vonFabian Schaar 23.07.2022

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Politik, Gesellschaft und das Dazwischen.

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Finanzminister Christian Lindner — und ja, es ist immer wieder traurig, diese drei Worte hintereinander schreiben oder sagen zu müssen — lehnt eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets ab. Genau wie der Tankrabatt sei das 9-Euro-Ticket eine befristete Maßnahme. Lindner sieht künftig keine entsprechenden Gelder mehr im Bundeshaushalt vor und will ein derartiges Angebot somit nicht auf Bundesebene verlängern; und das obwohl jüngst sogar die Nahverkehrsbranche dafür Stellung bezogen hat. Verkehrsminister Scheuer 2.0, ich meine natürlich Wissing sieht derartige Angebote in den Händen der Länder, dabei verweist er auf die Verfassung. Das sei ja anders vorgesehen, als dass der Bund den Ländern ÖPNV-Preise zuweist.

Mal eine kleine Frage: Hat die FDP den Artikel 20a des Grundgesetzes bei dieser Paragraphenreiterei schon wieder vergessen? Ich zitiere: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Aus der Perspektive einer künftigen Generation kommt es mir eher so vor, als wolle die vollziehende Gewalt derartige natürliche Lebensgrundlagen gar nicht schützen: Es kommt mir so vor, als suchte die FDP wieder einmal eine Möglichkeit, ihrem Markenkern treu zu bleiben. Und ja, damit meine ich die Verwehrung gegen jeden gesamtgesellschaftlichen, ökologischen und sozioökonomischen Fortschritt.

Die FDP im Finanz- und Verkehrsministerium sitzt an den Hebeln der längst überfälligen Verkehrswende und legt sie einfach nicht um: Ist das die Innovation, von der immer wieder geredet wird? Muss erst ein Elon Musk kommen, der praktischerweise ebenso soziale Politik abweist wie die FDP selbst, um irgendwas am Verkehr verändern können dürfen?

Das 9-Euro-Ticket ist bisher ein Erfolg: Und die teils überfüllten Züge zeigen lediglich, dass der Bedarf und das Interesse daran mindestens ebenso präsent sind, wie die Probleme bei der Bahn. Jetzt läge es an Politik und auch Gesellschaft, die Weichen zu stellen für eine sozialere und ökologischere Zukunft — ob die FDP das aber erkennen kann oder will, steht in Mercedes-Sternen.

Zumindest bei der Koalitionsbildung war es aber absehbar: Nicht ohne Grund erhalten Lindner und Co. KG gerade jetzt Zuspruch von der oppositionellen Union: „Widerspruch gegen eine Verlängerung des Angebots gibt es auch von der Union. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, er halte eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets „nicht für eine gute Idee“.“, so ist es auf der Website der Tagesschau zu lesen. Zufall? Ausnahme? Nein, politische Grundhaltung.


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