vonSchröder & Kalender 12.06.2012

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in nördlicher Richtung.
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Sonntag, den 10. Juni 2012

Am Sonntag waren wir mit Kölner Freunden in den Hackeschen Höfen und auch nebenan im Haus Schwarzenberg.

Dort besuchten wir die Ausstellung ›Stille Helden‹. Hier ein Zitat aus einem der ausgestellten Dokumente:

»7-Aug-1942
An die Gestapo in Berlin
Eilt
Judensache

Möchte Ihnen eine wichtige Mitteilung machen, wegen einer Jüdin. Ich habe nämlich seit einiger Zeit bemerkt, dass sich eine Jüdische heimlich bei Leuten hier im Hause versteckt und ohne Stern geht.
Es ist die Jüdin Blumenfeld, die sich bei der Frau Rechert, Berlin, Passauerstr. 38 vorn 3 Treppen, heimlich versteckt.
So was muss doch sofort unterbunden werden, schicken Sie mal gleich früh so um 7 Uhr einen Beamten und lassen dieses Weib abholen.
Diese Jüdin war früher, wie sie hier im Hause wohnte, immer frech und hochnäsig. Sie müssen aber schnell machen, sonst verschwindet sie vielleicht woanders hin.
Heil Hitler
Ilse Schuster«


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Montag, den 11. Juni 2012

Heute mal wieder Urlaub am Schreibtisch und schon wieder Mails von Linkedin, die nicht für uns bestimmt waren. Wir erfuhren von einem Member von Linkedin: »es hat sich wohl ein mailteufel eingeschlichen, der meine Mailadresse nutzt.« Das sind die Schattenseiten solcher ›Freunde‹-Seiten und deswegen beteiligen wir uns daran nicht.

Mittags tranken wir unseren Kaffee auf dem Balkon, der erste Mohn blühte.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=W62BrN1cRDE[/youtube]

Roter Mohn, Tango: M. Jary und B. Balz, gesungen von Rosita Serrano, »der Chilenischen Nachtigall«
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Ich erzählte Barbara eine Anekdote: 1964 verbrachte ich einige Zeit in Schwabing und besuchte dort auch Dieter Hiller, einen ehemaligen Kollegen aus der  Schrobsdorff’schen Buchhandlung in Düsseldorf. Er arbeitete seit kurzem im Verlag Rütten und Loening und erzählte mir brühwarm, dass Reinhard Mohn diesen Verlag nur erworben habe, weil dort seine Freundin als Sekretärin arbeite. Damals war er noch nicht von seiner ersten Frau geschieden, und Dieter Hiller konnte sich nicht genug über den verklemmten evangelischen Westfalen auslassen, der den Verlag nur als Absteige für seine Affäre betreibe. Davon wollte der Tycoon später nichts mehr wissen, ebensowenig von seinen prosowjetischen Irrwegen, denn Reinhard Mohn war  mal so weit links, dass die Mitglieder einer deutschen Medien-Delegation während eines Moskau-Aufenthalts den Bertelsmann-Chef zum Frühstück mit dem Lied »Roter Mohn, warum welkst du denn schon?« vergackeierten. So erzählte es Kurt Weidemann, der nun auch schon ein paar Jahre tot ist.

(BK / JS)

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https://blogs.taz.de/schroederkalender/2012/06/12/roter-mohn/

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kommentare

  • Sehr geehrter Herr Schröder, sehr geehrte Frau Kalender,
    am Montag las ich im „Focus“ einen abgedrehten Text von Gunnar Heinsohn, in dem dieser im Stile eines nekrophilen Buchhalters darüber spekulierte, wieviele Opfer der Krieg in Syrien evtl. kosten könnte. Während ich mich noch darüber wunderte, was für ein Unfug es in ein „Nachrichtenmagazin“ schafft, stieß ich in „Nero singt“ auf folgende Stelle über Heinsohn (und Otto Steiger): „ich habe noch niemals schäbigere Kerle erlebt, müßte ich ein Psychogramm deutscher Zwanghaftigkeit schreiben, diese beiden wären die idealen Objekte für Fallstudien“ (S.18). Angesichts dieser Koinzidenz wollte ich einfach nur und gänzlich off topic „Danke“ sagen.
    Beste Grüße (ebenfalls aus Detmold)
    Thomas ex Gotha

  • Lieber Jörg Schröder, liebe Barbara Kalender,
    als Detmolder (35min von Gütersloh und daher voll unter dem Einfluss der dortigen Steuerhinterzieher) ist mir diese Anekdote besonders wertvoll. Es bleibt eben nichts geheim, wie klug man es auch anstellen mag. Max Fürst sagte: „Einer kuckt immer!“ Ich liebe diese tüchtigen Ehrenmänner, nach deren Pfeife hier alle tanzen. Wir haben so einen Bertelsmann-Klassensprechertyp im Hochschulrat meiner ehemaligen Hochschule, der mit seinem BWL-Halbwissen den Qutput am Produkt „Student“ optimieren will, usw..
    Herzlichen Gruß,
    Andreas Kleinefenn

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