vonDetlef Berentzen 26.11.2014

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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In der Erfahrung des Absurden ist das Leid individuell. Von der Bewegung der Revolte ausgehend, wird ihm bewusst, kollektiver Natur zu sein; es ist das Abenteuer aller. Der erste Fortschritt eines von der Befremdung befallenen Geistes ist demnach, zu erkennen, dass er diese Befremdung mit allen Menschen teilt und dass die menschliche Realität in ihrer Ganzheit an dieser Distanz zu sich selbst und zur Welt leidet. Das Übel, welches ein Einzelner erlitt, wird zur kollektiven Pest.CamusHP11

In unserer täglichen Erfahrung spielt die Revolte die gleiche Rolle wie das ‚Cogito‘ auf dem Gebiet des Denkens: Sie ist die erste Selbstverständlichkeit. Aber diese Selbstverständlichkeit entreißt den Einzelnen seiner Einsamkeit. Sie ist ein Gemeinplatz, die den ersten Wert auf allen Menschen gründet. Ich empöre mich, also sind wir.

(Albert Camus: „Der Mensch in der Revolte“, Paris 1951)

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https://blogs.taz.de/spurensuche/2014/11/26/gebrauchte-dichter-1/

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kommentare

  • Was für ein schöner Kommentar von Ihnen, der mit dem Schiller-Zitat. Danke. Bei Schiller denke ich als Erstes immer daran, dass Freiheit Form bedingt. Papierstapel auf dem Schreibtisch aufräumen = Ordentliche Form = eine Portion Freiheit? Na ja, höchstens ein kurzer Moment Zufriedenheit. Meinte wohl nicht alle Formen, der Gute.

    Kann die linke taz nicht einmal (wieder) antikapitalistische Lebenstechniken gebündelt veröffentlichen? Dass Generalstreiks, Tariflöhne, gesetzliche Sozialstandards in Unternehmen, weniger Konsum etc. Teil dieser Techniken sind, gegen die „Folter der Geschäfte“, erschließt sich mir. Wie geht das zum Beispiel im Fine-Tuning im Alltag? Streber-KollegInnen im Unternehmen ächten, wenn sie alle Gewinnvorgaben rigoros erreichen wollen mit wenig Umsicht für das Wohlbefinden der anderen KollegInnen? Recherche-App zur sozialverträglichen Herkunft von Lebensmitteln, Textilien, ähm alles Kaufbarem? Bei und über Unternehmen beschweren, in denen MitarbeiterInnen nachvollziehbar schlecht behandelt werden? In meinem Kopf liegt bezüglich möglicher Techniken ein unaufgeräumtes Kuddelmuddel vor. Ein bisschen mehr Form würde mir sehr gut tun, glaube ich. taz, wie bewältigt der moderne linke Mensch grundsätzlich seinen Alltag?

  • Ja, mache ich. Danke.

    Schade, hatte gehofft, etwas von den Schillers, Goethes, Klopstocks, mir fällt keine über die Jahrhunderte bedeutsame Dichterin ein autsch, erwarten zu können.

    Na ja, bedeutsame Schrift-Werke werden ja ohnehin wohl oft erst post mortum bekannt. Der eine Philosophen-Typi, Precht oder so ähnlich hatte sich mir dagegen nach einem großen Porträt in der taz als einer der wichtigsten zum Orientieren heute eingeprägt. Genauso wie ich finde, dass die taz als den wichtigsten Menschenrechtsaktivist heutzutage immer wieder Edward Snowden hervorhebt, meine Wahrnehmung. Frohes Schaffen!

  • Immer schön gespannt bleiben, „zu neugierig“ gibt es doch gar nicht! Und die wichtigsten „lebenden dichtenden Menschen aus Sicht der taz“ gibt’s ja so auch nicht: die tazzler hatten schon immer verdammt viele Sichtweisen auf die jeweils aktuellen Verdichtungen, sogar hauseigene Dichter (z.B. Richard Nöbel!) gab es und ich bin für diese Zeitung (als jemand aus den Anfängen) ja nur noch der „Fool on the hill“, der sich in ihrer Blogosphäre herumtreibt, dort fröhlich Sätze pflanzt und ansonsten das Blatt täglich inhaliert. Also einfach genau hinschauen (u.a. „Gesellschaft und Kultur“), dann ist zu lesen, wer wem wie wichtig ist. Ich kümmere mich mal u.a. weiter um die „Gebrauchten DichterInnen“. Auch wenn manche davon keine lebenden mehr sein mögen, solange sie uns berühren, bewegen können, brauchen wir sie – sind es gebrauchte DichterInnen.

  • Hihi, muss ich doch glatt mal über mich lachen. Beim Lesen der taz entstehen bei mir oft mehr Fragen, als Infos in den Texten drinstecken. Kann süchtig machen die Lektüre. Wenn mir der austragende Mensch mein Abo morgens einmal, na gut, Schmerzgrenze dreimal, morgens nicht bringt, würde ich wahrscheinlich persönlich an dem Sammelpunkt von denen aufkreuzen und deren Wagen anketten, bis die wieder vernünftig werden. Klar könnte ich auch im Abo-Service der taz anrufen. Weiß dann aber nicht, wer schuld war und gegebenenfalls fälschlicherweise Ärger bekäme. Sind ja sonst sehr liebe Menschen, die mir meine Zeitung bringen.

    So, also ich kann es noch. Ganze Sätze bilden. War ja eigentlich bei den Fragen. Ähm, ich bin manchmal zu neugierig. Das sieht dann sprachlich so aus. Eine Abschluss-liebe-nette-kleine Frage hätte ich noch. Wer sind aus Sicht der taz die wichtigsten lebenden dichtenden Menschen, wen brauche ich warum?

    Bin gespannt.

  • Ist die Schlagzeile ein absichtliches Wortspiel? Gebrauchte Dichter im Sinn von Wir-brauchen-Dichter? Gebrauchte Dichter im Sinn von Camus-staubiges-Geschreibsel-kann-weg?, besser neue Dichter? Ähm, wieso eigentlich nicht Dichterinnen?

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