Der Bär flattert munter in nördlicher Richtung.
Das neue Jahr hat uns einen Sonderling beschert, der sein Unwesen um den Bundesplatz herum treibt, ständig läuft er einem über den Weg. Er ist um die Siebzig, klein, schlank und sieht nicht gebrechlich aus, benutzt aber einen Gehwagen.
Meine erste Begegnung mit ihm war im Edeka-Laden. Ich reihte mich am Ende der rechten Warteschlange ein, und er wollte vorgelassen werden. Ich sagte: »Na klar, wenn sie nur zwei Sachen haben.« Er hatte sich eine dicke Wollmütze über die Ohren gezogen, im Korb seines Gehwagens lagen viele Sachen, auch ein Buch. Er mustert mich von oben bis unten: »Ich bin Gentleman, ich lasse Ihnen den Vortritt.« Was für ein Spinner, dachte ich, ich war doch eher da und kümmerte mich nicht mehr um ihn. Eine Weile war Ruhe, dann posaunte es hinter mir: »Ich bin Faschist! Du hast eine rote Fahne auf dem Kopf!« Neugierig drehte ich mich um: Eine große Frau mit roter Baskenmütze, die hinter ihm in der Schlange stand, sah ihn ernst an und sagte: »Ich bin Achtundsechzigerin, ich habe so was nicht so gern!« »Ich komme aus Köln und wohne jetzt hier …« Wie es weiterging, weiß ich nicht, denn ich hatte bezahlt und nun war er an der Reihe.
Am nächsten Tag wollten Jörg und ich unsere Runde im Volkspark drehen. Als Jörg aus der Haustür tritt, ruft jemand laut: »Aus dem Weg, du Affe!« Er war’s und schob seinen Gehwagen mit schnellen Schritten am staunenden Jörg vorbei.
(BK)
Lieber Stephan Roth,
Rust ist es nicht, aber solche Vögel sind ja nicht einzigartig, bleiben aber hoffentlich rar.
Die Geschichte vom kleinen „Kindermörder!“ hat uns sehr gut gefallen. Wir sollten bald mal einen Überbietungswettbewerb der schönsten Alltagsgeschichte starten.
Eine gute Nacht wünschen
Barbara und Jörg