Das war nicht ihr letztes Wort: „Wir können alles. Außer deutsch.“ Von wegen. Seit Mitte Dezember explorieren Badener und Württemberger das restliche deutsche Land, die deutsche Stadt, die deutsche Musik, den deutschen Witz, die deutsche Literatur, bieten den Stämmen anderer, entlegener germanischer Provinzen sogar einen deutschen Sprachkurs an – Dozent: Kevin Chen, ein ziemlich ausgewachsener Taiwanese. Kurzum: SWR2 inszeniert Deutschland. Blutjunge Reporter (s.Foto) werden von gut beheizten Redakteuren auf eigene Gefahr in die kalte Fremde geschickt, um z.B. live aus Bielefeld (!) zu berichten, was durchaus Wagemut erfordert, weil im ostwestfälischen Jenseits noch immer tumbe Verschwörer lauern. Und aus dem nicht weit entfernten Herford ist ohnehin noch nie ein Schriftkundiger zurückgekehrt. Außer vielleicht Wiglaf Droste.
Und nun hat es (einmal mehr!) auch FeatureRedakteur Wolfram Wessels gepackt. Schon lange steht er mit der deutschen Fahne auf seinem „Doku-Blog“, schwenkt den Lappen heftig und fordert alle vorbeikommenden Radiophoniker auf: „Sagt mir endlich, was deutsch ist! Typisch deutsch! Schreibt es auf, sprecht es aus, produziert es und dann nix wie upload und ich baue ein munteres Feature daraus!“….Hat er auch gemacht. Und war gar nicht so schwer. Denn eine Menge AutorInnen haben sich all das vorgenommen, was sie für deutsch oder Heimat oder Ossi oder Wessi halten, und erzählt, was dieses Land vielleicht längst nicht mehr ist oder auch werden könnte und auch zu Gehör gebracht, was andere von uns halten, solche, die aus Ostafrika anreisen und hier auf Dauer fremd bleiben, …was mich umgehend an den pechschwarzen Wissenschaftler Flavien Ndonko erinnert, der seine beste Zeit in Hamburg hatte, als er den Deutschen Schäferhund seiner Wohngemeinschaft Gassi führte: „Alle blieben stehen und redeten mit mir!“ Na also, geht doch.
Und überhaupt, es gibt schließlich auch ein liebenswertes Deutschland mit irgendwie auch edlen Tugenden: Nehmen wir nur die“Deutsche Zuverlässigkeit“ – Franzosen sind ganz verrückt danach. Angeblich. Mein Freund Pascal aus Meyrals (Dordogne) weiß zwar nichts davon, aber die Germanistinnen, die in Wessels „Feature mit dem Dokublog“ zu hören sind. Liebenswert auch unsere Sprache, die der Dichter, Denker, aber auch die von Podolski. Neulich offenbarte mir eine Studentin im tschechischen Olomouc:“Ich liebe Eure Sprache, sie ist mir Heimat!“ Nichts anderes behaupten auch Ariane Demonget und Etienne Noiseau: Toujours l’amour! Die Beiden haben mehr als eine Affäre mit dem Deutschen, die Sprache des einstigen „Erbfeinds“ ist ihnen „Ma plus belle“ geworden. Und das gefällt mir. Ebenso wie diese ganze typisch deutsche Collage der SWR2-Feature-Redaktion. Zu hören ist sie heute abend. Um 22.05 Uhr. Just listen!