vonDetlef Berentzen 19.11.2013

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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„Radio ist nicht ein Produktionsmedium, sondern eine Distributionsmedium. Es ist ein multiples Medium, das für alle Formen des Tons, für alle Frequenzen des Schalls, von der Literatur bis zur Musik, ein Produktions- und Distributionsmedium ist. Wenn wir leichtfüßig sagen: „Alles, was Flügel hat, fliegt“, dann sage ich OK, dann können wir auch sagen: „Alles, was auf elektromagnetischen Wellen surft, ist Radiomaterial – nicht nur Sprache und nicht nur Musik.“ (Peter Weibel)

Eben noch war Wolfram Wessels (s. Foto links, mit Walter Filz)  zum „Prix Europa“ nach Berlin gereist (ja, diesmal haben wir uns getroffen, es hat sogar für einen Kaffee gereicht), um dem schwer Gehörnten (dem Stier, Wahrzeichen des Prix)  ein paar warme Ohren zu verpassen, jetzt ist Karlsruhe dran. In der neuen Ausgabe seines Radio-Magazins „Mehrspur“ (SWR2)  präsentiert er mit Hilfe von Jochen Meissner die dort am ZKM debattierte „Choreography of Sounds“: Electrical Walks, Soundwalk, all das, …eine Ausweitung der Hörzone also, die längst Gegenstand der Hörkunst geworden ist.  Christina Kubisch bspw. exploriert, bis zum letzten Schaltkasten und Monitor, alles, was da summt, brummt und rauscht, was uns an der Hörbar umgibt, bedröhnt, aber in der Regel kaum konkret wahrgenommen wird. Und doch Teil unseres akustischen Raums ist. Kubisch vermisst den elektronischen Alltag.

„Es geht um die Wahrnehmung von elektromagnetischen Feldern, die uns überall umgeben […] und die uns vielleicht auch immer mehr bewusst sind, vielleicht auch im Zeichen der ganzen Ausspähaffäre jetzt, wissen wir, dass wir zum Beispiel von ganz vielen digitalen Feldern umgeben sind. Meine Arbeit ist nicht über Elektrosmog, sie ist auch nicht über Schwarz/Weiß und Gut und Böse, sondern über das Erfahren selbst über das Hörbarmachen.“

Ein Schwerpunkt also in der aktuellen „Mehrspur“, diese „Choreography of Sounds“, alles tanzt auf Spitzen um das gute alte Radio, auch der oben zitierte Medientheoretiker Peter Weibel, und alle interpretieren seine Technik  als zeitgemäß, als schwer modern, als jenen Datenfluß, der uns mitreißt  Keine Ahnung wohin. „Jetzt lernen wir langsam, nach 80 Jahren, daß Kunst aus Daten bestehen kann. Radiokunstwerke sind also Datenkunstwerke, raum- und zeitbasierte Kunstwerke. Sie verbreiten sich im Raum des Nebeneinander und in der Zeit des Nacheinander. Radio ist also das erste Datenmedium. Das erste Medium im heutigen Sinne!

Lob. Preis. Zukunft. „Radio reflektiert“ eben. Was übrigens auch für die neue Rubrik des SWR2-Hörfunkmagazins gilt: den/das „Radioblog“. Ein Ort der Reflexion, des Erzählens. Zwecks Premiere macht sich Michael  Lissek über das „Hörfunkfeature“ her, irgendwie altbacken findet er das meiste, steckengebelieben und  im Grunde getrieben von der Frage, ob es überhaupt noch gebraucht wird, so wie es ist, und warum eigentlich die Featureabteilungen, umtost von akustischen Wellen, den Stier im Nacken, auf einem einsamen Felsen sitzen, wo kein Feuilletonist ihre Stücke wahrnimmt und alles bleibt, wie es ist. Yes, Sir, nicht schlecht gebrüllt und dabei en passant noch dem einsamen digitalen Produzenten ein Loblied gesungen: „Das Digitale ist eine Selbstermächtigung!“ Nun ja, Meinung eben. Allemal gilt: Erzählt muss werden. Mehr davon.

Was sonst noch? Hörempfehlungen, Dokublog & Miss Diggi an den Reglern. Just listen!

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