vonFabian Schaar 31.01.2022

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Politik, Gesellschaft und das Dazwischen.

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Gerade in der Coronapandemie ist „Freiheit“ zu einem noch streitbareren Begriff geworden, als er ohnehin schon war. Die selbsternannten Querdenker sehen sich in einer angeblichen Diktatur ihrer Freiheit beraubt während Neoliberale Freiheit als Blankoscheck begreifen, mit wirtschaftlicher Macht tun und lassen zu können, was Unternehmer*innen so passt. Das Wort „Freiheit“ polarisiert gerade heutzutage – doch welche Definition ergibt in einem gesellschaftlichen Kontext Sinn?

Wie oben bereits erwähnt, definieren viele Freiheit in der heutigen Zeit auf individueller Ebene. Egal ob Querdenker oder FDPler: Freiheit wird als ein persönliches Gut angesehen. Wenn Leerdenker für Freiheitsrechte einen Schulterschluss mit Rechtsextremen eingehen oder Neoliberale sich als „Freie Demokraten“ bezeichnen, geht es meiner Auffassung nach stets um die eigenen Rechte. Das Recht, sich selbst mit einem tödlichen Virus anzustecken und potentiell Höchstgefährdete zu infizieren auf der einen Seite, das Recht der Unternehmer*innen, auch unter dem ohnehin viel zu niedrigen Mindestlohns zu zahlen, um auf Kosten anderer in noch mehr Reichtum leben zu können.

Häufig fällt bei diesen Sichtweisen – gerade in Diskussionen – eines herunter: Menschen sind nicht allein auf diesem Planeten, niemals völlige Einzelkämpfer und niemals ganz unabhängig von anderen. Auch wenn manch eine*r sich so eine Situation womöglich wünschen würde, sie liegt vollkommen abseits der Realität. Außerdem ist es nicht schlecht, gemeinsam Kräfte zum Nutzen aller zu teilen, mir kommt es nur so vor, als hätten einige das komplett vergessen. Genau dieses Vergessen der menschlichen Gemeinsamkeit spiegelt meiner Ansicht nach den neoliberalen Freiheitsbegriff wieder. Dieser blendet aus, das die Freiheit des einen die Freiheit des anderen einschränken kann.

Letztere Definition lernen Schüler*innen auch in Deutschlands Schulen, so gesehen ist er Freiheitsbegriff einer bürgerlichen Demokratie. Doch auch dieser klärt die Freiheitsfrage nicht abschließend. Während der neoliberale Begriff egozentrisch auf einen Akteur fixiert ist, spiegelt der bürgerlich-demokratische Freiheitsbegriff nur den Kontext zwischen zwei Akteuren, einem Handelnden und einem passiven Betroffenen. In einer Gesellschaft sind Menschen allerdings nie nur aktiv oder nur passiv – und eine Einteilung in zwei Seiten ist angewandt auch kaum bis gar nicht möglich.

Mit einer solchen Beschränkung bleibt der bürgerlich-demokratische Freiheitsbegriff ein situationsangewandter. Nie kann somit eine gesamtgesellschaftliche Aussage über den Zustand von Freiheit gemacht werden, weil eine solche gesamtgesellschaftliche Aussagen so gesehen alle mögliche Freiheitseinschnitte zugleich sehen und dann gesammelt einordnen müsste, spätestens hier wird es schwierig. Mit der Notwendigkeit von individueller Betrachtung kann der bürgerlich-demokratische Freiheitsbegriff meiner Auffassung nach schnell in Richtung des neoliberalen driften, Zugpferd ist hierbei die Individualisierung von Problemen, die gesellschaftliche Zusammenhänge blind abschüttelt.

Was es braucht ist vielmehr ein Freiheitsbegriff der menschlichen Gesellschaft, einen Freiheitsbegriff der weder egoistisch, noch individualisiert, noch autoritär gefunden werden sollte – und kann.

Freiheit ist ein erstrebenswertes Ziel, aber nur, wenn sie auf der Grundlage menschlicher Gleichheit angestrebt wird: Kapitalistisch-wirtschaftliche Freiheit nach dem neoliberalen Freiheitsbegriff schafft Repression von Unternehmernehmer*innen gegenüber Arbeiter*innen, einen großen Teil der heutigen Unterdrückungsverhältnisse. Die Freiheit, die von Autorität, beispielsweise staatlicher, erzwungen wird, ist für die, die es betrifft keine Freiheit. Diese Freiheit dient der Autorität selbst und verschafft ihr die Freiheit der angeblichen ethischen Legitimität, genannt Legalität. Ähnlich verhält es sich auch mit Leerdenkern und Coronaleugnern, die sich de facto über andere stellen und in dem sie die Pandemie verlängern die Freiheit vieler einschränken.

Die gesamtgesellschaftliche Freiheit basiert – so verstehe ich sie zumindest – auf der größtmöglichen Freiheit für alle, in gleichem Maße wodurch sich eine gerechte Verteilung der Freiheit aus einem menschlichen Gesichtspunkt heraus ergibt: eine Verbindung aus Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit; eine Verbindung, deren Teile ohne die jeweils anderen wohl kaum umsetzbar sind.

Wir sind überzeugt, dass Freiheit ohne Sozialismus Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit, und Sozialismus ohne Freiheit Sklaverei und Brutalität bedeutet.“

~ Michail Bakunin, Anarchist


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