, dass eine Gruppe sagt, die gehört jetzt uns und geht für uns anschaffen?
Ismail: Ja, und das sind alles Leute, die rennen rum und sagen, ich hab‘ Ehre. Ich hab‘ es eingesehen, weil ich wusste, dass das eine Katastrophe wird. Dann hab‘ ich überlegt, dein Vater kriegt gesagt, dein Sohn ist ein Zuhälter. Jetzt bin ich hier drin und die alten Leute reden so.
Dein Vater muss sich jetzt schämen.

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Ismail: Normal. Ich schäme mich auch. Alles ist wegen mir passiert.
Aber vor diesen fünf Tagen hast du nicht als Zuhälter gearbeitet?
Ismail: Nein, niemals. Das alles kam auch, weil meine Mutter sechs Wochen in Kur war. Ich wohne nicht bei meinem Vater, ich wohne bei meiner Mutter und da gab‘s Geldprobleme und da kam ein Kollege und sagte, komm‘ doch, wir haben Geld. Da hab‘ ich es gemacht. Und wissen Sie, ich hab‘ das Richtige getan, ich hab‘ aufgehört. Ich hab‘ die auch da rausgeholt, ich hab‘ mich mit dem D. geschlagen. Ich überlege, ich hab‘ das Richtige getan und bin deswegen hier.
Das kannst du dem Richter doch erklären.
Ismail: Ich war schon fünfmal straffällig, aber nur wegen Körperverletzung. Bin ich da glaubwürdig?
Baschar: Der Spanier ist wegen schwerer Körperverletzung mit bleibenden Schäden verurteilt, der hat drei Jahre kassiert, nur für diese Körperverletzung.
Was hälst du davon, dass ein Zuhälter von dem Geld lebt, das diese Frauen durch Prostitution verdienen?
Baschar: Die hatte einen Zuhälter, aber in dem Moment hat mich das gar nicht interessiert. Ich bin da auch nicht mit der Absicht hingegangen, irgendetwas zu klauen. Ich wollte da nur meinen Spaß haben. Und da hab‘ ich das Portemonnaie gesehen und gedacht, das nimmst du dir einfach. Meine Hand war schon am Zittern, aber ich hab‘ einfach zugepackt. Dann hab‘ ich noch ein Handy gesehen und auch noch zugepackt. Da kam die plötzlich und hat mich dabei so von hinten gesehen und sofort geschrien, gib mein Geld her, was machst du da? Da hab‘ ich mir gedacht, die holt jetzt Leute. Sie hat sich vor die Tür gestellt und wollte mich nicht rauslassen. So, dann hab‘ ich die gepackt, irgendwohin gedonnert und bin rausgegangen.
Wenn du jetzt rauskommst und da kommt so eine Frau und sagt zu dir, ich arbeite für dich, was würdest du machen?
Baschar: Wie kommst du dazu zu sagen, ich arbeite für dich? Na, los fang‘ an.
Im Ernst?
Baschar: Warum nicht.
Ismail: Aber genau dann, nach einem Jahr spätestens, bist du wieder hier. Ich dachte auch so, geh‘ arbeiten. Das ist genau der Punkt. Sie geht arbeiten, dann machst du Schluss und sie geht zur Polizei und sagt, ich hab‘ für den gearbeitet.
Baschar: Wenn jemand zu dir kommt und dir Geld gibt, nimmst du das nicht an?
Ismail: Du verstehst das nicht.
Baschar: Was Alter, ich versteh‘ das nicht. Die hat noch nie von mir gehört, geh‘ für mich anschaffen. Die hat zu mir gesagt, ich geh‘ für dich arbeiten, und ich hab‘ gedacht, die geht ganz normal arbeiten.
Ismail: Du gehst sie aber am Puff abholen, und du kassierst ihr Geld.
Wenn eine Frau zu dir kommt und sagt, ich arbeite für dich, dann ist das doch keine Putzfrau oder Kassiererin. Diese Frauen, haben kein Geld übrig, um es dir zu geben.
Baschar: Aber das ist nicht meine Sache.
Ismail: Doch du bist verantwortlich. Warum gehst du nicht arbeiten für dein Geld? (alles lacht)
Was wird denn aus diesen Frauen, wenn sie älter werden?
Ismail: Diese Puffbesitzerin ist Türkin, sie macht das schon seit 28 Jahre, keiner respektiert sie, kein einziger Mensch. Für jeden ist sie auch eine Hure, und so bleibt es ihr ganzes Leben, bis sie stirbt.
Aber die Männer, die zu ihr gehen, werden respektiert.
Ismail: Jeder geht mal ins Puff.
Baschar: Herr Jünschke war auch schon mal.
Nein, ich war da noch nie.
Ismail: Noch nie?
Baschar: Auch nicht in ihrer Jugend?
Nein.
Ismail: Mittlerweile geht aber auf jeden Fall jeder Zweite ins Puff.
Baschar: Wissen Sie, was uns einmal passiert ist. Ich war mit einem Freund zusammen und wir gingen da hin, da sehen wir seinen Vater rauskommen. Die gucken sich beide an, und der Vater hat ihn direkt mitgenommen.
Die Freunde, mit denen du da zusammen warst, waren das Zuhälter?
Ismail: Nein, außer dieser D., der war auch schon einmal im Knast. Der hat die Puffs klargemacht, ich bin nur mitgefahren.
Die haben dich benutzt, weil du so gut boxen kannst.
Ismail: Genau und weil das Mädchen, was von mir wollte. Die haben das ausgenutzt, woher sollte ich das wissen?
Baschar: Aber sag‘ mal, tagsüber ist die arbeiten gegangen, und abends ist die zu dir gekommen. (lacht)
Ismail: Vielleicht glauben Sie mir nicht, ich hatte mit dieser Frau nur einmal was. (Gelächter) Geld kauft eben alles, sogar meinen besten Freund hat dieses Geld rumgekriegt.
Baschar: Ohne Geld gibt’s kein Leben, Mann.
Ismail: Die würden für Geld ihre Mutter verkaufen.
Baschar: Das machen auch manche.
Ismail: In den fünf Tagen hab‘ ich dort keine Frau gesehen, die das machen will. Die seh‘n das als letzte Lösung. Ich hab‘ zum Beispiel mit einer rumänischen Frau geredet, die hat gesagt, ich hab‘ zwei Kinder, der Mann hat sie verlassen, sie hat kein Geld, sie hat mit Drogen angefangen und dann diesen Weg eingeschlagen. Die Männer gehen nach Thailand, bringen eine Frau für den Puff mit und kassieren am Wochenende 1.600 Euro.
Baschar: So war das auch bei dieser Frau.
Ismail: Zum ersten Mal in meinem Leben hab‘ ich so eine Angst, unglaublich, ich kann nicht mehr schlafen.

Selim: Für Türken ist Zuhälterei das Schlimmste.
In jedem Land der Welt gibt es Prostitution und Zuhälterei ist überall schlimm und von wegen Türkei, wenn ich jetzt nach Istanbul fahre, kann ich doch jeden Taxifahrer fragen, wo ist denn hier der nächste Puff.
Ismail: (Lacht) Stimmt.
Also wenn du sagst, die Türken kennen das nicht.
Ismail: Nein, nein, ich wollte damit was ganz anderes sagen. Wenn ich so was gemacht habe, spricht sich das bei allen Türken rum, in der Moschee, da sitzen die Leute und reden über dich.
Ich finde es nicht okay, Frauen auf den Strich zu schicken.
Ismail: Auf keinen Fall.
Selim: Manche machen das freiwillig.
Würdest du das freiwillig machen?
Selim: Nein.
Ismail: Guck‘ mal, eine hat ein Kind, der Mann hat sie verlassen, sie hat nicht das Geld, um sich richtig um das Kind zu kümmern. Die Freunde von dem Mann zeigen ihr diesen Weg, sie sagen, auf diesem Weg kannst du richtig Geld verdienen. Es ist nicht so, dass die zu Hause sitzen und plötzlich sagen, ich geh‘ anschaffen.
Vielleicht gibt es eine, die sagt, warum soll ich eine ganze Woche bei Aldi an der Kasse sitzen, wenn ich das in ein paar Stunden verdienen kann. Aber das ist auch nicht freiwillig.
Ismail: Ich hab‘ in einer Bar die Mädchen gesehen, die anschaffen geh‘n. Da war eine bildhübsche Türkin, ich hab‘ die hab‘ ich gefragt, wieso machst du das? Sie sagte, ich war mit einem Türken verheiratet, ich hab‘ den über alles geliebt, aber der hat mich mit Drogen voll gepumpt. Ich hatte keine andere Möglichkeit mehr, den Stoff zu bezahlen. Ich sagte der, du kannst jetzt doch gehen. Da meinte sie, glaub‘ mal, ich bin so tief gesunken, ich kann gar nichts mehr.
Selim: Wenn Sie sich das überlegen, dreißigmal, da geht man komplett kaputt.
Daneben gibt es Frauen, die machen weniger und verdienen mehr.
Carlos: Edelnutten.
Ismail: Was ist das, wenn ein 19-Jähriger mit fetten Ketten und einem SL vor die Disco fährt? Das geht nicht durch normale Arbeit.
Warum gibt es keine Bewegung gegen Prostitution?
Tamer: Wer sollte das denn verhindern, das ist das älteste Gewerbe der Menschheit. Da wo Prostitution verboten ist, gibt’s viel mehr Vergewaltigungen. Wenn es das nicht geben würde, wären die Frauen auf den Straßen viel unsicherer.
Warum werden Prostituierte dann verachtet, wenn die so eine schöne gesellschaftliche Aufgabe haben?
Tamer: Die Leute wollen nicht so weit denken. Prostitution ist immer ekelhaft, die wollen halt nicht wahrhaben, dass es solche Frauen geben muss.

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Hier kann man bestellen.

(Christiane Ensslin, Klaus Jünschke, Fotos: Jörg Hauenstein)

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