Es muss sich wirklich spürbar etwas verändern, es muss etwas passieren. Kunst muss weh tun, Kunst muss provozieren und muss den Entscheidungsträgern Tränen aus den Augen treiben und möglicherweise auch Haß und Wut provozieren – das ist der Kunstbegriff, den wir verfechten.(Philipp Ruch, Zentrum für politische Schönheit)
Nur wenige Tage vor dem Mauerfall-Jubiläum sind in Berlin sieben Gedenkkreuze für Maueropfer verschwunden. Aktionskünstler wollen die Kreuze an die Außengrenzen der EU bringen, um auf Opfer dort hinzuweisen. Politiker haben wenig Verständnis für die Aktion. (rbb aktuell, 3. Nov. 2014))
Die Kunst muß dem Bürger im Nacken sitzen, wie der Löwe dem Gaul! (Dieter Hacker, Produzentengalerie München)
Vor der Küste der türkischen Metropole Istanbul ist am Morgen ein Flüchtlingsboot in Seenot geraten und gesunken. Mindestens 24 Menschen starben, sieben konnten gerettet werden. Die Küstenwache sucht mit Tauchern, Hubschraubern und Schiffen nach weiteren Überlebenden. Nach Angaben des türkischen Generalstabs stammten die Menschen an Bord offenbar aus Syrien und Afghanistan. Am frühen Morgen sei vom Boot aus ein Notsignal abgesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt befand es sich im nördlichen Teil des Bosporus an der Mündung zum Schwarzen Meer. Warum das Boot kenterte, ist noch unklar.(Tagesschau, 3. Nov. 2014)
Wir wollen die größtmögliche Veränderung der Gesellschaft und des Lebens, in die wir eingeschlossen sind. Wir wissen, daß es möglich ist, diese Veränderung mit geeigneten Aktionen durchzusetzen. Wir müssen die Parolen des experimentellen Verhaltens, der hyper-politischen Propaganda und der Konstruktion von Stimmungen durchsetzen. (Guy Debord, Situationistische Internationale)
BREAKING NEWS: DIE TOTEN SIND WEG! +++ „Weiße Kreuze“ vor offiziellen Gedenkfeiern geflüchtet. +++ 25. Jahrestag des Mauerfalls muss ohne die Mauertoten auskommen. (Political Beauty)
Triton werde zu einer verbesserten Grenzüberwachung an den Außengrenzen Italiens beitragen, meint Klaus Rösler von Frontex. Frontex ist eine Agentur, die die Außengrenzen der Europäischen Union kontrollieren und vor illegaler Migration schützen soll. (tagesschau.de)
Seit Montag läuft unsere neueste Aktion. Einen Überblick verschafft der Spiegel: Knackt die Festung Europa! Während ganz Deutschland sich darauf einstellt, dem Fall der deutschen Mauer vor 25 Jahren zu gedenken, stehen neue Mauern um Europa, an denen mindestens 30.000 Menschen gekentert sind.Während in Berlin Ballons in die Luft steigen und nostalgisch-sedierende Reden gehalten werden, wird die deutsche Zivilgesellschaft in einem Akt politischer Schönheit die europäischen Außenmauern zu Fall bringen. Sie wird das Gedenken um einen entscheidenden Gedanken erweitern: die Gegenwart. Helfen Sie uns beim Abriss der europäischen Außengrenzen. Der europäische Vorhang muss fallen! (Zentrum für Politische Schönheit, 3. November 2014)
Ein Herz erstarrt in schneeiger Stille. Nachhallen die purpurnen Flüche des Hungers in faulendem Dunkel, die schwarzen Schwerter der Lüge, als schlüge zusammen ein ehernes Tor. (Georg Trakl, „Vorhölle“)
Hätte da ein paar Fragen, die mich davon abhalten, die Aktionskunst mit den Kreuzen als mehr wahrzunehmen als ein kurzes Ereignis, das nach einer Woche neuer Nachrichten längst Geschichte ist. Erst wenn sich das Zentrum für Politische Schönheit als verantwortungsbewusst zeigt, nehme ich ihre Forderungen ernst.
Dieses „Zentrum für Politische Schönheit“ ist mir seit wenigen Tagen ein noch schwammiger Begriff. Wie viele Menschen stecken hinter der Organisation? 40? 500?
Hängen die handelnden Menschen utopischen Idealen hinterher oder sind das Menschen, die auf dem Boden stehen? Sind sie realitätsfremde Abstrakteure(Innen), die, wenn sie könnten, am liebsten ein neues kommunistisches Weltreich aka Sowjetunion Reloaded verwirklichen würden?
Haben die konstruktive Pläne oder Netzwerke für eine potenzielle Zeit nach durchlässigeren europäischen Grenzen?