„Initiative für Kultur im Rundfunk“ – da muss es in einer öffentlichen Anstalt schon ziemlich weit gekommen sein, wenn RedakteurInnen, AutorInnen und RegisseurInnen sich als „Radioretter“ inszenieren und der Intendantin des WDR einen „Offenen Brief“ ob der geplanten Deformen für ihr Drittes Hörfunkprogramm schreiben müssen:
„….Schon die in den letzten zehn Jahren vorgenommenen Veränderungen im WDR-Kulturradio bedeuten eine große Schwächung: Gestrichen, gekürzt, abgebaut oder ausgelagert wurden das politische Feuilleton des „Kritischen Tagebuchs“, die literarischen Lesungen, Rezensionen, Originaltonmitschnitte in „Dokumente und Debatten“, Gesprächssendungen wie „Zeitfragen/Streitfragen“ oder „Funkhausgespräche“ sowie Features und Hörspiele. Die Wirkungen dieser Programmpolitik sind katastrophal…..“
Wenn der Postmodernisierer mit dem Ruf „Anythings goes!“ im Hörfunk zweimal klingelt, dann ist das durchaus ein Weckruf, der bislang die erstaunliche Anzahl von mehr als 6.000 (!) UnterzeichnerInnen des „Offenen Briefs“ provoziert hat – und ich könnte mir vorstellen, es werden noch mehr. Nicht nur in NRW. Immerhin müssen sich die Anstaltsradios im Rahmen von Digitalisierung und Sparzwang überall neu definieren – mit (leider!) jeder Menge Kommunikations- und Diskussionsdefiziten. Nach innen wie nach außen. Sorry, aber die Zukunft meines heiß geliebten Hörfunks ist viel zu schade, als daß man sie nur dem Diskurs der Leitungseliten überlässt. Just sign and listen!
Seit Jahren ist der WDR mit sich als Marke beschäftigt und hat eigentlich nur noch ein Programm, das lautet“Wdrnrwdrnrwdrnr…..“ .Auf der einen Seite wird ständig die Kleingeistigkeit im Foederalismus beklagt, auf der anderen Seite versenkt man unendlich viel Geld in immer neue Regionalecken. Wenn das bei mir fruchtet, werde ich demnächst mit einem verschwimelten Heimatbegriff das 3-Buchstabenland gegen Eindringlinge aus Rheinlandpfalz verteidigen. SWRII ist noch ein gutes Beispiel für ein kluges Vollprogramm,
wenn auch ein Highlight wie das verblichene „Kritische Tagebuch“fehlt. Für die Bundesrepublik reichten 4-5 Progamme in diesem Bereich mit unterschiedlichen Schwerpunkten völlig aus. So viel Hochkultur gibt es garnicht und beim Zappen kann es einem durchaus passieren, dass man auf drei Sendern den gleichen exclusiven Bericht hört.
Das eingesparte Geld wäre in der Kulturförderung gut untergebracht. Wer vor allem Musik in dem Bereich hören will, dem empfehle ich den öffentlichrechtlichen concertzender.nl.
Hans-Joachim Weingarz