vonDetlef Berentzen 16.02.2012

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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vom bischofsberg die haube/verwest denn hier kein stein?/das kind spielt in der laube/ ein wappenbild mit taube/das kind spielt: ich bin klein//die mutter springt ins feuer/die gasse stülpt sich um/ein bischof im gemäuer/speist säulenungeheuer/das kind spielt: ich bin dumm.(Peter Härtling: Olmütz 1942-1945)

Viele Schriftsteller sind auf der Suche. Nach den Räumen von Kindheit und Erinnerung.  Vergeblich oft. Auch Mähren ist Gegenstand solch einer Suche. Kritische deutschsprachige AutorInnen wurden dort einst von den Nazis verfolgt, andere im Nachkrieg von Tschechen vertrieben. Ihre Literatur wurde obsolet. Doch damit ist Schluß:  Die GermanistInnen der Palacký-Universität im tschechischen Olomouc (Olmütz) betreiben seit 1997 eine „Arbeitsstelle für deutsch-mährische Literatur“, machen nach der Stummschaltung durch zwei Diktaturen einen Sprachraum lebendig, in dem zwei Jahrhunderte lang Tschechen, Deutsche und Österreicher, Christen und Juden kulturell koexisitierten – immer wieder durch nationalistische Demagogen gefährdet. Aktuell werden in Olomouc literarische Schätze gehoben, katalogisiert, archiviert,  per Datenbank neu verfügbar gemacht – auch Profanes und Ideologieverseuchtes. Alles muss ans Licht. Einst verfolgte, vertriebene, geflüchtete mährischstämmige Autoren wie Erica Pedretti oder Peter Härtling finden wieder Raum für den Atem ihrer Worte. Jenseits von Revanchismus und Ressentiments.

Ich habe für SWR2 das alte Olmütz und seine neue „Arbeitsstelle“ besucht, mit deren Gründern, auch mit Autoren und jungen Studenten gesprochen, habe Archive besichtigt,  bin durch das literarische Olomouc flaniert und habe dort Worte gefunden, die eine hierzulande fast vergessene Geschichte erzählen. Und tief berühren. Just listen!

 

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