vonDaniel Erk 20.10.2011

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Hitler! Schwanger! Mit einem Furz! Na hoppla, da habt das chinesische Theater aber einen fabelhaften Einfall gehabt, wie man in der FAZ nachlesen kann:

Hitler als Taichi-praktizierender chinesischer Rentner mit dem Vogelkäfig an der Hand, Hitler beim Rock ’n’ Roll mit Eva Braun, Hitler schwanger: All das ist im Pekinger „Pionier-Theater des Ostens“ unweit der zentralen Einkaufsmeile Wangfujing zu sehen, aufgeführt von Meng Jinghui, einem der bekanntesten Bühnenregisseure Chinas. Doch zur Annahme, dass Peking jetzt die Berliner Volksbühne in punkto subversivem Trash womöglich überholt, besteht kein Anlass. Hitler kommt in Mengs jüngstem Stück „Hitlers Bauch“ als historische Gestalt nämlich eigentlich gar nicht vor; von Ideologie und Verbrechen ist hier überhaupt keine Rede. Es geht bloß um sein Logo – den Schattenriss mit Haartolle und Bärtchen, dessen Projektion das Bühnenbild abgibt, die Uniform, das Rumgebrülle –, und vor dieser Folie werden dann launige Scherze mit der chinesischen Gegenwart getrieben: Hitler als kurioser Ausländer, den immerhin jeder kennt.

Und weiter:

Es ist alles so wie immer im traditionellen Pekinger Improvisationstheater, doch dann wird der Conférencier plötzlich zu Hitler: Er schlüpft in eine Uniform, ruft auf Deutsch irgendeinen Parteitag aus und lässt sich von zwei jungen Tänzern den Hitlergruß entbieten. Später schlüpft der Komödiant auch noch in das Kostüm Charlie Chaplins, der in diesem Stück von Hitler nach dem Film „Der große Diktator“ in den Führerbunker eingeladen wird und ihm dort Zukunftsszenarien vorspielt, die alle im Selbstmord enden. Zwei metrosexuelle Wehrmachtsoldaten ziehen in eine Schlacht, die eher einem Liebesreigen gleicht, zwischendurch immer wieder Tanzeinlagen, und Hitlers Schwangerschaft stellt sich am Ende als Blähung heraus, die bloß einen Furz gebärt. Vor dem Suizid bittet Hitler seine Getreuen, ihn den Chinesen als Schweinefleisch zu verkaufen.

Das ist natürlich komplett irre und toll postmodern. Doch woher kommt’s?

Auch hier ist die Erklärung des FAZ-Autoren super:

Die Antwort dürfte damit zu tun haben, dass Hitler in China auch sonst eine ziemlich irreale Figur ist. Kürzlich erregte ein Eintrag in „Kaixin“, dem chinesischen Facebook, Aufsehen, der behauptete, Hitler sei in Wien von einer chinesischen Familie großgezogen worden. Als Konsequenz habe Hitler zeitlebens Dankbarkeit und Bewunderung für das chinesische Volk bewahrt, und sein letztes Ziel sei gewesen, nach dem Krieg die Weltmacht mit China zu teilen. Nicht weniger als vierzigtausend Kommentare zog dieser Unsinn auf sich; 4,6 Prozent davon bezeichneten Hitler als einen Helden, und dass er von Chinesen aufgezogen wurde, hielten sogar 38,8 Prozent für eine Tatsache.

Der gesamte Artikel auf FAZ.net.

(Danke, Christian Y. Schmidt!)

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