Es tut gut, immer ein Gedicht in der Tasche zu haben oder zwei oder hundert. Hundert Berlin-Gedichte zum Beispiel. Mit dem Titel „Berlin, mit deinen frechen Feuern!“ Ein kleiner Reclam-Band, paßrecht für die Hosentasche und immer gern und schnell gezückt. In der U-Bahn, auf der Parkbank, im Café und genau wissen: „Drüben im Zwiebelfisch geht er flippern“ oder daß auf „Manuskriptsäcken“ gut schlafen ist. Ob seines Gebrauchswerts ist das Bändchen schon mächtig zerknautscht, denn schließlich brauche ich sie alle: Benn, Feuchtwanger, Heissenbüttel, Born, Johnson, Meckel, Erb oder eben auch Rolf Haufs.
Haufs, Ex-SFB, der mit dem mächtig kleinen Lachen, dem trockenen Weißwein und den noch trockeneren Reimen. Auch er Teil jenes lyrischen Berlins, das ich mit mir herumtrage, Zeile für Zeile, auch sein ‚Märkisches Viertel‘: „Brutal sieht det aus/Janz jemein sieht det aus/det stumpft doch ab stumpft det…“ 1976 dichtete er über den märkischen Trabanten, heute hat er das Viertel längst hinter sich gelassen: Eine „Tanzstunde auf See“ verspricht Haufs neuester Gedichtband. Jahrzehnte später. Alt geworden und doch nicht. Immer noch voller Leichtigkeit und nimmermüder Ironie zwischen den Zeilen. Am Donnerstag liest er im alten Buchändlerkeller, der kein Keller ist, sondern ein Wunder. Denn es gibt ihn immer noch und wie gesagt, Rolf Haufs kommt hin und liest. Ein Tänzer, den sie nicht aus der Spur fegte. Die Zeit. Oder was auch immer.