vonDetlef Berentzen 21.09.2012

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Metzger kenne ich schon seit Kindertagen. Damals trugen sie noch blauweiße Kittel, weiße Gummischürzen und ein mächtiges Beil in der Hand. Manche hatten auch scharfe Messer, um auszulösen, was allzu festgewachsen war. In den Pausen stellten sie sich vor das Tor ihrer Metzgerei, rauchten mit blutigen Fingern eine Overstolz, nickten mir freundlich ins Gesicht und riefen der Verkäuferin im Laden zu: „Nun gib dem Jungen doch mal ein Stück Fleischwurst! Der braucht was zwischen die Zähne!“ Und ich war hungrig. Immer schon.

Der rosafarbene Geschmack der Fleischwurst, die blitzblanke Gewalt des Beils, die blutbeschmierten Hände der Meister aus Deutschland und der weiße Qualm ihrer Zigaretten, der mit einem wohligen Stöhnen ihren Lungen entwich, all das macht für mich die Metzger der 50er-Jahre aus. Ich bewunderte die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Gummistiefeln, die sich täglich die Hände schmutzig machten und für Omas Sonntagsbraten sorgten. Denn Sonntags, nur Sonntags gab es Fleisch. Und freitags Hering.

Metzger von heute tragen weiße Hemden, die immergleiche Performance im Gesicht und sammeln sich unter bunten Rettungsschirmen für fleischgewordene Pressefotografen. Ein Beil brauchen die Herren nicht mehr. Sie schlachten  Zukunft und Citoyen mit Mitteln der Finanzmärkte, Fleischwurst für hungrige Kinder fällt dabei nicht ab. Nicht mal ein Stück Tofu.

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