Peace on earth! Consumers run wild! Jede Menge Dinge werden als Tröstung, als existentielle Prothese oder auch als Statussymbole gekauft: „Ich bin mein Smartphone. Und morgen schon wieder neu!“ Spiritualität und Gemeinschaft sind in der Postmoderne längst aus dem Blickfeld geraten, stattdessen avanciert der Konsumismus zur Ersatz-Religion, die Shopping-Mall zur Kathedrale und die Apple-Lounge zum Tempel, in dem die Gläubigen die Inhalte ihrer Geldbörsen opfern, um ihrer elektronischen Gottheit zu huldigen.
„Das Problem ist, was die meisten noch nicht begriffen haben, daß wir, denen es hier so gut geht, zurückstecken müssen, weil wir einfach absolut über dem Limit leben, über dem, was wir uns überhaupt leisten dürfen. Wenn es allen gut gehen soll, dann müssen wir hier alle zurückstecken, das ist die Message, die als nächstes kommt!“
Florian, Member der konsumkritischen Stadtführung „WeltBewusst“ in Stuttgart, liegt gar nicht so falsch: Viele haben das Ende von Massenkonsum und Wegwerfgesellschaft resp. das Thema „Nachhaltigkeit“ noch gar nicht so recht „auf dem Schirm“. Da existiert noch keine eindeutige Spur von „größerer Reife“ und „Einsicht“, auf deren Verwirklichung der alte Erich Fromm einst hoffte. Doch was nicht ist, kann noch werden. Es könnte doch sein, daß wir unter dem Zwang der Verhältnisse begreifen, daß wir in dieser Warenwelt zunehmend unbehaust und – nach einem Diktum des Philosophen Ernst Bloch – nach wie vor ohne Heimat, ohne Zukunft, leider auch ohne überzeugende Utopien sind. Wir spüren den Kältestrom von Konsumismus und Postmoderne, sind allein…und doch voller Sehnsucht:
„Es gibt ja auch dieses Stichwort „Sharing is Caring“, und Gemeinschaft ist ein Begriff, den man positiv und negativ begreifen kann. Vielleicht müssen wir mal schauen, wie wir den besetzen wollen, und wie wir Gemeinschaft leben wollen, was Sinn macht, weil wir sind alle so individualisiert, was ein Stückweit auch gewollt ist, was durch die Globalisierung kommt. Wir fühlen uns oft als Einzelkämpfer, sind dadurch auch überfordert, fragen uns, was kann ich als kleines menschliches Wesen denn tun, wo ist mein Einfluß in dieser Welt? Und da ist Gemeinschaft ein Schlüssel, das wir uns trauen, was zu verändern und anzustoßen, eben zusammen! „
…Katta, Philosophiestudentin aus Stuttgart. Ebenfalls „Weltbewusst“: Teilen schafft Nähe und Zuneigung. Ob im Hinblick auf Autos, Wohnungen, Kleidung oder Arbeitsplätze. Oder auch: Leben in hilfreichen Netzwerken! Es sind gerade die Jungen (s.Foto: die Bio-Fair-Trade-Bande), die sich um Nachhaltigkeit und Zukunft sorgen, die vorausdenken, wegweisende und neue Konzepte suchen. Sie sind die Seismographen für Zustand und Entwicklung der Gesellschaft. Man sollte ihnen zuhören und sie ernstnehmen. Das Gleiche gilt für Konsumtheoretiker wie Gerhard Scherhorn oder auch den Psychoanalytiker Erich Fromm, der einst radikal die Frage nach „Haben oder Sein?“ stellte:
„Die Grundfrage, die man vielleicht formulieren kann, mit dem großen amerikanischen Schriftsteller Emerson, der einmal sagte, „Dinge sitzen im Sattel und reiten den Menschen!“ ….Ich glaube, die Frage unserer Zeit ist: Kann der Mensch wieder zum Reiter werden?“
Damals war von Berittenen wie Reverend Billy und seiner „Church of Stop Shopping“ , von „Taste the waste!“ aber auch erst recht nicht von „Kidult“ die Rede. Der junge französische Graffiti-Künstler lief mir bei meinen Recherchen über den Weg. Kidult macht sich seit geraumer Zeit u.a an edlen Marken-Shops und Outlets in Paris und New York zu schaffen. Seine per Sound- und Videocollage verbreitete Philosophie: „Euer Luxus ist unser Elend“. Der Monstersprayer inszeniert sich als Anti-Konsument, als „enfant terrible“, das seine Verachtung für die Lügen der Warenwelt in Farbe taucht, damit Wände und Schaufenster bei Gucci und McDonald markiert und en passant Grenzen überschreitet: legal, illegal…. Ihm egal: „Spray the truth“! Der Junge will die Wahrheit sichtbar machen, schreibt er. Nur welche?…Ich habe mich zumindest auf die Suche begeben. Und nachgefragt. Just listen to that radio!