„Und wieder kein Anfang!“ Frau K. dachte an das Ende, das war bereits in zwei Tagen und es würde dick sein, unbeweglich, selbstzufrieden, aber nichts Neues, nichts, was sie mitreißen würde: endlich raus aus den Pantoffeln, den Hut in den Ring werfen und aufgeregt durchs Leben twittern, nein, so würde es nicht kommen, weil das Immergleiche den Atem verschlägt und keiner sich was traut. Die Wähler stopften sich mit Umfragen und Talkshows voll und waren einfach nicht mehr hungrig. Eher müde.
„Die Wahrheit, das wär’s!“, rief sie und schaute Brian, dem alten Parteienforscher, provozierend ins Gesicht. „Welche Wahrheit?“, grunzte der und rieb seine Bartstoppeln.. „Weiß ich auch nicht!“, resignierte Frau K. Hilfsweise badeten sie ein wenig in Champagner und lasen dabei Gedichte von Enzensberger. Der war zwar auch schon gut abgehangen, hockte aber immer noch jung genug im Keller und dichtet bei 15 Watt gar nicht so still vor sich hin. Immer Richtung Menschwerdung! Frau K. war schwer gerührt. Plötzlich drang Lärm durchs Fenster. Auf der Straße fielen sich grünrote Blindgänger in die Arme, die Bergpartei verteilte Liebe für alle und auf dem Landwehrkanal segelten lachende Kinder in den Haftschalen ihrer Eltern Richtung Horizont. Vielleicht würde doch noch alles gut werden!
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