In der Erfahrung des Absurden ist das Leid individuell. Von der Bewegung der Revolte ausgehend, wird ihm bewusst, kollektiver Natur zu sein; es ist das Abenteuer aller. Der erste Fortschritt eines von der Befremdung befallenen Geistes ist demnach, zu erkennen, dass er diese Befremdung mit allen Menschen teilt und dass die menschliche Realität in ihrer Ganzheit an dieser Distanz zu sich selbst und zur Welt leidet. Das Übel, welches ein Einzelner erlitt, wird zur kollektiven Pest.
In unserer täglichen Erfahrung spielt die Revolte die gleiche Rolle wie das ‚Cogito‘ auf dem Gebiet des Denkens: Sie ist die erste Selbstverständlichkeit. Aber diese Selbstverständlichkeit entreißt den Einzelnen seiner Einsamkeit. Sie ist ein Gemeinplatz, die den ersten Wert auf allen Menschen gründet. Ich empöre mich, also sind wir.
(Albert Camus: „Der Mensch in der Revolte“, Paris 1951)
Was für ein schöner Kommentar von Ihnen, der mit dem Schiller-Zitat. Danke. Bei Schiller denke ich als Erstes immer daran, dass Freiheit Form bedingt. Papierstapel auf dem Schreibtisch aufräumen = Ordentliche Form = eine Portion Freiheit? Na ja, höchstens ein kurzer Moment Zufriedenheit. Meinte wohl nicht alle Formen, der Gute.
Kann die linke taz nicht einmal (wieder) antikapitalistische Lebenstechniken gebündelt veröffentlichen? Dass Generalstreiks, Tariflöhne, gesetzliche Sozialstandards in Unternehmen, weniger Konsum etc. Teil dieser Techniken sind, gegen die „Folter der Geschäfte“, erschließt sich mir. Wie geht das zum Beispiel im Fine-Tuning im Alltag? Streber-KollegInnen im Unternehmen ächten, wenn sie alle Gewinnvorgaben rigoros erreichen wollen mit wenig Umsicht für das Wohlbefinden der anderen KollegInnen? Recherche-App zur sozialverträglichen Herkunft von Lebensmitteln, Textilien, ähm alles Kaufbarem? Bei und über Unternehmen beschweren, in denen MitarbeiterInnen nachvollziehbar schlecht behandelt werden? In meinem Kopf liegt bezüglich möglicher Techniken ein unaufgeräumtes Kuddelmuddel vor. Ein bisschen mehr Form würde mir sehr gut tun, glaube ich. taz, wie bewältigt der moderne linke Mensch grundsätzlich seinen Alltag?