vonHans Cousto 16.05.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Wer in Bayern oder Brandenburg mit 15 Gramm Haschisch oder Gras (Marihuana) erwischt wird, der landet vor Gericht. In Berlin sollen Kiffer wie bisher auch in Zukunft in aller Regel straffrei davonkommen, wenn sie nur eine geringe Menge Cannabiskraut und/oder Cannabisharz auf Tasche haben. Bisher galt eine Grenze von zehn Gramm, bis 15 Gramm war es eine juristische Ermessensentscheidung. Die Hauptstadt plant nun eine neue Verwaltungsvorschrift, nach der das Mitführen von Haschisch und Marihuana bis 15 Gramm nicht bestraft wird. Das sagte gestern Regina Kneiding, Sprecherin von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) zur »B.Z.« und bestätigte damit den Inhalt eines Artikels im »Spiegel«. Berlin bleibt somit für Cannabiskonsumenten attraktiv.

In Berlin gilt derzeit folgende Regelung:

Handelt es sich um Mengen von bis zu zehn Gramm Haschisch oder Marihuana, ist das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft einzustellen, wenn keine Gefährdung anderer vorliegt. Ist eine Person im Besitz von mehr als zehn Gramm, aber maximal 15 Gramm dieser Stoffe, ist die Staatsanwaltschaft nicht mehr verpflichtet, das Verfahren einzustellen. Sie hat aber – wenn keine besonderen Umstände dagegensprechen – immer noch die Möglichkeit dazu.

Die Polizei leitet jedoch in allen Fällen ein Ermittlungsverfahren ein. Und es gibt eine Meldung an die Führerscheinstelle. Das kann nicht nur zum Verlust der Fahrerlaubnis führen sondern auch Probleme bereiten, wenn die/der Betreffende irgendwann später den Führerschein beantragt.

Die Staatsanwaltschaft darf das Verfahren – auch bei Mengen bis zu zehn Gramm – nicht einstellen, wenn das öffentliche Interesse die Strafverfolgung gebietet. Das ist dann der Fall, wenn Betäubungsmittel in einer Weise konsumiert werden, die eine Verführungswirkung auf Kinder oder Jugendliche hat respektive wenn der Konsum in der Öffentlichkeit in prahlerischer Weise zur Schau gestellt wird (z.B. auf dem Hanftag oder auf der Hanfparade) oder vor Kindern und Jugendlichen respektive vor oder in von ihnen genutzten Einrichtungen (Schulen, Jugendfreizeitstätten, Spielplätzen) stattfindet.

Gemäß Zusammenstellung der Richtlinien in den einzelnen Bundesländern von »Drug-Infopool« gelten die folgenden Regelungen außerhalb von Berlin:

Baden Württemberg

Eine gewichtsmäßige Festlegung der geringen Menge wird bewusst unterlassen, um den Eindruck in der Öffentlichkeit zu vermeiden, Besitz und Erwerb von bestimmten Mengen Cannabis seien staatlich toleriert. Von gelegentlichem Eigenkonsum wird ausgegangen, wenn der Täter im letzten Jahr nicht mit Drogen auffällig geworden ist. Auf Wiederholungstäter ist der Paragraph 31a des BtMG nicht anzuwenden. Öffentliches Interesse wird grundsätzlich aus generalpräventiven Überlegungen heraus angenommen, insbesondere auch beim Konsum im Strafvollzug.

Bayern

Die Staatsanwaltschaft kann bei einem gelegentlichen Umgang mit Betäubungsmitteln in geringer Menge nach § 31a BtMG von Strafverfolgung absehen, wenn das Cannabis lediglich zum Eigenverbrauch bestimmt war und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Die Bayerische Justiz macht von dieser Möglichkeit in Übereinstimmung mit einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 mit der gebotenen Zurückhaltung Gebrauch. Als »geringe Menge« behandeln die bayerischen Staatsanwaltschaften nur Cannabis in Mengen bis zu drei Konsumeinheiten von jeweils zwei Gramm, also insgesamt maximal sechs Gramm.

Brandenburg

Mit Wirkung vom 10. August 2006 ist für das Land Brandenburg eine neue Richtlinie zum strafrechtlichen Umgang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Kraft getreten. Damit werden Ermittlungsverfahren, die den Konsum von Cannabisprodukten zum Gegenstand haben, landesweit nach einheitlichem Maßstab bearbeitet. Nach § 31a des BtMG kann die Staatsanwaltschaft bei Vergehen, bei dem der Täter Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringen Mengen besitzt, von der Verfolgung absehen, ohne eine Sanktion zu verhängen. Eine geringe Menge im Sinne des § 31a BtMG ist bei Cannabisprodukten bis zu einer Obergrenze von sechs Gramm (Bruttogewichtsmenge) anzunehmen.

Bremen

Als gering wird eine Menge von sechs bis acht Gramm, im Einzelfall bis zu zehn Gramm Cannabis angesehen (Kokain bis zwei Gramm, Heroin bis ein Gramm). Die Einstellung des Verfahrens im Wiederholungsfall ist »nicht ausgeschlossen«.

Hamburg

Eine geringe Menge zum Eigenverbrauch wird in der Regel bis zu einer Obergrenze von sechs Gramm angenommen. Geringe Schuld wird bei nicht auszuschließender BTM-Abhängigkeit und bei nicht abhängigen Erst- oder Zweittätern angenommen.

Hessen

Bei Cannabis-Konsumfällen ist bei Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm Cannabisharz grundsätzlich gemäß § 31a BtMG von Strafverfolgung abzusehen. Bei Gewichtsmengen von sechs bis 15 Gramm Cannabisharz kann ein Absehen von Strafverfolgung nach § 31a BtMG erfolgen. Bei Cannabiskraut (Marihuana) oder Cannabistee kann wegen des geringen THC-Gehaltes auch bei größeren Mengen von einer Anklage abgesehen werden.

Mecklenburg-Vorpommern

Es wird nach Einzelfallprüfung entschieden, ob das Verfahren eingestellt werden kann. Einstellungen erfolgten bisher lediglich in »wenigen besonders gelagerten Einzelfällen, in denen die Beschuldigten nicht mehr als fünf Gramm Haschisch in Besitz hatten«.

Niedersachsen

Ausschlaggebend ist der Einzelfall, wobei der Besitz Kleinstmengen von mehreren Gramm Cannabis/Marihuana oder chemischen Drogen (Ecstasy) nicht immer einer richtlichen Sanktion bedürfen und zu Verfahrenseinstellungen führen kann. Das bedarf jeweils einer Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Beschuldigten und mit den Tatumständen.

Bei jedem Drogenfund durch einen Vollzugsbeamten (Polizei, Zoll) erfolgt eine Strafanzeige seitens der Staatsanwaltschaft (wird also nicht fallen gelassen). Die Anklage kann dann bei Kleinstmengen (nur Cannabis, Marihuana und Ecstasy) nach Prüfung der der Persönlichkeit und den Tatumständen nur noch durch das Gericht/den Richter fallen gelassen werden.

Nordrhein-Westfalen

Zum August 2007 wurden vom Justizministerium Nordrhein-Westfalen neue Eigenbedarfsgrenzen festgelegt. Der Besitz von Marihuana ist jetzt bis nur noch maximal sechs Gramm (vorher zehn Gramm) straffrei. Die Eigenbedarfsgrenze für alle anderen Drogen fällt weg.

Rheinland-Pfalz

Eine geringe Menge wird angenommen, wenn sich die Tat auf nicht mehr als sechs Gramm Haschisch oder Marihuana bezieht. Die Staatsanwaltschaft kann auch bei wiederholter Tatbegehung von der Verfolgung absehen, sofern es sich um gelegentlichen Eigenverbrauch handelt und eine Fremdgefährdung ausgeschlossen ist.

Saarland

Bei Haschisch (Cannabisharz) und Marihuana (Cannabiskraut) gilt: Hat ein Ermittlungsverfahren ein Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 BtMG zum Gegenstand, so sieht die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung nach § 31a BtMG in der Regel ab, wenn sich die Tat auf eine Bruttomenge von nicht mehr als sechs Gramm Haschisch oder Marihuana bezieht, die beschuldigte Person diese Menge ausschließlich zum Eigenverbrauch angebaut, hergestellt, eingeführt, ausgeführt, durchgeführt, erworben, sich in sonstiger Weise verschafft oder besessen hat und eine Fremdgefährdung ausgeschlossen war. Dies gilt nicht, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Umgang mit Betäubungsmitteln einem anderen Zweck als dem Eigenkonsum, insbesondere dem Handeltreiben, dient. Auch bei wiederholter Tatbegehung zum gelegentlichen Eigenverbrauch ist die Anwendung des § 31a BtMG nicht ausgeschlossen. Hierbei dürfen die Cannabismengen nicht zusammengerechnet werden. Ein Geständnis ist nicht erforderlich.

Sachsen

Auf den Erlass von Richtlinien wurde verzichtet und keine »Grenzmenge« veröffentlicht. Es sind jeweils Einzelfallentscheidungen zu treffen, wobei eine geringe Menge bei zwei, höchstens drei Konsumeinheiten Haschisch bzw. Marihuana angenommen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Strafverfolgung von Staatsanwalt zu Staatsanwalt unterschiedlich ist. Im Wiederholungsfall kommt ein Absehen von Strafverfolgung nur in Betracht, wenn die Konsumenten nicht innerhalb einer Jahresfrist auffällig geworden sind. Ein öffentliches Interesse ist auf jeden Fall bei Fremdgefährdung gegeben.

Sachsen-Anhalt

Bezieht sich die Tat auf den Umgang mit Cannabisprodukten ausschließlich zum Eigenverbrauch in einer Bruttomenge von nicht mehr als sechs Gramm, so kann die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 31a BtMG einstellen.

Schleswig-Holstein

Die Staatsanwaltschaft sieht in der Regel – auch in Wiederholungsfällen – von der Verfolgung ab, wenn sich Anbau, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr, Erwerb, Verschaffen in sonstiger Weise oder Besitz sich lediglich auf Cannabisprodukte (außer Haschischöl) von nicht mehr als sechs Gramm (Bruttogewicht) bezieht. Bei Kokain und Amphetamine von nicht mehr als drei Gramm (Bruttogewicht) und bei Heroin von nicht mehr als ein Gramm (Bruttogewicht) wird in der Regel ebenfalls von der strafrechtlichen Verfolgung abgesehen.

Thüringen

Hier wurden bislang keine Grenzwerte festgesetzt. Es besteht generell nicht die Absicht, den Verfolgungsdruck zu mindern. Die Voraussetzungen des Paragraphen 31a BtmG werden bei harten Drogen wegen des entgegenstehenden öffentlichen Interesses grundsätzlich verneint.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/sei_high_sei_frei_sei_berlin/

aktuell auf taz.de

kommentare