„Senza Frontiere“. Wer Radio reflektiert hören will, also das SWR2-Magazin „Mehrspur“ einschaltet (das dummerweise nach wie vor nur einmal im Monat versendet wird!), bekommt jedes Mal auch den sogen. „DokuBlog“ um die Ohren: Frei vagabundierende AutorInnen basteln Hörstoff zu ganzen Hörstücken, laden ihre Audios hoch, ganz hoch in die Regale der DokuBlog-Homepage und richten sich dabei – in gebotener Vielfalt – nach der thematischen Vorgabe der Redaktion, diesmal also: Ohne Grenzen. Senza Frontiere. Europa ohne Grenzen. Erzählen von ihren Grenzerfahrungen.
Die AutorInnen haben fleißig den upload benutzt (auch „Frollein Europa“) und Redakteur Wolfram Wessels hat eifrig gesendet. Weil aber die Sendung „Mehrspur“ heißt, hat er nicht nur allgemein die europäische Spur bedient, sondern in dieser Ausgabe des Medienmagazins ganz speziell auch die polnische, in Bezug auf die dortige Hörspiel- und Featurekultur. Hat David Zane Mairowitz erzählen lassen. Interessant genug. Man erfährt von einer nicht geahnten Vielfalt lokaler, regionaler und nationaler Produktionen, die von so hoher Qualität sein sollen, daß der gebürtige Amerikaner Mairowitz von einer „legendären polnischen Schule des Feature-Machens“ spricht. Armut gebiert eben Großes:
„Das System, unabhängige Produzenten einzusetzen, hat sich in Polen nicht wirklich durchgesetzt. Fast alle Features werden von der eigenen Radio-Mannschaft gemacht, gelegentlich von Außenstehenden in einem Studio-Netzwerk. Einer der Hauptgründe dafür –und die nackte Wirklichkeit, wenn man versucht, polnische und deutsche Radio-Produktion zu vergleichen – ist GELD. Da ich oft in beiden Ländern gearbeitet habe, kann ich sagen, daß die Bezahlung für die gleiche Arbeit in Polen etwa einem Viertel von der in Deutschland entspricht. Allerdings werden meine polnischen Produktionen jahrelang regelmäßig wiederholt, so daß der Honorarunterschied langfristig etwas geringer wird.“
Polen. Dann wieder Europa. Senza Frontiere. Dann Feature im Making Of, gut intoniert und überhaupt, prima gebaut die Sendung, ja doch, das muss auch mal gesagt werden. Zum Schluß wieder diese Rubrik, in der der alte Tom Schimmeck die Sau durch’s mediale Dorf jagt. Ich kann’s mir richtig vorstellen, wie er dem Speck hinterher jagt. Diesmal ist die Sau eine Drohne. Die Drohne. Ein Fluggerät, das die Träume jedes global denkenden Zynikers erfüllt. Und alles so einfach!
„Gesteuert werden die Drohnen aus Nevada. Ein komischer Job, sagt einer der Piloten. Man frühstückt mit der Familie, fährt zur Arbeit, feuert auf Knopfdruck Raketen und Bomben ab, 12000 Kilometer entfernt. Kehrt dann heim zur Familie….Aber zur Not, sagt der Soldat, gäbe es ja den Kaplan.“
Wer zur sonntäglichen Sendezeit von „Mehrspur“ ebenfalls beim Kaplan war, kann das reflektierte Radio natürlich nachhören und downloaden – alles zu seiner Zeit. Die sind ja schließlich nicht von gestern, sondern ziemlich flexibel, die da unten in Baden-Baden. Just listen! Und dann wieder bloggen. Die nächsten Dokus, meine ich.