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Der Bär flattert in munter in östlicher Richtung.
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Wenn wir zur Post, zur Apotheke oder dem gutsortierten Edeka-Laden in der Mainzer Straße gehen, bleiben wir immer ein paar Minuten vor dem Wirtshaus zum Nußbaum stehen und lesen die Tafeln mit den täglich wechselnden Gerichten. Manchmal ließen wir uns sogar anregen, denn der Nußbaum kocht strikt saisonal. Wir kochen ja selbst und da weiß man gern, wann die Teltower Rübchen im Angebot sind.
Ab und zu aßen wir dort auch mit Freunden und tranken ein oder zwei Krušovice. Die Freunde waren stets begeistert von der netten Atmosphäre, den lustigen Wilmersdorfer Witwen, die täglich im Nußbaum ihre Mittagsmahlzeit einnehmen, und natürlich von den moderaten Preisen. Das, was man gemeinhin Gemütlichkeit nennt, hat ja manchmal auch was, wenn man genug vom Ambiente hat.
Aus und vorbei! Auch im stillen Teil von Wilmersdorf kehrt mit leisen Sohlen die Gentrifizierung ein. Unser Bundesplatz hat eine kleine Institution verloren! Die Erben machen Ernst!
Der Wirt teilt in seinem Schaukasten folgendes mit: »Das Wirtshaus zum Nußbaum wird in Kürze seine Pforten für immer schließen. Aufgrund der Klage eines Miteigentümer-Ehepaares wurde uns u. a. der Betrieb der Lüftungsanlage und die Bewirtschaftung des Vorgartens durch ein Gerichtsurteil untersagt. Für das Gericht war es unerheblich, dass sich hier sozusagen schon immer ein Gaststättenbetrieb befand und auch schon seit den 50er Jahren der kleine Schankgarten. Es berief sich in seinem Urteil auf die Teilungsurkunde von 1982, in der die Restauranträume als Ladenlokal ausgewiesen sind und somit der Betrieb des Restaurants rechtswidrig ist. Wir laden Sie nun ein, ein letztes Mal die Gastlichkeit des Nußbaums zu erleben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass in den nächsten Tagen möglicherweise nicht mehr alle Speisen und Biersorten verfügbar sind. Wir danken Ihnen im Voraus.«
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(BK / JS)